High-Intensity-Training (HIT) – funktioniert das wirklich?
- Nils Borgstedt
In der Regel liegt die Intensität während des einzelnen Intervallreizes bei 80 Prozent bis teils über 100 Prozent der individuellen maximalen Sauerstoffaufnahme des Trainierenden. Die Einzelreizdauer wird zumeist zwischen 30 und 300 Sekunden gewählt, und die Erholungsphase ist kürzer, gleich oder länger als die Einzelreizdauer.
Abzugrenzen ist das HIT von der Dauermethode, die in der Trainingslehre seit Jahren als das zentrale Instrument zur Steigerung der Ausdauer angesehen wird. Hierbei wird bei einer zumeist relativ konstanten und niedrigen Belastungsintensität ohne Pause trainiert, wobei die Reizhöhe zumeist bei 50 – 80 Prozent der maximalen Sauerstoffaufnahme liegt. Verschiedene Studien an Patienten, Leistungs- und Freizeitsportlern konnten zeigen, dass über einen Trainingszeitraum von sechs bis zwölf Wochen das HIT gegenüber der Dauermethode in Hinblick auf die Verbesserung der maximalen Sauerstoffaufnahme die effektivere Methode darstellt.
Was ist das Neue am HIT?
Die Nutzung intervallartiger Belastungen zur Verbesserung der Ausdauer ist im Leistungssport nichts Neues. So wurden bereits in den 1930er Jahren und auch im weiteren Verlauf Intervalltrainingskonzepte im leichtathletischen Mittel- und Langstreckenlauf schwerpunktmäßig genutzt. Prominente Athleten, die nach dieser Methode trainierten, waren unter anderen Rudolf Harbig und Emil Zatopek. In den letzten zehn Jahren fand das Intervalltraining zunehmende Beachtung in den Spielsportarten wie dem Fußball, in dem eine gute Ausdauerleistungsfähigkeit große Bedeutung besitzt. So konnte gezeigt werden, dass Fußballspieler ihre maximale Sauerstoffaufnahme mit weniger Zeitaufwand anheben können als dies zuvor mit der Dauermethode möglich war.
Aktuelle Erkenntnisse weisen darauf hin, dass über einen kürzeren Trainingszeitraum hinweg das HIT nicht nur bei der Verbesserung der Ausdauer effektiver ist, sondern gegenüber der Dauermethode auch noch günstigere Effekte auf Risikofaktoren für Herzkreislauferkrankungen und Diabetes ausübt. Das macht das HIT auch interessant für Personen, die unter einer präventiven oder therapeutischen Zielsetzung trainieren. So findet unter kontrollierten Bedingungen das HIT auch wachsende Anwendung bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz, Adipositas oder Typ 2 Diabetes, also bei Erkrankungen, bei denen man sich bisher auf die Empfehlung der Dauermethode beschränkt hatte.
Zudem konnte gezeigt werden, dass das HIT Anpassungsmechanismen auf molekularer bzw. zellulärer Ebene in kürzerer Zeit stärker anstoßen kann als dies bei der Dauermethode zu erwarten ist. Wahrscheinlich ist das HIT auch eine wirksame Alternative oder Ergänzung für Personen, die auf ein herkömmliches Training nach der Dauermethode schlecht ansprechen (Non-Responder).
Was ist beim HIT zu beachten?
Das Ausdauertraining ausschließlich nur als HIT zu praktizieren ist allerdings nicht zielführend. Je nach Ausgangsbedingungen sind in unterschiedlichem Maße auch begleitende Trainingseinheiten nach der Dauermethode notwendig, um das gewünschte Trainingsziel zu erreichen. So ist zum Beispiel für einen Marathonläufer der Dauerlauf über längere Distanzen im Training nach wie vor unverzichtbar, will er seinen Muskelstoffwechsel optimal auf die 42,2 Wettkampfkilometer vorbereiten. Bei Neueinsteigern sollte zu Beginn des Trainings mit höheren Trainingsintensitäten vorsichtig umgegangen werden, um Überlastungsreaktionen und Verletzungen am Bewegungsapparat vorzubeugen. Gerade als Einsteiger sollte man sich für das Training selbst Rat über eine fachkundige Trainingsanleitung einholen. Empfohlen ist auch, sich vor einem höherintensiven Training einem vorangehenden sportärztlichen Check zu unterziehen. Die Klärung der körperlichen Belastbarkeit ist dabei vor allem bei Personen über 35 Jahren, bei vorliegenden Risikofaktoren, belastungsabhängigen Beschwerden oder vorbekannten Erkrankungen eine wichtige und unverzichtbare Empfehlung.
Professor Dr. Andreas Nieß (Tübingen)
Der Autor: Professor Dr. med. Andreas Nieß ist Internist und Sportmediziner. Andreas Nieß ist Ärztlicher Direktor der Abteilung Sportmedizin am Universitätsklinikum Tübingen. Seine klinischen und wissenschaftlichen Schwerpunkte umfassen die Belastbarkeitsdiagnostik und das Training bei Sportlern und Patienten sowie die körperlichen Stressreaktion auf sportliche Belastungen.