Mit wenig Lauftraining zur Bestzeit? shutterstock.com/Timurpix

Mit wenig Lauftraining zur Bestzeit?

  • Marco Heibel
Qualität statt Quantität – in Deutschland vertritt u.a. Dr. Matthias Marquardt („Die Laufbibel“) diesen Ansatz, ursprünglich stammt er aber aus den USA. Laufcoach Bill Pierce hat mit dem First-Trainingsprogramm eine Methode entwickelt, mit der man mit geringem Aufwand gute Ergebnisse erzielen soll.

Lange Zeit galt im Laufsport das Dogma, dass Leistungssteigerungen nur durch viele Laufkilometer erzielt werden können. Zwei der renommiertesten US-Lauftrainer, Bill Pierce und Jeff Galloway, vertreten seit ein paar Jahren aber einen anderen Ansatz. Sie sind der Meinung, dass die Qualität des Trainings über der Quantität stehen muss. Galloway etwa empfiehlt keinem seiner Athleten, häufiger als viermal wöchentlich zu laufen. Ferner stellen 60 Wochenkilometer für ihn eine Marke dar, die selbst in der Vorbereitung auf einen Marathon nur vereinzelt übertroffen werden sollte.

First-Trainingsprogramm: Minimaler Trainingsaufwand, maximaler Erfolg?


Eine ähnliche Philosophie vertritt Bill Pierce, Professor für Trainingswissenschaft an der US-Universität Furman. Laut ihm sollte man in keiner Trainingswoche mehr als 55 Kilometer laufen. Dabei vertrat er vor 20, 30 Jahren selbst noch einen völlig anderen Ansatz: Pierce war Hobbyläufer mit sechs Laufeinheiten und weit mehr als 100 Trainingskilometern in der Woche. Als er sich irgendwann für Triathlon begeisterte, packte er die Rad- und Schwimmeinheiten zunächst auf sein bisheriges Laufpensum drauf.

Logisch, dass Pierce irgendwann erkennen musste, dass weder sein Körper noch sein Terminkalender das lange mitmachten. Die Konsequenz: Er reduzierte die Zahl der Lauf-Trainingseinheiten auf zwei, ging zudem je zweimal in der Woche schwimmen und Radfahren. Der Aha-Effekt war jedoch, dass seine Laufzeiten unter dem reduzierten Training keineswegs litten. Pierce‘ Schlussfolgerung: Nicht die Quantität des Trainings ist entscheidend, sondern die Qualität. Fortan lief er auch in Spitzenzeiten kaum häufiger als dreimal und kaum mehr als 50 Kilometer in der Woche.

First-Trainingsprogramm: Untersuchungen belegen Pierce‘ These


Um seine Theorie zu prüfen und auszuschließen, dass er selbst nur ein biologischer Einzelfall ist, rief Bill Pierce im Jahr 2003 das „Furman Institute of Running and Scientific Training“-Programm (kurz: First-Programm) ins Leben. Pierce suchte vor allem eine Antwort auf die Frage, wie das Lauftraining aussehen muss, wenn die Zahl der Läufe aus Zeitgründen begrenzt ist. Sein Ansatz ist dabei praxisnah: Ob Triathlet oder „nur“ berufstätiger Hobby-Läufer mit Familie und Freundeskreis – viele aktive Menschen stehen vor der Herausforderung, all diese Bereiche unter einen Hut zu bekommen, ohne Abstriche machen zu müssen. Hinzu kommt, dass ein dosiertes Training vor Übertraining bewahrt. Warum also mehr trainieren als nötig?



Rund 1.000 Läuferinnen und Läufer jeden Alters und Leistungsniveaus nahmen an der Untersuchung teil und exerzierten dabei die verschiedensten Trainingsformen durch – alles unter der Maxime, dass eine gewisse Trainingsdauer und Kilometerzahl nicht überschritten werden darf.

Alle Anforderungen mit drei Einheiten trainieren


Der „Sieger“: Ein Mix aus drei Tagen Lauftraining, bestehend aus einem langen Lauf, einem Intervalllauf und einem Tempodauerlauf. Hinzu kommen zwei Einheiten in einer anderen Ausdauersportart (Radfahren, Schwimmen, Inlineskaten o.Ä. bei mittlerer Intensität). Wer nach diesem Programm trainierte, hatte nach 16 Wochen Training seine Form und seine Laufzeit am deutlichsten verbessert.

Die Vorzüge eines solchen Trainings liegen auf der Hand: Auf diese Weise wird ein Läufer innerhalb einer Woche umfassend trainiert. Er tut nämlich gleichermaßen etwas für seine Ausdauer wie für seine Tempohärte und seine Erholungsfähigkeit. Auf diesen Erkenntnissen baute Pierce schließlich seine Trainingspläne auf.

Das Bemerkenswert dabei: Die Einheiten sind alle durchaus fordernd, selbst die langen Läufe sind bereits in der frühen Trainingsphase nah dran an der angestrebten Kilometerzeit für den Wettkampf. Grundlagenläufe im Bereich des Rekom-Pulses und leicht darüber sucht man bei ihm vergebens. Allerdings sind auch seine Long Joggs nicht so fordernd, als dass sie nicht zu bewältigen wären. Vielmehr trifft es der Begriff „wettkampfnah“. So wird auch nicht das Tempo des Long Jogg im Verlauf der Vorbereitung erhöht, sondern die Distanz. Andere Methoden legen bei den langen Läufen erst gegen Ende der Vorbereitung das Augenmerk darauf, dass das Tempo wettkampfnah wird.

Weitere Informationen zum First-Programm sowie Trainingspläne von 5 Kilometer bis zum Marathon zum Download findet Ihr hier

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