Farbimpulse - Eric Frenzels Kolumne von der nordischen Ski-WM getty images

Farbimpulse - Eric Frenzels Kolumne von der nordischen Ski-WM

  • Eric Frenzel

Eric Frenzel berichtet in seiner Kolumne aktuell von der nordischen Ski-WM in Falun. Dieses Mal gibt er sehr private Einblicke in sein Familienleben. Sohn Philipp spielt die Hauptrolle.

Mein Sohn Philipp hat sich doch tatsächlich mit zwei schwedischen Jungs angefreundet, die mit ihrer Familie in der Nähe des Mannschaftshotels in einem kleinen Landhaus wohnen und wohl sehr aufmerksame Besucher der Wettkämpfe vor Ort sind. Die Verständigung klappt per Zeichensprache soweit ganz gut, bei wichtigeren Anliegen sind die Mütter das Medium, bevorzugt auf Englisch, oft aber auch auf Deutsch. Ja, sehr viele Schweden können sich auf Deutsch verständigen, was immer wieder auffallend ist, wenn man durch die Gassen Faluns spazieren geht und von den Einheimischen um Autogramme gebeten wird.

 

„Papa, streichst Du unser Haus auch mal rot an ?“, fragt Philipp beim Frühstück. Offensichtlich gefällt meinem Sohn das rot gestrichene Holzhaus mit den weißen Eckpfosten und Fensterrahmen, hinter dessen Tür seine schwedischen Freunde jeden Abend verschwinden. Ich versuche der Antwort erstmal auszuweichen, um Zeit für das Nachdenken zu gewinnen, ob ein roter Fassadenanstrich zukünftig in Betracht käme, und frage ihn zurück, ob er denn wissen würde, wie der rote Anstrich denn heißt. Philipp verneint, interessiert sich aber sofort für den Namen der Farbe.

„Falunrot“, sage ich mit Kennermiene. „ Falunrot? So wie Falun?“, bemerkt er sofort. „Ja, wie Falun!“ – und dann erkläre ich ihm was es mit der Farbe auf sich hat, die neben dem blau-gelb der Landesfahne durchaus zu einer der schwedischen Nationalfarben gezählt werden kann.

In dem berühmten Nationalepos „Nils Holgersson“, das in den Wäldern um Falun spielt, wird von einem Bauern berichtet, der sein Vieh immer im Sommer zur Weide in den Wald trieb. Bald bemerkte er, dass einige Ziegenböcke immer mit roten Hörnern aus dem schwer zugänglichen Dickicht zurückkehrten. Auch wenn man den Ziegen das Rot abwischte, kamen sie den Abend danach erneut mit roten Hörnern zurück. Da folgte der Bauer seinen Ziegen und beobachtete, dass sich diese an einigen roten Felsen rieben – die Ziegen hatten sich an Kupfererz gerieben, das entsprechende Farbpigmente besitzt.

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So wurde eines der bedeutendsten Kupfervorkommen in Schweden entdeckt und Falun wurde eine Bergwerksstadt. Aus dem Abraum des Kupferbergbaues konnte dann das rote Farbpigment gewonnen werden, das als Außenanstrich der Holzhäuser bei den Schweden schnell beliebt wurde, da sie damit eine Farbe verwendeten, die an die Backsteinbauten wohlhabender Mitteleuropäer erinnerten. Heutzutage sind die roten Holzhäuser ein Kennzeichen Schwedens, die Philipp aus dem Flugzeug beim Landeanflug auf Stockholm schon aus der Luft bewundert hatte.

„Respekt“, feixt mein Mannschaftskamerad Björn Kircheisen hinsichtlich meines vor der Weltmeisterschaft angelesenen Wissens. „Klar doch, wenn man aus dem Erzgebirge kommt, interessiert man sich doch für Erze“, lache ich zurück. Derweil sind Philipps Freunde ins Hotel gekommen, um ihn zum Rodeln abzuholen.

Allein am Tisch denke darüber nach, ob wir unser Haus irgendwann mal mit Falunrot streichen sollten.

Herzlichst,
Eric

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