Was bringen eigentlich Aerolaufräder? Christian Riedel

Was bringen eigentlich Aerolaufräder?

  • Marco Heibel
Unbestritten ist die Tatsache, dass ein Radprofi heute kein Einzelzeitfahren mehr ohne aerodynamischen Laufradsatz gewinnen kann. Aber was bringen Aerolaufräder wirklich, und lohnt sich die Investition für einen Hobby-Triathleten?

Spricht man Triathleten auf das Thema Laufräder an, wird es schnell emotional. Für die einen geht es mehr um die Optik als um die Leistung. Andere glauben, mit tollen Laufrädern tatsächlich schneller zu fahren. Ein Aerolaufradsatz bringe bis zu 40 Watt Energieersparnis gegenüber herkömmlichen Rundspeichenlaufrädern, heißt es. Und tatsächlich wurde in verschiedenen Tests ein Leistungsvorteil in besagter Größenordnung gemessen.



Die Frage ist nur, lassen sich diese Messergebnisse einfach auf den Hobby-Sportler übertragen? Üblicherweise finden Aerodynamiktests im Windkanal oder auf einer abgeschotteten Bahn statt, damit die Messergebnisse untereinander vergleichbar sind. Diese wissenschaftliche Vorgehensweise ist auch richtig und der einzig mögliche Weg, um verschiedene Laufradsätze miteinander zu vergleichen.

Laborbedingungen sind nur bedingt übertragbar


Problematisch wird es nur, wenn ein Hobby-Triathlet versucht, diese teils beeindruckenden Ergebnisse einfach auf sich zu übertragen. Bei einem Wettkampf spielen nämlich wesentlich mehr Faktoren eine Rolle, sodass man pauschal gar nicht berechnen kann, wie viel Zeitersparnis oder Geschwindigkeitsvorteil ein Laufradsatz bringt.

Neben dem Gesamtsystem aus Rad und Fahrer sind unter reellen Bedingungen auch Gegenwind, Seitenwind, Kleidung und Rahmenform relevant. Und nicht zuletzt ist auch die eigene Fahrgeschwindigkeit entscheidend. Erst wenn das Gesamtpaket stimmt, wird man die optimale Leistung abrufen können. Dennoch kann auch ein Amateur von Aerolaufrädern profitieren.

Ab einer gefahrenen Geschwindigkeit von 30km/h lassen sich leichte Vorteile messen, aber eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 35km/h sollte im Wettkampf schon drin sein. Erst dann kommen Aerolaufräder so richtig zum Tragen. Schneller wäre natürlich noch besser.

Was macht Aerolaufräder schneller?


Die entscheidende Größe beim Kampf um Sekunden ist der Luftwiderstand. Dieser steigt mit der Geschwindigkeit im Quadrat. Bei einer Geschwindigkeit von 56km/h muss ein Radfahrer rund 90 Prozent seiner Kraft dafür aufbringen, den Luftwiderstand zu überwinden. Umso schneller ein Radfahrer unterwegs ist, desto entscheidender wird also die Aerodynamik. Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch, dass die Aerodynamik bei langsamer Geschwindigkeit kaum eine Rolle spielt.

Welche Faktoren spielen noch eine Rolle? Um das zu beurteilen, muss man sich erstmal das Prinzip hinter den Aerolaufrädern anschauen.

Scheibe oder nicht Scheibe


Maßgeblich für den Luftwiderstand eines Laufrades sind die Speichen. Umso mehr Speichen rotieren, desto größer ist die Luftverwirbelung. Von daher hat ein Scheibenrad ohne Speichen die besten Aerodynamikwerte. Mit einer Scheibe sinkt aber auch die Fahrstabilität des gesamten Rades bei Seitenwind. Bei zu starkem Wind wird man buchstäblich von der Straße geweht.

Ein Scheibenrad kann also nur bei bestimmten Windverhältnissen gefahren werden. Außerdem haben Tests gezeigt, dass eine Scheibe nur am Hinterrad eingesetzt werden sollte. Mit einer Scheibe am Vorderrad wird ein Rennrad sogar ohne Seitenwind unkontrollierbar.

Rotation und Luftwiderstand bei Aerolaufrädern


Wie bereits erwähnt, steigt der Luftwiderstand mit der Geschwindigkeit im Quadrat. Warum ist das bei Laufrädern relevant? Ganz einfach: Versetzen wir das angehobene Vorderrad eines Bikes in Rotation, bewegt sich die Nabe mit 0km/h, während sich das Rad um die Nabe dreht. Angenommen, das Rad rotiert mit einer Geschwindigkeit von 40km/h um die Nabe, dann können wir am oberen Rand des Rades eine Geschwindigkeit von +40km/h messen, während es sich am unteren Rand mit -40km/h bewegt.

Nehmen wir nun weiter an, wir fahren auf mit einem Rennrad Tempo 40, dann ändert sich unsere Gleichung: Die Nabe bewegt sich nun mit 40km/h vorwärts, während die Rotationsgeschwindigkeit oben auf 80km/h (40km/h Bewegungsgeschwindigkeit + 40km/h Rotationsgeschwindigkeit) steigt und sich der unterer Rand mit 0km/h (40-40km/h) bewegt. Am oberen Rand des Laufrades herrscht somit immer der größte Luftwiderstand, da hier auch die größte Geschwindigkeit auftritt.

Weniger Speichen = weniger Luftwiderstand


Genau hier setzen Aerolaufräder an. Da die Speichen die größte Luftverwirbelung verursachen, wäre es günstig, wenn man möglichst wenige oder keine Speichen hätte. Eine Scheibe ist also ideal, aber eben auch windanfällig. Die Lösung sind so genannte Hochprofilfelgen. Eine deutlich erhöhte Flanke löst nämlich gleich zwei Probleme.

Erstens wird durch die hohe Flanke der Luftwiderstand da reduziert, wo er am größten ist – nämlich am Rand des Laufrades. Und zweitens kann man dank Hochprofil die Anzahl der Speichen deutlich reduzieren, ohne dass das Laufrad instabil wird. Umso höher die Flanke, desto weniger Speichen muss man verbauen.

Soweit die Theorie. Doch welcher Laufradsatz ist der schnellste und warum gibt es so viele verschiedene Formen? Der Einfachheit halber kann man folgende Unterteilung vornehmen:

1) Aerolaufräder mit 50mm


Laufräder mit 50mm Hochprofil sind für Einsteiger geeigneter, da sie zwar nur leichte aerodynamische Vorteile, aber gleichzeitig auch eine Gewichtsersparnis bringen. Dabei sollte man immer das mögliche Streckenprofil berücksichtigen, schließlich muss man die Masse eines Laufrades erstmal in Schwung versetzen. Berghoch wird man den Unterschied zwischen einer Scheibe und einer leichten 50mm Carbonfelge deutlich spüren. Das gilt besonders für leichte Fahrer.

2) Aerolaufräder mit 80mm und mehr


Laufräder mit einem höheren Profil erzielen natürlich deutlich bessere Aerodynamikwerte. Gut geeignet sind diese auf flachen Strecken mit wenigen Steigungen. Denn ist die Schwungmasse einmal in Bewegung versetzt, spielt das Gewicht der Felgen keine Rolle mehr.

3) Three- und Four-Spokes


Three- oder Four-Spokes haben keine kleinen Speichen und sind damit bei bestimmten Windströmmungs-Verhältnissen besser für Einsteiger geeignet, aber in der Regel sind diese auch etwas teurer als vergleichbare Speichenfelgen.

4) Scheibenräder


Scheibenräder bieten die beste Aerodynamik, sind jedoch sehr seitenwindanfällig und zudem sehr schwer. Für Einsteiger sind Scheibenräder nur bedingt zu empfehlen.

Fazit: Auch Einsteiger können von Aerolaufrädern profitieren. Zwar lässt sich die tatsächliche Energieersparnis unter reellen Bedingungen nur schwer messen, aber die Erfahrung vieler Athleten bestätigt: mit Aerolaufrädern rollt es sich schneller. Stimmt die eigene Durchschnittsgeschwindigkeit, liegt dies auch zum Teil am Hightech-Material. Ansonsten ist es wohl eher Kopfsache, weil der Sound und die teils brachiale Optik einfach zum Training motivieren.

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