Yoga für die Nationalmannschaft – Interview mit Dr. Patrick Broome
- Maria Poursaiadi
netzathleten: Patrick, wie kamst Du zum Yoga?
Patrick Broome: Während meines Psychologiestudiums wurden im Rahmen diverser psychotherapeutischer Weiterbildungen morgens Strech- und Yogaübungen angeboten. Damals war ich von meiner Unbeweglichkeit schockiert. Geklickt hat es dann vor etwa 15 Jahren, als beim Kampfkunsttraining der „Sonnengruss“ zum Aufwärmen unterrichtet wurde. Die fließenden, kraftvollen Bewegungen haben mir sehr gut gefallen, und seitdem ist Yoga ein fester Bestandteil meines Lebens.
netzathleten: Dir ist es ein besonderes Anliegen, dass die Menschen, die mit Yoga nicht vertraut sind, lernen, dass nicht nur Frauen dieser Sportart nachgehen? Was glaubst Du, warum man so denkt und wie klärst Du die Leute auf?
Patrick Broome: Nachdem Yoga für viele Frauen selbstverständlich geworden ist, entdecken endlich auch immer mehr Männer die positiven Auswirkungen. Doch für uns Männer gibt es immer noch viele Hemmschwellen. Dabei wurde Yoga Jahrtausende lang überwiegend von Männern an andere Männer weitergegeben. Doch wer es probiert merkt sehr schnell, dass Yoga wider Erwarten gar nicht so langweilig ist und dass man dabei fast wie nebenbei seine Muskeln trainieren und am Ende sogar herrlich entspannen kann. Gerade als Ergänzung zu den sonstigen sportlichen Betätigungen eignet sich Yoga ganz hervorragend. So helfen regelmäßige Yogaübungen besonders Männern, ihre athletischen und mentalen Voraussetzungen für ihren Lieblingssport zu verbessern und das Risiko von Verletzungen zu reduzieren.
netzathleten: Bist Du deswegen auch Trainer der Deutschen Fußball Nationalmannschaft geworden?
Patrick Broome: Das müsstet Ihr Jürgen Klinsmann fragen. Er und Oliver Bierhoff waren es, die mich damals kurz vor der WM in Deutschland eingeladen haben, um den Spielern Yoga vorzustellen. Seitdem habe ich die Mannschaft bei allen großen Turnieren begleitet.
netzathleten: Wie stellen sich die Jungs überhaupt yoga-mäßig an?
Patrick: Als Profis sind sie mit Eifer und Konzentration bei der Sache. Mittlerweile schätzen und akzeptieren die meisten Yoga als einen wichtigen Bestandteil ihres Trainings. Als kleine, ganz spezielle Nische, in der sportlicher Ehrgeiz, Leistungs- oder Konkurrenzdenken keinen Platz haben und die Spieler den Freiraum erhalten, sich auf ihre Weise und in ihrer Zeit zu entwickeln.
netzathleten: Wie kann Yoga einem Fußball-Profi helfen, ein besserer Spieler zu sein?
Patrick Broome: Ein Turnier wie die WM führt nicht nur zu körperlicher Anstrengung und mentaler Angespanntheit. Der Spieler ist vielmehr auch gehalten, häufige Misserfolge ohne große innere Beteiligung hinzunehmen; er muss sich also Verhaltensweisen aneignen, um mit dem Stress im und nach dem Spiel fertig zu werden. Wie schafft er das? Er muss während des Spiels seine Gedanken kontrollieren, darf sich nur wenige, kurze Gefühlsausbrüche erlauben, muss gleichwohl wach und konzentriert sein und die für das Spiel notwendigen Bewegungsabläufe mit traumwandlerischer Sicherheit beherrschen. Da der Spieler stets in der Gefahr steht, jeden Moment das Spiel durch einen „Fehler“ negativ zu entscheiden; kann die Stressbelastung sehr groß sein. Hohe Stressgrade sind jedoch mit geringerer Leistung verbunden. Das Leistungsoptimum wird dagegen bei mittlerer Stressbelastung erreicht. Durch Yoga kann der Spieler einerseits lernen, handlungsorientiertes Denken auch im Misserfolg aufrecht zu erhalten, und er bekommt anderseits ein perfektes Ventil in die Hand, die im Körper gestaute Anspannung nach dem Spiel wieder abzulassen. Somit hilft Yoga, die mentalen und athletischen Vorraussetzungen der Spieler der deutschen Fußballnationalmannschaft zu verbessern.
netzathleten: Also ist Yoga nicht nur ein Sport für sich, sondern auch ein Begleit-Sport für andere Sportarten?
Patrick Broome: Immer mehr Sportler und Hochleistungssportler erkennen Yoga als sinnvolle Ergänzung. Durch regelmäßige Praxis lernen Sportler ihre Kräfte zu bündeln und zielgerichtet einzusetzen. Anspannungen und Verhärtungen der Muskeln werden abgebaut, die Flexibilität gesteigert. Dadurch erhöht sich die gesamte körperliche Leistungsfähigkeit. Außerdem haben wissenschaftliche Untersuchungen erwiesen, dass Yoga in der Lage ist, einen erhöhten Blutdruck zu senken, Herz- und Pulsschlag zu beruhigen und die Ausschüttung von Stresshormonen, wie Adrenalin, zu bremsen. Durch Stress verspannte Muskeln, Sehnen und Bänder können sich entspannen.
netzathleten: Du warst mit der Nationalmannschaft kürzlich erst im Regenerationscamp. Wie sah das Training vor Ort aus?
Patrick Broome: Dort ging es nach einer langen und anstrengenden Saison vorrangig darum, in Zusammenarbeit mit dem Fitness-, Physio- und Ärtzeteam die Erholung der Spieler zu unterstützen. Tägliche standen leichte Einheiten auf dem Programm, in denen der Körper nicht ausgepowert, sondern Energie und Kraft aufgebaut werden. Die Atmung ist zentraler Bestandteil jeder Übung und wird geschmeidiger und ruhiger. Dadurch wird die Sauerstoffversorgung der ermüdeten Muskulatur verbessert. Am Ende einer Yoga Stunde stellt sich Zufriedenheit und nicht Müdigkeit ein. Das körperliche und seelische Wohlbefinden der Spieler steht dabei im Mittelpunkt.
netzathleten: Welche Chancen rechnest Du unserer Nationalmannschaft für die WM eigentlich aus? Und was für ein Gefühl ist das, die Nationalmannschaft bei der WM unterstützen zu dürfen?
Patrick Broome: Wir werden natürlich Weltmeister! Es ist ein tolles Gefühl, Teil eines solch professionellen Teams zu sein. Jeden Tag der exklusive Blick hinter die Kulissen und dann ist da natürlich diese unglaubliche Atmosphäre in den Stadien bei solchen großen Turnieren. Außerdem kann ich im Rahmen eines solchen Aufenthalts ausgiebig und individuell mit den einzelnen Spielern arbeiten, was natürlich eine Menge Spaß macht.
netzathleten: Yoga verträgt sich nicht nur mit Fußball sehr gut. Yoga verträgt sich auch besonders gut mit Ayurveda. Deswegen hast Du Dich mit Volker Mehl, unserem Ayurveda-Experten zusammengeschlossen. Wie sieht Eure Zusammenarbeit aus?
Patrick Broome: Volker und ich kennen uns von einer Yogakonferenz in Österreich. Die Chemie hat sofort gestimmt. Traditionell gehen Yoga und Ayurveda Hand-in-Hand. Beides sind zwei Jahrtausende alte Heilmethoden aus Indien. Zusammen eignen sie sich hervorragend zur Erhöhung der individuellen Leistungsfähigkeit sowie der Vorbeugung und ganzheitliche Heilung bei vielen Verletzungen und Krankheiten. Meistens üben wir zunächst eine saftige Yogaeinheit und danach gibt es lecker ayurvedisches Essen mit Volker.
netzathleten: Wo können wir Euch beide einmal in Aktion erleben?
Patrick Broome: Ab Herbst bieten Volker und ich regelmäßig Ernährungs -und Yogakurse zusammen in München Schwabing in der Schellingstrasse an. Außerdem planen wir für das nächste Jahr diverse gemeinsame Wochenendveranstaltungen und auch einwöchige Retreats u.a. auf Ibiza.
netzathleten: Vielen Dank für das Interview. Wir hoffen, dass Du uns mal einige Yoga-Übungen persönlich zeigen kannst!
Patrick: Ihr seid alle jederzeit zu einer Probestunde in meiner Yogaschule in München in der Schellingstrasse eingeladen.
Infos zu den einzelnen Kursen findet ihr unter www.jivamukti-schwabing.de.