Powerboat für Anfänger – Interview mit Sebastian Tietz ADAC

Powerboat für Anfänger – Interview mit Sebastian Tietz

  • Christian Riedel
Wenn Kartfahren für Autorennfahrer der Einstieg in die Formel1 ist, ist die ADAC Powerboat School der Anfang für viele Motorboot-Fahrer. Im Interview erzählt Sebastian Tietz, Serienkoordinator für den ADAC Motorbootennsport, was das Faszinierende bei Motorbootrennen ist und warum es jeder einmal ausprobieren sollte.

netzathleten: Was genau ist die ADAC Powerboat School?
Sebastian Tietz:
Die ADAC Powerboat School existiert schon seit einigen Jahrzehnten und ist im Prinzip der Einstieg in den Motorboot-Rennsport. Der ADAC deckt eigentlich alle Bereiche des Motorsports ab. Vom Einstieg im Kart über Motorrad bis zum Motorboot – von Breiten- und Nachwuchssport bis hin zu WM-Veranstaltungen. Wer sich für den Motorbootsport interessiert, kann in der ADAC Powerboat School testen, wie es sich anfühlt, am Steuer eines Rennbootes zu sitzen und ob es der richtige Sport für einen ist. In der Regel bieten wir pro Jahr zwei Lehrgänge an. Das sind sozusagen Schnupperkurse für angehende Rennboot-Fahrer. Ich muss keine Voraussetzungen haben, brauche keinen Bootsführerschein und kann einfach nur fahren. In der Regel schaffen wir drei Durchgänge, sodass jeder Teilnehmer auch rund eine halbe Stunde fahren kann und nicht nur zuschauen muss. Im Anschluss kann dann jeder entscheiden, ob er weitermachen will.

netzathleten: Und wie läuft so ein Tag in der Powerboat School ab?
Sebastian Tietz:
Wir fangen erst einmal mit ein wenig Theorie an und stellen die Crew vor, wo einige Welt- und Europameister dabei sind. Dann gibt es eine Stunde vertiefende Theorie, zum Beispiel wie ein Rennboot funktioniert und wie es sich fährt, worauf man achten muss und welche Regeln man beachten muss. Und dann kann sich jeder schon einmal einen Renn-Overall und das übrige Equipment wie Helm, Rettungsweste und Headset anziehen und sich ans Steuer eines Rennboots setzen. Und dann geht’s los.

netzathleten: Mit was für einem Boot dürfen die Teilnehmer in der Powerboat School fahren?
Sebastian Tietz:
Wir fahren mit Schulungsbooten mit offenem Cockpit. Das sind Holzboote mit speziell verstärkten Seitenwänden. Die Boote waren zwischen 1999 und 2010 im Renneinsatz. Die Boote haben einen 40 PS Motor und einen einheitlichen Propeller. Die Boote sind sicher abgestimmt und auch der Kurs ist etwas kleiner abgesteckt, um die Leute ans Fahren zu gewöhnen.

netzathleten: Aber man kann mit den Booten schon einen richtigen Eindruck gewinnen, wie sich Rennen fahren auf dem Wasser anfühlt?
Sebastian Tietz:
Vom Prinzip ja. Bei der Powerboat School sind die Geschwindigkeiten so um die 60, 70 km/h wenn einer mal gut drauf ist und der Instruktor der Meinung ist, dass das bei einem Fahrer gut aussieht, dann kann man auch schon mal 80-85km/h erreichen. Wenn ein guter Fahrer bei guten Bedingungen am Steuer von unseren Schulungsbooten sitzt, kann er bis zu 115km/h schnell fahren. Das schafft man bei der Powerboat School aber nicht, da dafür der Kurs auch nicht geschaffen ist. Hier fangen wir eher klein an.

netzathleten: Wie schwierig ist es, Powerboat zu fahren?
Sebastian Tietz
: Ich würde nicht sagen, dass es schwierig ist, ich würde sagen, es ist etwas Besonderes. Wir fahren mit einem Katamaran, da ist das Fahren relativ einfach umzusetzen. Wie beim Auto ist rechts das Gas, eine Bremse oder eine Gangschaltung haben wir nicht. Ich kann den Winkel des Motors verändern, dann wird es mit dem Bezug aufs Gas geben schneller oder langsamer. Und das war´s dann eigentlich auch schon. Der Rest ist Übung und Gefühl. Ich muss das Gefühl bekommen, was passiert, wenn das Boot sich auf das Luftpolster legt und wie ich das Boot dann bestmöglich auf dem Wasser balanciere. Man kann das Boot hier schon fast mit einem Flugzeug vergleichen, das ja auch auf einem Luftpolster liegt. Faktoren wie Wind und Wellen sind extrem wichtig und darauf muss man als Fahrer achten.

netzathleten: Ist das dann nicht gefährlich?
Sebastian Tietz:
Man muss auf jeden Fall Respekt haben. Das versuchen wir den Leuten in der Powerboat School auch beizubringen. Aber Angst muss man nicht haben.

netzathleten: Welche Ziele habt ihr in der Powerboat School?
Sebastian Tietz:
Zum einen möchten wir den Leuten Spaß am Rennboot fahren vermitteln. Zum zweiten ist es für viele spätere Rennfahrer der Einstieg in einer der verschiedenen Rennserien. Viele Fahrer, die später Rennen gefahren sind oder sogar Weltmeister geworden sind, sind durch die ADAC Powerboat School gegangen. Das ist einmalig in Europa und der Welt. Insofern sichten wir auch Talente, die vielleicht später den Einstieg in die Rennserie wagen wollen.

netzathleten: Und an wen ist das Angebot mit der ADAC Powerboat School gerichtet?
Sebastian Tietz:
Mitmachen kann jeder. Unsere Zielgruppe ist eigentlich zwischen 14 und 26. Aber wir haben keine Altersbeschränkung. Wenn einer nicht viel größer ist als 1,90m und nicht schwerer als 95kg, also wenn er ins Cockpit passt, kann er oder sie auch an der Motorboot-Schulung teilnehmen. Mit ein bisschen Kleingeld und der nötigen Zeit kann jeder mitmachen und Spaß haben. (Die ADAC Powerboat School kostet 49,- Euro für Teilnehmer von 14-25 Jahren und 79,- ab 26 Jahren; Anm. d. Red.)

netzathleten: Was ist für Dich noch das Faszinierende am Powerboat fahren?
Sebastian Tietz:
Es sind mehrere Faktoren. Wenn man es mit dem Automobilsport vergleicht, bei dem man eine Straße hat, die glatt ist, kann man sich auf die Bedingungen einstellen, weiß, wo der Bremspunkt ist. Beim Motorboot ist das Element Wasser, das heißt, jeder Zentimeter ist anders. Der Wind kommt aus verschiedenen Richtungen und verändert das Wasser. Ich sehe ihn aber nicht und muss ihn daher ganz anders einschätzen. Der Fahrer ist hier auf seinen Radioman angewiesen, der einem über Funk vom Ufer aus Hilfestellung leistet. Dieses Spiel, das Boot perfekt aus dem Wasser zu heben und auf das Luftpolster zu legen, den Versuch, eine perfekte Runde zu fahren, die es niemals geben wird, ist die Faszination. Dass man bei Rennen in schönen Locations ist, wie Stauseen oder Badeseen, auf Flüssen wie Rhein oder Mosel, also dass wir da Rennen fahren, wo andere Urlaub machen, ist nur ein weiterer Faktor.

netzathleten: Was würdest Du Interessenten empfehlen?
Sebastian Tietz:
Mein Rat ist, sich einfach mal anmelden und ausprobieren. Jeder muss das Gefühl selber erleben. Ich kann zwar viel erzählen und sagen, wie toll das ist, aber im Endeffekt muss es jeder für sich selber einmal erlebt haben.

Mehr Infos gibt es unter www.adac-motorsport.de/schulen/de/motorboot/static/

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