Interview mit VfB-Sportdirektor Fredi Bobic
- Nils Borgstedt
netzathleten.de: Herr Bobic, es wird viel diskutiert in den letzten Monaten und Jahren – Fans gegen „Verein”. Wie schwer ist es denn aus Sicht des Vereins, Tradition, Fankultur und Sicherheitsbestimmungen von DFB oder UEFA unter einen Hut zu bringen?
Fredi Bobic: Das ist nicht einfach. Es gibt immer wieder verschiedene Interessengruppen. Das ist im Sport generell so, aber im Fußball ist das extrem. Die Fans haben ihre Wünsche, ihre Vorstellungen, sie wollen Tradition pflegen, wollen mitbestimmen. Das ist klar. Andererseits wollen sie auch Erfolg haben, hassen trotzdem die Kommerzialisierung im Fußball. Es gibt immer wieder Pro und Contra auf beiden Seiten. Ich glaube, das Entscheidende ist die Kommunikation. Wie kommuniziert man miteinander und wie versucht man Dinge umzusetzen? Man muss es auch schaffen, dem Fan ein gutes Gefühl zu geben, wenn er ins Stadion geht: Hey das ist mein Verein und da hab‘ ich Bock drauf und wir konnten mitgestalten. Ich kann nur Stuttgart als Beispiel nennen. Als wir das Stadion umgebaut haben, waren die Fans komplett mit im Boot. Sie konnten die Fantribüne mitgestalten, wie sie sie haben wollten. Damit hat man natürlich vieles erreicht. Aber: Man wird trotzdem nie alle glücklich machen.
netzathleten.de: Damit ist Stuttgart einen anderen Weg gegangen, als beispielsweise München. Dort treten derzeit ja entsprechende Probleme mit den Stehblöcken auf. (Das Interview wurde vor den letzten Heimspielen des FC Bayern mit freier Blockwahl geführt, Anm. d. Red.)
Fredi Bobic: Ja, das stimmt. Das sieht auch bisschen blöd aus, muss ich sagen. Die Fans stehen da hinter dem Tor und dort hinter dem Tor, das ist irgendwie ein bisschen…. Aber gut. Wir haben das erkannt, wir haben es anders gemacht. Vielleicht haben wir auch durch das eine oder andere „Projekt Stadionneubau“ gelernt, dass man nur Probleme kriegt, wenn man die Fans nicht mit ins Boot holt. Deswegen war es uns wichtig, die Fans dabei zu nehmen.
netzathleten.de: Nicht nur beim Stadionbau müssen sich Vereine mit den Fans auseinandersetzen. Immer wieder gibt es Fans, die ihrem Unmut Luft machen, manchmal auch auf Kosten von Spielern der eigenen Mannschaft. Haben Sie damit auch Erfahrungen gemacht?
Fredi Bobic: Klar, mit Sicherheit. Bei mir war das manchmal auch noch viel extremer. Es gibt immer den einen oder anderen, der von den Zuschauern mal rausgepickt wird. Aber ganz ehrlich: Auch das ist nichts Außergewöhnliches. Das gab es in den Siebzigern, in den Achtzigern, in den Neunzigern, das gibt es jetzt. Der entscheidende Punkt ist: Wie wird darüber berichtet und wie häufig wird darüber berichtet. Es legt sich ja auch mit der Zeit wieder. Der Sport ist eben so. Er feiert seine Helden und ist manchmal auch gnadenlos gegen seine Verlierer. Damit muss man klarkommen als Sportler. Das ist sehr, sehr schwierig. Manche schaffen das nicht und werden deswegen auch keine große Karriere machen. Aber da musst du durch. Entscheidend ist die Betrachtungsweise. Heutzutage wird alles extrem aufgenommen und auseinander genommen. Das ist so. Ich bin seit Anfang der Neunziger dabei und die Medienlandschaft im Fußball hat sich komplett verändert. Und das ist auch nicht schlimm. Aber viele Kleinigkeiten werden sehr wichtig genommen.
netzathleten.de: Zu wichtig?
Fredi Bobic: Zu wichtig. Absolut. Weil das Leben viel wichtiger ist. Die eigentlichen Probleme, die wir in der Gesellschaft haben, sind viel, viel entscheidender, als die Frage, welchen Kopfhörer ein Fußballer trägt.