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Gastgeber und Traditionsmannschaften – Ein Blick auf Gruppe D

  • Redaktion
In Gruppe D der Fußball EM 2012 treffen die Gastgeber aus der Ukraine unter anderem auf die Mitfavoriten aus Frankreich und England. netzathleten.de sagt, was man alles über Gruppe D wissen muss.

In der Ukraine werden wohl nicht unbedingt die Sektkorken geknallt sein, als die Gruppen für die Europameisterschaften ausgelost wurden. Mit Frankreich und England warten zwei Mitfavoriten auf den Gastgeber. Komplettiert wird die Gruppe durch die Schweden, die an einem guten Tag gegen jeden der Gruppengegner eine Chance haben.

Ukraine

Für die Ukraine ist die EM im eigenen Land eine Premiere in doppelter Hinsicht. Zum einen findet zum ersten Mal ein Großereignis im eigenen Land statt, zum anderen nimmt der 45 Millionen-Einwohner-Staat zum ersten Mal an einer EM teil. Als Gastgeber mussten sich die Spieler um Kapitän Anatoliy Tymoshchuk (FC Bayern München) schließlich nicht qualifizieren. Bei den Gruppengegnern könnten sich die Ukrainer trotz Unterstützung der heimischen Fans schwer tun, die Vorrunde zu überstehen. Vor allem die Torhüterposition könnte den Ukrainern zum Verhängnis werden. Denn die drei besten Keeper sind verletzt bzw. gesperrt, sodass die eigentlichen Nummern vier bis sechs im Kader stehen.

Ein guter Start gegen den vermeintlich schwächsten Gruppengegner Schweden, das erste Spiel überhaupt gegen die Skandinavier, könnte hier den notwendigen Schub geben. Spätestens im zweiten Gruppenspiel gegen Frankreich müssen die Spieler in blau-gelb gegen Frankreich dann ihr wahres Gesicht zeigen. Betreut werden die Spieler um Stürmerlegende Andriy Shevchenko, der allerdings seinen Stammplatz verloren hat und mehr für die gute Stimmung im Team zuständig ist, von Oleg Blochin, der 433 Spiele für Dynamo Kiew und 101 Länderspiele für die Sowjetunion absolvierte und bereits zwischen 2003 und 2007 Nationaltrainer der Ukraine war.

Chancen: Um das Ziel Viertelfinale zu schaffen, muss der 50. der FIFA-Weltrangliste den Heimvorteil nutzen und dabei vor allem seine Erfahrung in die Waagschale werfen. Ob die geringe Euphorie reicht, um England oder Frankreich zu schlagen, ist allerdings eher unwahrscheinlich, zumal die aktuelle Form nicht gerade für die Ukrainer spricht.

England

Ob England mehr zu bieten hat als nur einen großen Namen im Weltfußball, könnte bereits das erste Spiel gegen Frankreich zeigen. Zwar konnten die Engländer von bisher 28 offiziellen Länderspielen 16 gewinnen, doch in den letzten fünf Spielen unterlagen die Spieler um Kapitän Steven Gerrard den Franzosen viermal und spielten nur einmal unentschieden. Noch schlechter sieht die Bilanz bei Europameisterschaften aus. Von vier Spielen konnten die Engländer noch keines gegen Frankreich gewinnen (2 Unentschieden, 2 Niederlagen).

Grundsätzlich scheinen Europameisterschaften den Engländern nicht zu liegen. Nur ein einziges Mal kam das Mutterland des Fußballs in ein Halbfinale. 1996 unterlagen sie bei der Heim-EM im Halbfinale gegen Deutschland nach Elfmeterschießen. Ganz bitter war die vergangene EM, als man schon in der Qualifikation hinter Russland und Kroatien die Segel streichen musste. Es gibt also einiges gutzumachen für den 7. der FIFA-Weltrangliste. Dabei haben die Engländer noch den Nachteil, dass Star-Stürmer Wayne Rooney nach einer roten Karte im letzten EM-Qualifikationsspiel gegen Montenegro in den ersten beiden Partien gegen Frankreich und Schweden gesperrt ist.

Das passt aber ins chaotische Bild, welches die Engländer im Vorfeld der EM abgaben. Denn auch Trainer Fabio Capello trat im Februar nach Streitigkeiten mit dem Verband zurück, welcher Spielführer John Terry aufgrund des Verdachts rassistischer Aussprüche die Kapitänsbinde abnahm. Neuer Nationaltrainer ist Roy Hodgson, der durch die Nominierung von Terry und die Nicht-Nominierung des dunkelhäutigen Verteidigers Rio Ferdinand die Rassismus-Diskussionen in England noch mehr anheizte. Es bleibt abzuwarten, ob das entsprechende mediale Echo die Vorbereitung der Engländer nachhaltig beeinträchtigt hat.

Chancen: Eine kaum eingespielte Mannschaft, Diskussionen um Ex-Kapitän Terry, ein gesperrter Stürmerstar und ein bis dato wenig erfolgreicher Trainer lassen die Chancen der Engländer schmelzen. Dazu fehlen im Mittelfeld, in dem mehr Strategen (Gerrard, Parker) oder schnelle aber wenig trickreiche Spieler (Walcott) nominiert sind, oft der Esprit und die Kreativität. Auch für Wayne Rooney gibt es keinen gleichwertigen Ersatz. Ein Aus der Engländer nach der Vorrunde wäre keine Sensation.

Frankreich

Auch die Franzosen haben einiges gutzumachen. Wahrscheinlich erinnert sich der eine oder andere Fußball-Fan an die WM 2010 in Südafrika, als die Franzosen mehr durch Undiszipliniertheiten als durch Leistung auffielen. Als ob das Ausscheiden als Letzter der Vorrundengruppe nicht schon beschämend genug wäre, liegt der Eklat um Stürmer Nicolas Anelka, der Trainer Domenech in der Halbzeit des WM-Spiels gegen Mexiko aufs Übelste beschimpft hatte, noch schwer auf dem Europameister von 2000.

Nicolas Anelka und Domenech sind Geschichte. Und bei der EM 2012 soll Laurent Blanc die „Equipe Tricolore“ wieder zu altem Ruhm zurückführen. Schließlich hat Frankreich mit zwei Siegen (1984 und 2000) bisher andere Ansprüche, als in der Vorrunde zu scheitern. Doch bereits in der Qualifikation hat die Elf um Torwart und Spielführer Hugo Lloris kein besonders souveränes Bild abgegeben. Die Franzosen qualifizierten sich nur dank eines Unentschieden im letzten Gruppenspiel gegen Bosnien-Herzegowina mit einem Punkt Vorsprung vor für die EM. Im Klassiker gegen England im ersten Gruppenspiel müssen die Spieler um Bayern-Star Franck Ribery zeigen, was sie können.

Chancen: In der FIFA-Weltrangliste ist Frankreich auf Platz 16 abgerutscht. Allerdings haben sie in den Spielen vor der EM angedeutet, in guter Form zu sein. Vor allem die Offensive um Ribery, Karim Benzema (Real Madrid) und Samir Nasri (Manchester City) könnte bei der EM für Furore sorgen.

Schweden

In der FIFA-Weltrangliste liegt Schweden nur einen Platz hinter den Franzosen auf Rang 17. Alleine das zeigt schon, dass man die Elf von Trainer Erik Hamrén nicht unterschätzen sollte. Mit erfahrenen Spielern wie Zlatan Ibrahimovi?, Olof Mellberg oder Kim Källström sowie jungen Spielern wie Rasmus Elm haben die Schweden anscheinend eine gute Mischung gefunden.

In der Qualifikation belegte Schweden mit acht Siegen und zwei Niederlagen Platz zwei hinter den Niederländern und qualifizierte sich als bester Gruppen-Zweiter problemlos für die EM. Dabei gelang es den Schweden, auch die Niederländer zu bezwingen und diesen die einzige Niederlage in der Quali zuzufügen. 31 Tore in zehn Spielen zeigen dabei die Offensivqualitäten der Schweden.

Bei den bisherigen Europameisterschaften schnitten die Skandinavier eher durchschnittlich ab. Bei bisher vier Teilnahmen schieden sie zweimal in der Vorrunde aus, mussten sich 2004 im Viertelfinale den Niederländern geschlagen geben und schieden 1992 bei der Heim-EM immerhin erst in Halbfinale gegen Deutschland aus. Vielleicht gelingt es den Schweden, bei der EM 2012 für Furore zu sorgen und einen der beiden „Großen“ der Gruppe, also England oder Frankreich, auszuschalten. Zuzutrauen ist es ihnen auf jedem Fall.



Chancen: Auf den ersten Blick werden wahrscheinlich viele auf ein Weiterkommen der Franzosen und Engländer tippen. Doch mehrere Faktoren sprechen für die Schweden. Sie haben ein eingespieltes und erfahrenes Team, einen Top-Star (Ibrahimovic), der gelernt hat für die Mannschaft zu spielen und sind in guter Form. 2012 wurden bisher alle Spiele gewonnen. Wie weit die Reise der Skandinavier bei der EM gehen kann, wird sich spätestens beim zweiten Gruppenspiel zeigen.

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