Detektive im Trainingslabor - Eric Frenzels Kolumne gettyimages.de

Detektive im Trainingslabor - Eric Frenzels Kolumne

  • Eric Frenzel

Weniger als einen Monat dauert es noch, bis die olympischen Winterspiele in Sotchi beginnen. In seiner Kolumne beschreibt Eric Frenzel die letzte Phase der Vorbereitung. Trainer und Sportler arbeiten wie Detektive an den letzten Feinheiten. Es wird akribisch analysiert, getestet und nach Lösungen gesucht. Kleinigkeiten können am Ende entscheidend sein.

Rund vier Wochen vor der olympischen Eröffnungsfeier in Sotchi arbeiten wir in Oberwiesenthal rund um die Uhr…an Kleinigkeiten! Kleinigkeiten, die am Ende über Medaillenträume entscheiden: zwei Meter mehr beim Sprung, 10 Sekunden Vorsprung in der Loipe. Man ist fast an Laborbedingungen erinnert, alles wird ausgewertet, alles wird bedacht im Kampf um Geschwindigkeit und Zeit.

Auf die „großen“ Dinge achten wir nicht mehr. Die Anfahrt beim Skisprung, das Timing beim Absprung – diese Dinge sind automatisiert und sitzen, wie man auch in Wettkämpfen der gegenwärtigen Saison gesehen hat.

Nein, wir forschen nach den Kleinigkeiten. Beim Skispringen ist die Haltung entscheidend für den Flugverlauf und die Weite. Also geht es darum, Haltung zu bewahren. Die V-Stellung ist für die Nutzung des Auftriebs, für die Nutzung des Luftpolsters entscheidend. Daher analysieren wir mit den Trainern gemeinsam, wie wir in der Luft stehen. Ist das „V“ gleichmäßig gestellt, wenn nicht, warum nicht. Hängt ein Schenkel des V kann das viele Gründe haben. Auch Mediziner und Biomechaniker schauen jetzt darauf. Kann ein Sportler das „V“ gar nicht richtig stellen, weil die Bauchmuskulatur auf einer Seite nicht richtig arbeitet. Arbeitet sie nicht richtig, weil die Muskelfacien verklebt sind, durch Gewebeflüssigkeiten, vielleicht nach einer Erkältung? Muss der Sportler dann schleunigst zur Manualtherapie, um die Muskeln zu entblockieren, damit im Training das „V“ ordentlich gestellt werden kann?

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Eric Frenzels Kolumne wird präsentiert von:


Sind die Arme während des Flugs parallel und an der richtigen Position im Hinblick auf den Luftwiderstand? Ist die Telemark-Landung technisch sauber, um die Punktrichter zu überzeugen, d.h. sind die Arme bei der Landung senkrecht vom Körper gestreckt, ist der Ausfallschritt groß genug und nicht zu breit? Wird er ordentlich ausgefahren?

Derzeit wird alles unter die Lupe genommen, vom Absprung bis zur Landung.

Immer wieder wird dies auch durch Materialtests begleitet. Ski, Bindung und Anzug haben selbstverständlich auch ihren Anteil an einem mustergültigen Skisprung.

Was den Körper anbelangt, haben wir die Grundlagenausdauer in den vergangenen Tagen nochmals gestärkt, um die letzten Wettkämpfe vor Sotchi zu nutzen, um spritzig zu werden.
Wir stimulieren die Wettkampfhärte. Auch die Lauf-und Gleittechnik wird analysiert und Ableitungen werden vorgenommen.

Mir macht diese Vorbereitung immer wieder immens Spaß, wenn man Kleinigkeiten entdeckt, die eine Optimierung der Leistung bedeuten können. Man ist in eigener Sache ein kleiner Detektiv und lernt die komplexen Zusammenhänge, die hinter einer Sportart stehen, genau kennen.

Ein guter Sprung, ein guter Lauf in Sotchi wird das Ergebnis eines Prozesses sein, der hunderte Faktoren zu einem Ganzen verzahnt.

Ich arbeite weiter daran.

Herzlichst
Eric

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