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Die Geschichte des Frauenfußballs - Die Anfänge
- Marco Heibel
Die ersten Spuren des Frauenfußballs liegen in ferner Vergangenheit. Bereits im 12. Jahrhundert haben Frauen in Frankreich an dem fußballähnlichen Spiel „la soule“ teilgenommen. Auch bei den Inuit waren Frauen schon vor Jahrhunderten an Ballspielen mit dem Fuß involviert. Die Geschlechter- und Anstandsfrage stellte sich damals noch nicht.
Frühe Popularität des Frauenfußballs
Gleiches galt für die Pioniertage des modernen Fußballs im England der 1860er Jahre. An den Eliteschulen, von denen aus das Spiel den Weg in die weite Welt antrat, nahm zunächst niemand daran Anstoß, dass auch Mädchen gegen den Ball traten. Im Gegenteil: Gerade im „Mutterland des Fußballs“ war der Frauenfußball lange Zeit populär. So gründete sich im Jahr 1894 das erste Damenteam, die „British Ladies“. Wenige Monate später stieg bereits das erste „Länderspiel“ im Frauenfußball, als es in London zum Duell England-Nord gegen England-Süd kam. Mehr als 10.000 Zuschauer wollten sich diese Partie ansehen. Aus Gründen des Anstandes trugen die Damen übrigens Röcke über Knickerbockerhosen.
Der Aufschwung hielt an und erreichte seinen Höhepunkt kurz nach dem Ersten Weltkrieg. Allerdings „profitierte“ der Frauenfußball davon, dass die meisten Männer an der Front waren und die Profiligen zwischen 1916 und 1919 pausierten. Dieses Vakuum wussten die Frauen zu füllen, ihre Spiele wurden zu einem wahren Publikumsmagneten. So verfolgten 53.000 Zuschauer das Spiel zwischen den Dick Kerr’s Ladies und den St. Helens Ladies im Jahr 1920.
Auch im europäischen Ausland, vor allem in Frankreich, erfreute sich der Frauenfußball früh großer Beliebtheit, während er in Deutschland noch in den Kinderschuhen steckte und aufgrund des öffentlichen Widerstandes erst spät einen zarten Aufschwung erlebte (mehr dazu in der kommenden Woche im Artikel „Geschichte des Frauenfußballs in Deutschland“).
Meinungsumschwung: Verbot und Ächtung des Frauenfußballs
Quasi aus dem Nichts verbot der englische Fußballverband (FA) den Frauen im Jahr 1921 jedoch die Nutzung der Stadien, was einem Verbot des Frauenfußballs gleichkam. Begründung: Fußball sei „für Frauen nicht geeignet“. Rund um den Globus fanden sich in den Folgejahren viele Nachahmer. Dabei wurde nicht selten die Rolle der Geschlechter diskutiert. Dass die abschließende Wertung in der Regel von Männern kam, muss nicht eigens erwähnt werden. So schrieb der berühmte niederländische Philosoph und Psychologe Frederik Jacobus Johannes Buytendijk in seiner viel beachteten „Psychologischen Studie über das Fußballspiel“: „Das Spiel ist wesentlich eine Demonstration der Männlichkeit. Es ist noch nie gelungen, Frauen Fußball spielen zu lassen. Das Treten ist wohl spezifisch männlich, ob darum getreten werden weiblich ist, lasse ich dahingestellt. Jedenfalls ist das Nichttreten weiblich.“
Weibliche Courage bewirkt Trendwende
Die Trendwende setzte erst ein, als die Frauen begannen, sich Ende der 1960er Jahre gegen das Verbot aufzulehnen. Mit der Gründung der Confederation of Independent European Female Football im Jahre 1969 und der Austragung der ersten inoffiziellen Weltmeisterschaft im Frauenfußball im Jahre 1970 wurden einige Herren bei der UEFA hellhörig. 1971 gab der Verband die Empfehlung aus, den Frauenfußball wiederaufzunehmen, um eine endgültige Spaltung abzuwenden.
In der Folge führten viele Landesverbände offizielle Meisterschaften und Pokalwettbewerbe ein. Was internationale Wettbewerbe anging, waren die Asiaten Pioniere (dadurch erklärt sich auch die frühe Dominanz der Chinesinnen): Bereits 1975 wurde in Hongkong die erste offizielle Asienmeisterschaft ausgespielt. Die UEFA zog erst 1984 mit der ersten Europameisterschaft nach. Rekordeuropameister ist Deutschland mit 7 Titeln bei bisher 10 ausgespielten Turnieren.
1991 kam es in China zur ersten Weltmeisterschaft im Frauenfußball. Erster Weltmeister wurden die USA. Das Land hatte im Frauenfußball lange eine Ausnahmestellung inne, weil der Frauen- und Mädchenfußball an den dortigen High Schools und Colleges stark gefördert wurde und eine entsprechend große öffentliche Akzeptanz hatte. Mittlerweile haben andere Länder, wie Deutschland oder Brasilien, zu den Amerikanerinnen aufgeschlossen. In Deutschland wird 2011 zum sechsten Mal eine WM-Endrunde ausgespielt. Rekordweltmeister sind die USA und Deutschland mit je zwei Titeln.
Seit 1996 gehört der Frauenfußball zum Programm der Olympischen Sommerspiele. Anders als bei den Männern, wo nur 3 Spieler je Land älter als 23 Jahre sein dürfen, gibt es bei den Frauen keine Einschränkungen, sodass jedes Land mit seinen besten Spielerinnen antreten darf. Rekordolympiasieger sind die USA mit 3 Goldmedaillen. Die deutschen Damen mussten sich bisher mit drei Bronzemedaillen begnügen.
Seit 2001 wird ein Europapokal auf Vereinsebene ausgespielt, der zunächst irreführenderweise UEFA Women’s Cup genannt wurde, obwohl dort nur die Landesmeisterinnen und einige Vizemeisterinnen starten durften. Mittlerweile hat die UEFA diesen Fehlgriff korrigiert, der Wettbewerb heißt seit 2009 UEFA Women’s Champions League.
Weltweite Akzeptanz für den Frauenfußball?
Wer nun aber denkt, dass der Frauenfußball gänzlich emanzipiert ist und überall auf der Welt anerkannt wird, der irrt. Nach dem Geschmack von FIFA-Präsident Sepp Blatter etwa ist das Spiel nach wie vor nicht „sexy“ genug. So forderte er vor ein paar Jahren, die Kleiderordnung im wahrsten Sinne des Wortes zu verschärfen. Die Spielerinnen sollten analog zum Beachvolleyball körperbetontere Trikots und knappere Hosen tragen. Sein Vorschlag stieß auf wenig Gegenliebe.
Das andere Extrem findet man im Mittleren Osten: So ist es Frauen in Saudi-Arabien bis heute untersagt, überhaupt Fußball zu spielen. Nicht viel liberaler geht es im Iran zu, wo die Spielerinnen beim Fußball spielen ein Kopftuch tragen müssen.
Der Frauenfußball hat eine lange Reise hinter sich. Am Ziel ist er aber, wie man sieht, noch lange nicht.
Im zweiten Teil in der kommenden Woche: "Die Geschichte des Frauenfußballs in Deutschland"