Das Kreuz mit dem Kreuzband
- Christian Riedel
Mit schmerzverzerrtem Gesicht humpelt Steffi M. vom Platz. Die Stürmerin aus Duisburg greift sich immer wieder ans Knie. Im Krankenhaus bekommt sie die befürchtete, niederschmetternde Diagnose: Kreuzbandriss. Eine der der schlimmsten Verletzungen, die man oder besser gesagt „frau“ sich beim Sport überhaupt zuziehen kann.
Mit der Verletzung ist Steffi M. nicht alleine in ihrer Mannschaft. Ihre Stürmerkollegin hat sich dieselbe Verletzung bereits zweimal zugezogen und auch eine Mannschaftskameradin aus dem Mittelfeld fällt bereits die halbe Saison mit dieser Knieverletzung aus.
So gemein das ist, aber Frauen neigen eher zu Knieverletzungen als ihre männlichen Kollegen. Bei Sportlerinnen und besonders bei Fußballerinnen reißt das Kreuzband bis zu zehnmal häufiger als bei den Herren der Schöpfung. Das liegt an einer unterschiedlich gebauten Knieachse und einer niedrigeren Gelenkstabilität.
2/3 der Kreuzbandrisse passieren ohne Fremdeinwirkung
Zwar soll die Zahl der Knieverletzungen insgesamt bei Männern und Frauen fast gleich hoch sein, doch bei den weiblichen Patienten kommen schwere Knieverletzungen, wie eben der Kreuzbandriss, deutlich häufiger vor. Auffallend ist, dass zwei von drei Verletzungen ohne äußere Einwirkung passieren. Besonders anfällig sind die Frauenknie bei Stopps, Drehungen und Landungen mit gestrecktem Knie sowie bei Stürzen nach hinten mit gebeugtem Kniegelenk.
Um zu erklären, warum Frauen-Kreuzbänder schneller reißen, muss man die genauen anatomischen Unterschiede der männlichen und weiblichen Knie anschauen. Kreuzbänder von Frauen sind in der Regel schmaler und können Belastungen schlechter absorbieren. Frauen neigen zusätzlich zu X-Beinen. Darunter leidet die Gelenkstabilität. Als Folge müssen die Kreuzbänder beispielsweise bei Drehungen und Stopp- und Go-Bewegungen öfter eine Belastung auffangen.
Thema für Sportmediziner
Um die Zahl der Kreuzbandverletzungen zu reduzieren, haben sich einige Sportwissenschaftler des Problems angenommen mit dem Ziel, eine präventive Therapie zu entwickeln. Beispielsweise gibt es eine Gruppe norwegischer Sportmediziner, die ein Trainingsprogramm „die Elf“ bei 2.000 Fußballerinnen zwischen 13 und 17 Jahren getestet hat.
Zu dem Training gehören neben einem intensiven Aufwärmprogramm diverse Stabilitäts- und Kräftigungsübungen, unter anderem auf Wackelbrettern und Weichschaummatten. Waren die Trainer entsprechend instruiert, konnte durch das Programm „die Elf“ die Zahl der Knieverletzungen deutlich reduziert werden.
Aus den USA stammt ein anderes Programm, das ohne Hilfsmittel auskommt. Das PEP (Prevent Injuries and Enhance Performance) Programm ist ein 30-minütiges Training, das aus Kräftigungsübungen, Stretching, sportartspezifischen Laufwegen und Richtungswechseln sowie plyometrischen Trainingsanteilen (Reaktivkraftübungen) besteht. Auch dieses Programm ließ die Zahl der Verletzungen der unteren Extremitäten deutlich zurückgehen.
Wichtig ist vor allem, dass die Beinmuskulatur gekräftigt ist und frau gut aufgewärmt in jedes Training geht. Dann ist die Chance höher, dass sie vor dem Kreuzbandriss verschont bleibt.
Die „die Elf“ DVD kann man hier bestellen
Das PEP gibt es kostenlos als Download (englisch) auf www.aclprevent.com
Christian Riedel