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Bundesadler mal anders – Sport und Politik

  • Derk Hoberg
Sport und Politik haben auf den ersten Blick nicht viel gemein. Dabei wurde mit Sport schon viel Politik gemacht: Zu Mauerzeiten schmückten sich Ostfunktionäre nur allzu gerne mit den sportlichen Höchstleistungen ihrer höchstwahrscheinlich gedopten Athleten. Es gibt aber auch andere Beispiele, wie diese Felder heute zusammenhängen können.

 

Das Spiel von Eintracht Frankfurt bei Union Berlin am Montagabend stand unter besonderen Vorzeichen. Eigentlich waren die Fans der Hessen kollektiv vom DFB von diesem Zweitligaspiel ausgeschlossen worden. Einige wenige hatten beim Gastspiel in Düsseldorf vor Wochen wieder einmal durch das verbotene Abrennen von Pyrotechnik negative Schlagzeilen gemacht, alle anderen mussten dafür büßen. Für den DFB war diese Maßnahme ein Schuss in den Ofen. Schon von vorneherein war fraglich, wie man Gästefans gänzlich am Stadionbesuch hindern kann, frühere Strafen dieser Art belegten dies. Und so kamen dann auch etwa 1000 lautstarke Frankfurter Fans am Montag in die Hauptstadt, um den deutlichen Sieg des Aufstiegsanwärters gegen Berlin letztlich gemeinsam mit ihrer Mannschaft zu feiern.

Fanclub „bundesADLER“ gegründet

Ob unter diesen 1000 Fans auch Mitglieder des kurz vor dem Spiel gegründeten Eintracht-Fanclubs „bundesADLER“ waren, ist mehr als zu bezweifeln, schließlich handelt es sich bei den Gründungsmitgliedern dieses Fanclubs um rein politische Klientel. Einen Eintracht-Fan und Mitglied des Bundestages, wie den ehemaligen Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung, kann man sich dann auch nur schwerlich vorstellen, wie er über den Zaun in den Gästeblock klettert.

Hier regiert die SGE

17 Mitglieder zählte der erste Fanclub innerhalb des deutschen Bundestages bereits am ersten Tag, viele weitere hatten da bereits ihr Interesse zum Beitritt bekundet. Bei der Gründung des fraktionsübergreifenden Fanclubs durch den Grünen Bundestagsabgeordneten Omid Nouripour waren auch Offizielle von Eintracht Frankfurt zugegen, darunter auch der Vorstandsvorsitzende Heribert Bruchhagen. Am Abend erlebte dieser dann ein friedliches Fußballspiel, das – wie manche Medien berichteten – wegen der Rahmenbedingungen eine Art Happening-Charakter entwickelte.

Kreative Fans, in der Politik wie im Stadion

Dass sich die Fans beider Lager beim Montagsspiel in ihrer friedlichen Gegenwehr gegen die Politik des DFB solidarisierten und die Unioner sogar Frankfurter Fans mit den nötigen Eintrittskarten versorgten, sorgt nun für Ratlosigkeit beim DFB. Die beiderseitigen Sprechchöre: „Die Mauer muss weg“ – woraufhin den Frankfurter Fans schließlich sogar noch der Gästeblock geöffnet wurde – sprechen für die Kreativität der deutschen Fußball-Fans. Werden sie momentan doch allzu häufig nur negativ und gemeinhin als marodierende Horden dargestellt, die Woche für Woche nur Angst und Schrecken in den Stadien verbreiten. Wahrscheinlich sind die deutschen Fußball-Stadien genau deshalb so gut besucht…

Dass der Verband nach eigener Aussage diese Art der Kollektiv-Bestrafung nun selbst hinterfragt ist ein Anfang. Fraglich bleibt, ob ihm insgesamt etwas Besseres einfällt, und ob er bereit ist, endlich mit den verschiedenen Fangruppierungen in einen echten Dialog zu treten.

Zwei Beispiele, wie Politik und Sport sich auch heute noch vermischen. Eines erfrischend kreativ, das andere zeigt, wie tief der Graben zwischen Fußball-Fans und dem Dach des deutschen Fußballs inzwischen geworden ist. Und so macht auch die kreative Idee der Bundestagsabgeordneten indes Schule: Abgeordnete, welche Fans anderer Vereine sind, denken inzwischen ebenfalls darüber nach, einen Fanclub zu gründen. Bleibt abzuwarten, ob sich einige weibliche Union Berlin-Fans demnächst als „Eiserne Ladys“ einen Namen in der Berliner Politik machen werden.

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