Zu langes Aufwärmen senkt die Leistung
- Marco Heibel
Dass man durch richtiges Aufwärmen Verletzungen vorbeugen kann, ist schon lange bekannt. Doch es verbirgt sich noch weit mehr dahinter: Die Muskeln gewinnen an Elastizität, die neuromuskulären und geistigen Leistungen verbessern sich, der Stoffwechsel wird angeregt. Zudem steigen Deine Sauerstoffausnutzung die Durchblutung Deiner Muskulatur stark an, auch Deine Koordinationsfähigkeit verbessert sich erheblich. Kurzum: Du bist sofort zu 100 Prozent da, wenn es ernst wird.
Und doch gilt auch beim Aufwärmen, dass es ein „Zu viel des Guten“ gibt. Das haben Forscher der Universität von Calgary (Kanada) herausgefunden und ihre Erkenntnisse im „Journal of Applied Physiology“ veröffentlicht. Die Wissenschaftler wollten in der Studie ihre Vermutung überprüfen, ob einige Sportler nicht bereits beim Aufwärmen unnötig viel Energie aufbringen.
Studie: Aufwärmen, nicht verausgaben
Im Rahmen der Studie absolvierten Radrennfahrer zwei verschiedene Aufwärmprogramme. Im ersten Durchgang strampelten sie sich 50 Minuten lang bei kontinuierlich steigernder Intensität warm (von 60 Prozent der maximalen Herzfrequenz am Anfang bis zu 95 Prozent am Ende). Nach dem Aufwärmen absolvierten die Radrennfahrer dann noch acht Maximaltests.
Tags darauf machten sich die Probanden dann wesentlich kürzer (15 Minuten) und weniger intensiv (60 bis 70 Prozent der maximalen Herzfrequenz) warm. Anschließend standen auch bei ihnen Maximaltests auf dem Programm. Das Ergebnis: Nach dem kurzen und lockeren Aufwärmprogramm erzielten die Fahrer im Schnitt eine 6,2 Prozent höhere Leistung. Daher kamen die Wissenschaftler aus Calgary zu dem Schluss, dass die Radfahrer beim ersten Warm-Up zu viel Kraft gelassen hatten.
Ergebnisse differenziert betrachten
Nun ist das mit Studien ja immer so eine Sache. Ein 50-minütiges Warm-Up auf dem Rad mit steigender Intensität mag übermäßig lang und hart erscheinen. Doch im Profiradsport sieht die Vorbereitung auf ein Zeitfahren nicht viel anders aus. Allerdings geht es dort nicht darum, einmal maximal zu beschleunigen, sondern eine große Leistung über einen langen Zeitraum zu treten.
Quintessenz: Das Aufwärmprogramm sollte sich immer nach dem Ziel richten und möglichst spezifisch sein. Generell kann man den kanadischen Wissenschaftlern aber in dem Punkt beipflichten, dass eine zu lange und zu kräftezehrende Aufwärmphase kontraproduktiv ist.
Für Hobby-Läufer oder Radfahrer, aber auch Ballsportler sollte es normalerweise völlig ausreichen, sich nur so lange zu erwärmen, bis sie ihre „Betriebstemperatur“ erreicht haben. Dann kann es auch mit einer intensiveren Einheit losgehen.