Interview mit Munkhbayar Dorjsuren
- Derk Hoberg
netzathleten: Munkhbayar, wie geht es Dir denn jetzt, so kurz vor dem Wettkampf? Bist Du nach so vielen Meisterschaften eigentlich immer noch nervös vor einem Turnier?
Ich bin schon noch etwas nervös vor dem Wettkampf! Besonders, da heute die Luftpistole dran ist, und ich nicht mehr so in der Übung damit bin. Ich kam am Montag erst von den Militärmeisterschaften aus Zagreb zurück, und dort wurde nur mit der Sportpistole geschossen. Deshalb kam ich nicht viel zum trainieren mit der Luftpistole, und wußte nicht so genau, woran ich bin.
netzathleten: Erkläre uns doch kurz: Was ist der große Unterschied zwischen der Sport- und der Luftpistole?
Bei der Luftpistole hat man 40 Schuss plus Probeschüsse. Dafür hat man 75 Minuten Zeit, die man sich selber einteilen kann. Die Entfernung auf die Zielscheibe beträgt 10 Meter. Pro Schuss kann man maximal 10 Punkte erreichen. Nach diesem Durchgang treten die besten acht im Finale gegeneinander an. Hier hat man noch mal 10 Schuss, wobei auch die Zehntel-Punkte hinzuzählen. Der 10er Ring ist nur 0,9cm groß.
Bei der Sportpistole schießt man 30 + 30 Schuss mit dem Kleinkaliber. Zuerst schießt man 30-mal auf eine Präzisionsscheibe. Danach hat man noch einmal 30 Schuss auf Zeit, wobei man pro Schuss nur drei Sekunden hat. Die Distanz hierbei ist 25 Meter. Das Ganze findet draußen statt. Der 10er Ring ist bei der Sportpistole 5 cm groß.
netzathleten: Du hast gerade eben 385 Ringe geschossen, das bedeutet im Moment den 1. Platz – Wie zufrieden bist Du mit Deiner heutigen Leistung und was ist Dein persönliches Ziel?
Ich bin sehr zufrieden. Mein Ziel war nicht unbedingt zu gewinnen, sondern über 380 Ringe zu schießen, und das hab ich geschafft.
netzathleten: Wie lange und intensiv hast Du für die Deutsche Meisterschaft trainiert? Wie sah Deine Vorbereitung denn so aus?
Man kann nicht generell von einer richtigen Vorbereitung oder einem bestimmten Training sprechen. Ich hatte in den letzten Monaten einfach schon viel mit der Sportpistole zu tun, als ich auf anderen Turnieren war. Durch diese Turniere bereite ich mich dann immer auf den nächsten Wettkampf vor. Die Luftpistole habe ich leider etwas vernachlässigt. Deshalb gab es dann eben eine kurzfristige „Notvorbereitung“ auf den heutigen Tag.
netzathleten: Dein Ziel ist Olympia 2012 in London. Inwieweit spielte die Vorbereitung auf die Deutsche Meisterschaft schon eine Rolle für die Teilnahme an Olympia? Oder fängt die Olympiavorbereitung erst nach der deutschen Meisterschaft an?
Die Vorbereitung hat noch nicht offiziell angefangen. Es finden ja auch alle 4 Jahre die Weltmeisterschaften in unserem Sport statt. Nächstes Jahr wird die WM in München ausgetragen. Dort müssen sich die Schützen dann erst einmal für Olympia 2010 qualifizieren. Von daher gibt es somit keine direkte Vorbereitung auf die Olympischen Spiele.
netzathleten: Welche Chancen rechnest Du Dir nächstes Jahr bei den Weltmeisterschaften und danach in London bei den Olympischen Spielen aus?
Es wäre schön, wenn ich bei den Weltmeisterschaften eine Medaille gewinne. Bei den Olympischen Spielen ist das Minimum die Wiederholung meiner Bronzemedaille.
netzathleten: Du bist nun schon seit ungefähr 20 Jahren erfolgreiche Schützin – wie sehen für Dich die nächsten 20 Jahre aus?
Auf jeden Fall sehe ich mich nicht mehr als aktive Schützin. Ich könnte mir aber sehr gut vorstellen, als Trainerin zu arbeiten.
netzathleten: Gibt es einen bestimmten Zeitpunkt, an dem Du sagen könntest: „Jetzt ist Schluss mit Schießen“? Zum Beispiel im Falle eines Olympiasieges 2012, getreu dem Motto: Man soll aufhören wenn es am schönsten ist?
Ja, das wäre wirklich ein Höhepunkt – ein brillanter Abgang sozusagen. Ein Beispiel wäre auch letzte Woche der Titel bei den Militärweltmeisterschaften gewesen.
netzathleten: Du hast in Deiner langen Karriere schon einiges erlebt. Erzähl uns und den Lesern doch mal eine kurze Geschichte, die Dir in Erinnerung geblieben ist – sei es eine lustige, eine peinliche, oder was Dir gerade einfällt!
Da fällt mir in der Tat etwas ein. In Athen 2004 lag ein Schütze auf dem ersten Platz, hat aber bei seinem letzten Schuss auf die Nachbarscheibe geschossen und wurde am Ende nur Achter. Mir ist so etwas einmal auf einer kleinen Bezirksmeisterschaft passiert. Allerdings waren es dort nur 25 Meter Entfernung, was eigentlich sehr nah ist. Ich hab es selber nicht gemerkt. Erst als die Ergebnisse da waren, dachte ich mir: Was ist da los, dass mir ein kompletter Schuss fehlt?
netzathleten: Themawechsel: Der Schießsport hat – wie hier in der Halle zu sehen - äußerst viele Anhänger, konnte aber irgendwie nie den Status vom Fußball oder Tennis erreichen. Was glaubst Du, woran das liegen könnte?
Ich denke, da Fußball eine Mannschaftssportart ist, haben die Kinder dort mehr Freunde und einen leichteren Einstieg. Aber auch der finanzielle Hintergrund spielt eine Rolle. Auf der anderen Seite ist oft der erste Gedanke beim Schießsport mit Waffen und Munition verbunden: Ist das gefährlich? Was auch viele nicht verstehen, ist, mit welcher Präzisionskunst wir in dieser Sportart schießen müssen.
netzathleten: Heute bist Du im Moment auf dem ersten Platz und hast alle Chancen den Luftpistolen-Bewerb zu gewinnen. Morgen steht noch die Sportpistole auf dem Programm. Was erhoffst Du Dir dort?
Ich räume mir auf jeden Fall noch bessere Chancen ein als heute, da ich die Sportpistole bevorzuge. Ich möchte natürlich in dieser Disziplin Deutsche Meisterin werden.
Das netzathleten-Team bedankt sich für das Interview und wünscht noch viel Glück für die Weltmeisterschaft und Olympia 2012!
Das Interview führten Andreas Gruhler und Sabrina Schaich.