Nominiert für den „Comeback of the Year“-Award von Laureus

Sophia Flörsch: „Die Kollegen wissen, dass ich schnell bin!“

Formel 3-Fahrerin Sophia Flörsch fährt wieder Rennen. Keine Selbstverständlichkeit, hatte die 19-jährige Münchnerin vor gut einem Jahr doch einen Horrorcrash auf der Formel 3-Strecke von Macau und dabei schwere Rückenverletzungen erlitten. Ihr Comeback auf der Rennstrecke hat ihr nun eine Nominierung für die Laureus World Sport Awards 2020 eingebracht – in der Kategorie „Comeback of the Year“. Im Rahmen einer Pressekonferenz beantwortete Deutschlands erfolgreichste Rennfahrerin nun die wichtigsten Fragen zu ihrem Comeback, zur Laureus-Nominierung und zur Gleichberechtigung im Rennsport.
Sophia, Sie sind 19 Jahre jung und haben schon ein aufsehenerregendes Comeback hinter sich, das Ihnen die Nominierung zum „Comeback of the Year"-Award von Laureus einbrachte. Was bedeutet das für Sie?

Sophia Flörsch: Das ist eine sehr große Ehre für mich, ich bin sehr dankbar dafür. Vor allem wenn man bedenkt, wer gemeinsam mit mir nominiert ist. Neben Tennisstar Andy Murray auch andere bedeutende Sportler, die schon viel erreicht haben in ihrer Karriere und auch Schicksalsschläge hinnehmen mussten.

Was erwarten Sie sich von der Preisverleihung in Berlin?

Sophia Flörsch: Ich freue mich, bei den World Sport Awards so viele Sportgrößen zu treffen. Vor allem darauf, mich mit Lewis Hamilton über seine Karriere, über Ups und Downs austauschen zu können.

Sophia Flörsch: Wie viel Mut hat es denn nach dem Unfall erfordert, überhaupt ins Auto zurückzukehren?

Sophia Flörsch: Ganz ehrlich? Überhaupt keinen Mut. Im Gegenteil, ich habe mich irrsinnig auf das Auto gefreut. Vom Unfall im November bis zu meiner Rückkehr ins Cockpit im März habe ich den Rennsport sehr vermisst, so eine lange Pause hatte ich in den 15 Jahren, in denen ich diesen Sport betreibe, noch nie. Für mich war schon unmittelbar nach dem Unfall klar, dass ich so schnell wie möglich in das Cockpit zurück möchte. Ich genieße nach wie vor jeden Rennkilometer, jeden Meter in einem Rennauto. Vom Gefühl her hat sich für mich also nichts verändert. Bei der Rückkehr auf die Unfallstrecke in Macao war es dann aber schon eine besondere Situation, da ich viele Menschen wieder getroffen habe, die sich nach dem Unfall um mich gekümmert haben.

Sophia Floersch Interview
Sophia Flörsch bei der Verleihung des "Goldenen Lenkrads" 2017 (©gettyimages)


Auch Rennfahrer-Legende und Laureus-Botschafter Mika Häkkinen hat über Sie gesprochen, ist beeindruckt von Ihrer mentalen Stärke und gratuliert Ihnen zur Rückkehr auf die Rennstrecke und zur Laureus-Nominierung. Was empfinden Sie angesichts eines Lobes aus solch berufenem Munde?

Sophia Flörsch: Das ehrt mich natürlich sehr. Ich denke, dass Video vom Unfall spricht für sich, zeigt, wie schlimm der Unfall war. Ich weiß, dass nicht nur ich, sondern auch die umherstehenden und beteiligten Personen, viel Glück hatten, dass nichts schlimmeres passiert ist. Aber wie gesagt, für mich hat sich dadurch eigentlich nichts verändert und der Motorsport ist nach wie vor mein Leben. Ich will meinen Traum weiterleben und meine Ziele verfolgen. Rückschläge passieren nun mal im Leben, da muss man einfach versuchen, das Beste draus zu machen.

Ihr Umgang mit dem Unfall und den Folgen – Sie hatten mehrere Wirbelbrüche und eine Wirbelkanal-Kompression – hört sich sehr abgeklärt und routiniert an. Gehört das zur Schulung von Rennfahrern, ist das Ihre unbekümmerte Art oder haben Sie bei der Rückkehr ins Cockpit auch mentale Unterstützung von außen erhalten?

Sophia Flörsch: Ich habe bisher noch nie mit einem Mentaltrainer oder ähnlichen Coaches zusammengearbeitet. Natürlich ist einem Rennsportler aber bewusst, was alles passieren kann. Auf der anderen Seite sind die Autos aber auch sehr sicher geworden, so dass Unfälle heute zum Glück oft glimpflich ausgehen. Das gibt auch uns Fahrern Sicherheit und wir lieben die Geschwindigkeit und zu einem Stückweit auch das Risiko, das damit verbunden ist.

Sophia Floersch unfall
Menschen 2018: Sophia Flörsch spricht mit Markus Lanz über ihren Unfall  (©gettyimages)


Für die nächste Saison haben Sie noch keinen Rennstall. Wie wichtig ist es für Ihre Karriere, noch ein Cockpit zu bekommen?

Sophia Flörsch: Das ist schon enorm wichtig, da der Rennsport natürlich recht kostspielig ist und man sich nur durch das permanente Fahren an die Formel-Serien gewöhnt. Deshalb ist es für mich auch sehr bedeutend, für den Laureus-Award nominiert zu sein. Das hilft mir hoffentlich auch, weitere Partner für die Zukunft zu finden, die an mich glauben und mich beim Fortgang meiner Karriere unterstützen. Aber es sind momentan auch noch 21 von 30 Cockpits in der Formel 3 nicht vergeben, und ich bin auch mit einigen Teams in Gesprächen.

Sie kämpfen seit geraumer Zeit auch für die Gleichberechtigung von Frauen im Rennsport. Was treibt Sie dazu an?

Sophia Flörsch: Ich bin der Meinung, dass eine Frau genauso schnell fahren kann, wie ein Mann. Egal ob in einem DTM-Wagen oder in einem Formel 1 Auto. Nur benötigen Frauen auch die gleiche Ausbildung, die gleichen Möglichkeiten, diese zu erhalten. Das beginnt schon im Kart-Sport und geht weiter bis in die Formel-Serien. Frauen können nun einmal nicht mit weniger Testtagen im Winter oder auch im Simulator die gleichen Zeiten fahren wie ein Mann, der die volle Unterstützung der Rennställe erhält. Genau deshalb werden Frauen im Rennsport dann aber immer wieder schnell abgeschrieben, obwohl das objektive Gründe hat, dass sie noch nicht so schnell sind. Nur wenn dort Chancengleichheit herrscht, könnten andere Frauen wie Tatiana Calderón und ich zeigen, was in uns steckt.

Sie nehmen bei diesen Themen kein Blatt vor den Mund...

Sophia Flörsch: Unter dem Strich ist es ja nur die Wahrheit, die ich sage. Leider gab es noch nie eine Frau, die sich auf höchstem Niveau beweisen durfte. Ich glaube nicht, dass das an fehlendem Talent lag, sondern wie erwähnt an der Ausbildung, die anders verläuft.

Wie geht denn die männliche Konkurrenz mit der Tatsache um, dass Sie eine Frau sind?

Sophia Flörsch: Im Laufe der Zeit immer besser, aber das muss man sich auch durch gute Ergebnisse erarbeiten und da geht es den Jungs auch nicht anders. Im Kart-Sport gab es da schon noch blöde Sprüche, aber mit Kollegen wie Mick Schuhmacher, der ja ein wenig älter ist als ich, verbindet mich ein respektvolles Verhältnis. Wir kennen uns ja auch schon seitdem wir acht, neun Jahre alt waren, fahren lange gegeneinander und da wissen die männlichen Kollegen schon, dass ich schnell bin.

Hintergrund

Sophia Flörsch kollidierte beim Formel 3-Rennen am 18. November 2018 in Macau bei einer Geschwindigkeit von etwa 276 km/h seitlich mit einem anderen Fahrzeug. Nach dem Bruch der vorderen und hinteren Radaufhängung auf der linken Seite des Wagens verlor sie die Kontrolle über ihr Fahrzeug, rutschte rückwärts an der Streckenbegrenzung entlang. Ausgehebelt durch die Curbs der nächsten Kurve hob ihr Fahrzeug ab, streifte einen anderen Wagen am Überrollbügel, durchschlug einen Begrenzungszaun und prallte rückwärts gegen ein Podest, auf dem sich mehrere Fotografen befanden. Sophia Flörsch war nach dem Unfall ansprechbar, hatte aber Rückenverletzungen. Bei der folgenden Operation mussten mehrere Wirbelbrüche und eine Kompression des Wirbelkanals behoben werden.

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