Biathlon-WM 2011: Die Statements der deutschen Biathletinnen
- Nils Borgstedt
Bundestrainer Uwe Müssiggang:
"In Ruhpolding hatten wir einen hervorragenden Vorbereitungslehrgang, bei dem wir uns noch einmal bestmöglich auf die kommenden Aufgaben einstellen konnten. Die Stimmung und das Miteinander in der Mannschaft ist wirklich sehr gut und jeder hat in den vergangenen Tagen ruhig und konzentriert seine Aufgaben erledigt. Ich denke, wir fliegen mit einem sehr guten Team nach Sibirien. Das zeigt allein schon der Blick auf die Nationenwertungen: Bei den Damen sind wir derzeit klar die Nummer eins, bei den Herren stehen wir im Nationencup auf einem sehr guten zweiten Platz. Hier ist also mannschaftlich gesehen eine deutliche Leistungssteigerung erkennbar. Mit Andrea Henkel als Führende im Gesamtweltcup und Magdalena Neuner als Fünfte, sowie Michi Greis und Arnd Peiffer auf fünf und sechs haben wir zudem gleich vier Athleten im absoluten Spitzenbereich. Dennoch muss jede einzelne Medaille bei einer Weltmeisterschaft hart erkämpft werden. Unser Ziel ist es - wie eigentlich in jedem Jahr - jeweils eine Einzel- und eine Staffelmedaille zu gewinnen. Und auch in der Mixedstaffel hoffen wir natürlich, dass wir am Ende auf dem Podium stehen."
Tina Bachmann:
"Nach Antholz bin ich krank geworden. Seitdem kämpfe ich darum, wieder dorthin zu kommen, wo ich schon einmal war. So hatte ich mir das natürlich nicht vorgestellt. Läuferisch klappte es zwar schon bald wieder ganz ordentlich, aber vor allem im Schießen blieben zuletzt einfach zu viele Scheiben stehen. Woran es genau liegt, kann ich wirklich nicht sagen. Selbst im Training gibt es Schwankungen. An manchen Tagen treffe ich so gut wie alles, dann wieder sind Trainingseinheiten dabei, in denen wenig zusammenpasst. Aber ich arbeite daran. Im Abschlusslehrgang in Ruhpolding bin ich extra noch einmal mit unserem Schießtrainer Engelbert Sklorz in die Schießhalle. Mein Ziel für Khanty ist ganz einfach zu definieren: Ich will wieder das zeigen, was ich kann. Immerhin habe ich hier 2009 meinen ersten Weltcup-Sieg geholt. Von daher habe ich schon ganz gute Erinnerungen. Ich freue mich auf die vielen Zuschauer und vielleicht kann ich ja auch wieder ein bisschen mein Schulrussisch aufpolieren. Was die zu erwartende Kälte betrifft, werde ich wohl wieder auf das Tape zurückgreifen. Vor allem bei meiner Nase muss ich ziemlich aufpassen, die habe ich mir schon einmal erfroren.
Das sagt Disziplintrainer Hönig: "Tina gehört auch in diesem Winter fast in jedem Rennen zu den laufstärksten Athletinnen. Leider bringt sie sich aber immer wieder am Schießstand um die Früchte ihrer Arbeit. Wir haben mir ihr deshalb in Ruhpolding noch einmal sehr individuell am Schießen gearbeitet und viel Komplextraining und Trockentraining absolviert. Dass sie es kann, hat sie ja schon mehrfach eindrucksvoll bewiesen. Zurzeit fehlt ihr vielleicht ganz einfach noch ein wenig die Lockerheit, um den notwendigen Schalter am Schießstand umzulegen. Ich bin mir aber sicher, dass ihr dies schon bald wieder gelingt. Tina wird - wenn alles normal läuft - zum ersten Mal im Einzel im Einsatz sein."
Sabrina Buchholz:
"Mit dem Winter war ich bis zuletzt überhaupt nicht zufrieden. Im Schießen ging es eigentlich immer ganz gut, aber dafür kam ich im Laufen überhaupt nicht voran. Erst als die Messe praktisch schon gelesen war und ich mich fast schon damit abgefunden hatte, dass es nichts wird mit der WM-Quali, klappte es plötzlich. Anscheinend habe ich mir zuvor einfach zu viele Gedanken gemacht und habe dann im Rennen verkrampft. Denn im Training fühlte ich mich eigentlich auch immer ganz gut. Natürlich bin ich froh, dass ich in Amerika noch die Kurve gekriegt habe. Jetzt muss ich mal schauen, ob und wenn ja - wo ich in Khanty einen Einsatz bekomme. Ich war zwar nie schlechteste Deutsche, aber der positive Ausreißer nach oben fehlte leider auch. Jedenfalls will ich bestmöglich vorbereitet nach Russland fahren. Ich habe das ganz normale Programm in Ruhpolding absolviert: Erst drei Tage ruhig, dann intensiver. Aber in der kurzen Zeit geht es eh nur noch um den Feinschliff. So wenige Tage vor der WM lassen sich keine Wunderdinge antrainieren. An Khanty habe ich nur gute Erinnerungen - sieht man einmal davon ab, dass es dort immer ziemlich kalt ist. Aber an das `Gesicht-Eintapen sind wir in diesem Winter seit Östersund und Amerika ja schon gewöhnt. Nach dem Lehrgang in Ruhpolding geht es für mich nicht noch einmal nach Hause. Das wäre zu viel Stress. Wir fahren deshalb direkt am Montag zum Flughafen nach München."
Das sagt Disziplintrainer Hönig: "Sabu hat sich sprichwörtlich auf den letzten Drücker für die WM qualifiziert. Sie hat ihre Stärken sicherlich im Schießen, verfügt aber durchaus auch über läuferisches Potential. Leider konnte sie Letzteres in diesem Winter aber in den Wettkämpfen noch nicht sehr oft unter Beweis stellen. Während sie im Training wirklich gute Leistungen bringt, will sie im Rennen leider oftmals zu viel. Sie vergisst dann ihre Technik, schwank zu sehr mit dem Oberkörper und läuft einen viel kürzeren Rhythmus als im Training. Das kostet entsprechend viel Zeit. Dass sie es besser kann, haben wir in Amerika gesehen. Von daher sollte ein Top-10 Platz bei der WM ein realistisches Ziel sein. Außerdem ist Sabrina als sichere Schützin natürlich auch eine mögliche Kandidatin.
Miriam Gössner:
"Klar wäre ich gerne auch in Oslo bei der Nordischen WM gestartet. Das ist sicherlich für jeden nordischen Skisportler etwas ganz besonderes. Aber der Terminplan ist einfach so eng, dass es keinen Sinn gemacht hätte. Deshalb drücke ich jetzt eben vor dem Fernseher die Daumen für unsere Langläufer und freue mich natürlich auf meine erste Biathlon-WM. In Ruhpolding habe ich noch einmal relativ viel Umfänge trainiert. Ich bin - glaube ich - soweit gut in Form. Mal schauen, was auf mich zukommt. Ich war ja noch nie in Khanty, aber letztes Jahr beim Langlauf-Weltcup in Rybinsk bekam ich schon einmal ein wenig Vorgeschmack auf Russland. Das hat mir eigentlich ganz gut gefallen. Wir planen schon die ganze Woche, wer was mitnimmt. Ich bin für ganz viel Tee und Nudeln zuständig. Sportlich hoffe ich natürlich, dass ich möglichst gute Rennen mache. Die Skiauswahl wird mir dabei wohl ziemlich leicht fallen. Bei sehr kalten Bedingungen (und die hatten wir ja in diesem Winter des Öfteren) laufe ich eigentlich immer den gleichen Ski. Nach dem Trainingslager in Ruhpolding war ich bis zur Abreise nach Sibirien noch einmal für zwei Tage in Garmisch.
Das sagt Disziplintrainer Groß: "Miriam war in diesem Jahr schon dreimal auf dem Podium. Das zeigt, was möglich ist. Nicht nur im Sprint, sondern - das haben wir in diesem Winter schon gesehen, wenn die Ausgangsposition passt - auch im Verfolger. Aber wir betonen immer wieder: Sie ist noch extrem jung, fast alles ist neu für sie. Deshalb werden wir keine Wunderdinge erwarten. Insgesamt hat sie aber in den vergangenen Monaten eine absolut positive Entwicklung genommen. Gerade auch was das Schießen betrifft. Und im Laufen müssen wir ohnehin nicht reden - da ist sie schon jetzt absolute Weltspitze!
Andrea Henkel:
"Den Amerika-Trip habe ich soweit gut überstanden. Ich bin gesund geblieben und konnte deshalb in Ruhpolding noch einmal wie geplant, ordentlich trainieren. Auch sonst bin ich mit dem Saisonverlauf schon ganz zufrieden. Wer mich im September gesehen hat, hätte wahrscheinlich nicht auf mich gewettet. Vor allem am Schießstand klappt es jetzt doch deutlich besser. Auch wenn es hin und wieder mal einen Aussetzer gibt. Aber alles in allem konnte ich mich in den vergangenen Wochen kontinuierlich stabilisieren. Was sicherlich noch ein wenig verbesserungsfähig ist, ist die Schießzeit. Da verliere ich meistens noch ein paar Sekunden, aber das wird mit zunehmender Sicherheit auch besser. An Khanty habe ich ganz unterschiedliche Erinnerungen. Da war schon alles dabei: Positiv war, dass ich dort 2007 meinen Sieg im Gesamtweltcup klar machen konnte. Ich war aber auch schon richtig schlecht. Dazu kamen die unterschiedlichsten Witterungsbedingungen. Alles in allem fahre ich aber ganz gerne nach Khanty. Wir wissen ja, worauf wir uns einstellen müssen und kochen zum Beispiel mal selber. Ich bin diesmal diejenige, die Kochplatte und Topf mitnehmen muss. Was meine Ziele betrifft: Ich hätte natürlich gerne eine Einzelmedaille und eine mit der Staffel. Da wäre ich hinsichtlich der Farbe auch total flexibel. In der Mixedstaffel wäre es allerdings toll, wenn es mit Gold klappen würde. Dann hätte ich in allen Disziplinen WM-Gold."
Das sagt Disziplintrainer Hönig: "Andreas hat in Amerika ihre derzeit sehr gute Form erneut eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Sie konnte in Ruhpolding auch noch einmal richtig gut trainieren und hat insgesamt einen stabilen und konstant guten Eindruck hinterlassen. Wenn sie gesund bleibt, wird sie wohl - wie Lena - bei der WM in jedem Rennen starten. Dass sie dabei jederzeit in der Lage ist, um die Top-Platzierungen mitzulaufen, hat sie i diesem Winter mehrfach gezeigt.
Kathrin Hitzer:
"Khanty steht für mich so ein kleines bisschen unter dem Motto `back to the roots`. Hier hatte ich zu Beginn meiner Weltcup-Karriere eigentlich meine besten Rennen: 2007 Platz drei im Massenstart und ein Jahr später mein erster Weltcupsieg im Verfolgungsrennen und gleich noch einmal Platz eins im Massenstart! An diese Rennen habe ich vor allem in den vergangenen zwei Jahren immer wieder zurückgedacht. Das war im Nachhinein unglaublich wichtig für mich, denn das gab mir die Kraft, trotz vieler Rückschläge, weiter zu machen und mich zurück zu kämpfen. Keine Frage: Khanty ist mein Lieblingsbiathlon-Ort! Ich freue mich auf die Strecken. Auch wenn sie alles andere als einfach sind. Zum einen, weil es ständig hoch und runter geht, und man immer werkeln muss. Zum anderen kommen meistens die kalten Bedingungen dazu. Der Schnee wird stumpf und langsam, der Ski lässt sich zäher laufen. Aber wie gesagt: Ich mag es trotzdem! Was das Publikum betrifft, ist Russland auch ganz speziell: Die Zuschauer sind bedingungslose Anhänger ihrer Biathleten und pfeifen und buhen alle Kontrahenten aus. Für die einen mag das eine Belastung sein, ich nehme es als Ansporn. Andererseits: Auch wenn die Zuschauer am Schießstand gnadenlos sind - vor und nach dem Wettkampf sind sich auch Fans der anderen Sportler. Sie sammeln fleißig Autogramme und kennen so gut wie jeden Athleten, sind zuvorkommend und höflich. Ich freue mich auf die Zeit in Sibirien, denn ich weiß, dass die Organisatoren eine perfekte WM veranstalten werden.
Das sagt Disziplintrainer Groß: "Kathrin hat sich nach zwei harten Jahren wieder in die erweiterte Weltspitze zurückgekämpft. Bis auf ein einziges Rennen war sie in diesem Winter immer in den Punkten und hat vor allem in den letzten Wochen immer wieder auch mal ganz oben angeklopft. Das hat ihr noch einmal Selbstvertrauen gegeben. Dass sie ein unglaublich großes Potential hat, das hat sie vor ihren gesundheitlichen Problemen zigfach unter Beweis gestellt."
Magdalena Neuner:
"Nach dem gesundheitlichen Auf- und Ab in diesem Winter, bin ich froh, dass ich mich in den vergangenen Wochen stabilisiert habe und mich wieder ganz auf meinen Sport und nicht auf das Gesundwerden konzentrieren konnte. Speziell die Rennen in Amerika waren noch einmal sehr wichtig für mich, weil ich mit jedem Wettkampf gespürt habe, dass die Form und die Wettkampfhärte zurückkommen. Inzwischen würde ich schon sagen, dass ich wieder in einer guten Verfassung bin. Im Trainingslager in Ruhpolding ging es für mich deshalb in erster Linie darum, meine Form zu stabilisieren, ein wenig vor der WM zur Ruhe zu kommen und noch einmal Kraft zu tanken. An Khanty habe ich eigentlich sehr gute Erinnerungen. Die Strecken taugen mir und die Mixedstaffel aus dem letzten Jahr ist uns ja auch noch in guter Erinnerung. Wäre schön, wenn wir das wiederholen könnten. Wenn ich gesund und fit bin, würde ich ohnehin sehr gerne alle Rennen laufen. In den beiden Staffeln kann unser Ziel nur eine Medaille sein, auch wenn das alles andere als ein Selbstläufer wird. Und in einem der Einzelrennen möchte ich natürlich auch gerne zumindest eine Medaille gewinnen."
Das sagt Disziplintrainer Groß: "Trotz ihrer gesundheitlichen Probleme ist es schon phänomenal, was Lena in diesem Winter bereits geleitstet hat. Obwohl sie vier Rennen ausfallen lassen musste, steht sie im Gesamtweltcup schon wieder unter den Top-5. Und ihre schlechteste Platzierung war ein 9. Platz. Sie ist unglaublich stabil geworden. In Amerika haben wir gesehen, dass sie sich nicht mehr weit von ihrer absoluten Bestform entfernt ist. Wenn sie fit und gesund bleibt, wird sie wohl in jedem WM-Rennen zum Einsatz kommen. Und im Grunde hat sie auch in jedem Wettkampf eine realistische Chance, um die Medaillen mitzulaufen."
Quelle: Pressemitteilung Deutscher Skiverband, 28.02.2011