Kompressionsbekleidung im Test Marco Heibel

Kompressionsbekleidung im Test

  • Marco Heibel
Was bringt eigentlich Kompressionsbekleidung? Netzathleten-Redakteur Jörg Birkel hat mal bei Profi-Triathleten nachgefragt und das ein oder andere komprimierte Bekleidungsstück selber ausprobiert. Hier ist sein Erfahrungsbericht.

Socken, Oberteile, Lauftights und Schwimmanzüge, kaum ein Bekleidungsstück im Triathlon kommt heute noch ohne Kompression aus. Kein Wunder, versprechen doch diverse Studien eine Leistungssteigerung ohne Trainingsaufwand.

Kompressionsbekleidung: Trend kaum mehr aufzuhalten

Fakt ist jedenfalls, dass der Trend kaum noch aufzuhalten ist. Alles, was eine Verbesserung der eigenen Leistung verspricht, wird von Triathleten gekauft. Starteten beim Ironman Hawaii 2006 insgesamt 16 Triathleten mit Kompression, waren es 2008 bereits über 400. Auch Ironman- Europameister Timo Bracht schwört auf die leistungssteigernde Wirkung von Kompressionsbekleidung. „Beim Laufen werden unter anderem die Muskelschmerzen, gerade wenn es abwärts geht, merklich reduziert“, bestätigt Timo Bracht in einem Medienbericht.

Kompressionsbekleidung im Praxistest

 

Grund genug, selber mal die Wirkung von Kompressionsbekleidung auszuprobieren. Schließlich sollte man keiner Studie trauen, die man nicht selbst gefälscht hat. Natürlich konnte ich die Bekleidung nicht objektiv unter Laborbedingungen testen, aber einen subjektiven Erfahrungswert erhoffte ich mir schon.

Aufgrund von massiven Wadenproblemen beim Laufen, die sich durch eine Laufstilumstellung bei mir eingestellt hatten, habe ich vor allem Produkte für die unteren Extremitäten getestet. Jeweils ein Paar Laufsocken von CEP und 2XU sowie Calf Guards von X-Bionic kamen abwechselnd auf den Prüfstand.



Eine gradiente Kompression soll die Durchblutung verbessern und für mehr venösen Rückfluss zum Herzen sorgen. Mehr Sauerstoff in der arbeitenden Muskulatur heißt auch mehr Leistung. Sollte man meinen, aber als Hobbyläufer habe ich von dem Effekt leider nicht viel gespürt, und zwar bei keinem der getesteten Produkte. Obwohl die zusätzliche Schicht an der Wade bei kaltem Wetter durchaus angenehm ist. Möglicherweise wird der Effekt von Kompressionssocken aber erst im Spitzenbereich spürbar; ich zumindest konnte nicht schneller laufen als ohne Kompression.

Eine Leistungsverbesserung während des Laufens ist aber nicht der einzige in Studien beschriebene positive Effekt. Kompressionssocken sollen auch die Regenerationszeit verkürzen und auf Reisen einer Thrombosenbildung vorbeugen.

Verbesserte Regeneration durch Kompressionsbekleidung?

 

Also alles der Reihe nach: Laut einer Studie hatten Läufer 24 Stunden nach einem intensiven Dauerlauf weniger Muskelkater. (Ali, Caine & Snow, 2007) Das hörte sich doch verlockend an, zumal die besagte Umstellung vom Fersen- auf Mittelfußlauf mitunter massive Probleme in der Wadenmuskulatur verursachte. Und tatsächlich kann ich dieses Ergebnis bestätigen. Seit ich Kompressionssocken bzw. Calf Guards zur Regeneration einsetze, klingt Muskelkater bei mir deutlich schneller ab. Zumindest subjektiv. Von einer Adaptation durch Training würde ich nicht ausgehen, da sich die Wadenprobleme trotz regelmäßigem Laufens über einen Zeitraum von 6 Monaten hingezogen haben; d.h. der Muskelkater ist nicht ausgeblieben, ist aber deutlich schwächer ausgefallen und früher wieder abgeklungen als ohne Kompressionssocken.

Einen Tag früher wieder Trainieren zu können, war es mir auf jeden Fall wert, in Kniestrümpfen am Schreibtisch zu sitzen und nachts mit Calf Guards zu schlafen. Der Fairness halber muss ich aber anmerken, dass ich derzeit nicht in einer Beziehung lebe. Ansonsten muss man sicher einiges Verständnis bei der Partnerin voraussetzen, wenn man mit solchen Liebestötern ins Bett steigt.

Wie sich Kompressionssocken auf Reisen bewähren, konnte ich dann Mitte Januar auf dem Weg nach Australien ausprobieren. Gerade auf langen Flugreisen ziehe ich gerne mal die Schuhe aus, um dann jedes Mal vor der Landung dieselbe Erfahrung zu machen: die Schuhe fühlen sich an, als ob sie eine Nummer zu klein sind.

Der Grund dafür sind Durchblutungsstörungen aufgrund der unbequemen Sitzposition. Was dagegen hilft, ist Bewegung, eine Aspirin vor dem Flug oder in extremen Fällen eine Thrombosespritze. Und natürlich Stütz- bzw. Kompressionsstrümpfe. Aber es müssen nicht immer die medizinischen Liebestöter aus der Apotheke sein, die Sportvariante von CEP, 2XU oder X-Bionic tut es eben auch.

Auch diesen positiven Effekt der Kompressionsbekleidung kann ich bestätigen. Je nach Bekleidungsgeschmack würde ich allerdings ein Modell in schwarz empfehlen, schließlich sind Tennissocken auf Lederschuhe nicht jedermanns Sache.

Ironman-Weltmeister Craig Alexander und seine eigene Meinung zu Kompressionsbekleidung


Übrigens, die Wirkung von Kompressionsstrümpfen zur Regeneration und auf Reisen machen sich einige Triathlon-Profis schon länger zu Nutze. Craig Alexander trägt schon seit Jahren nach harten Sporteinheiten und auf Reisen Kompressionsstrümpfe, allerdings zumeist die billige Variante aus dem Sanitätshaus, da seine Frau als Krankenschwester gearbeitet hat.

Bei Wettkämpfen verzichtet der zweifache Ironman Hawaii Gewinner Craig Alexander übrigens auf Kompressionssocken: „Da halte ich nichts von. Die Zeit, die ich beim Wechseln verlieren würde, hole ich durch die Socken nicht wieder rein.“ Das kann sicherlich jeder nachvollziehen, der schon einmal versucht hat, unter Zeitdruck in die engen Teile reinzukommen.

Mein Fazit lautet deshalb: Lerne vom Weltmeister, der hat schließlich alles richtig gemacht ;-)

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