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Deutsche Marathonmeisterin 2012 – Interview mit Spitzenläuferin Susanne Hahn

  • Martin Imruck
Sie hat Deutschland bei den olympischen Spielen in Peking (2008) und in London (2012) als Spitzenläuferin vertreten. Die Rede ist von Susanne Hahn (34). Im Interview hat netzathleten mit der frisch gebackenen Deutschen Marathonmeisterin über ihre Karriere, besondere Olympia-Momente und Zukunftspläne gesprochen.

netzathleten: Susanne, Du bist es gewohnt bei großen Events an den Start zu gehen. Du bist bei zwei Olympischen Spielen gestartet und viele weitere internationale Höhepunkte gelaufen. Erst letztes Wochenende hast Du die deutschen Marathonmeisterschaften gewonnen. Wie verlaufen Planung und Vorbereitung auf ein solches Laufevent?

Susanne Hahn: Bei den deutschen Meisterschaften war es dieses Jahr etwas Besonders, weil ich ja zehn Wochen nach den Olympischen Spielen in London nochmal gestartet bin. Normalerweise hat man einen konsequenten Vorbereitungszeitraum von einem viertel Jahr. Es sind also in der Regel drei Monate, die man auf ein großes Ereignis hintrainiert, um dort dann in Topform zu sein. Die deutschen Meisterschaften waren für mich daher mehr oder weniger eine Zugabe. Deshalb ist vor einem solchen Rennen auch eine andere Lockerheit vorhanden, als beispielsweise bei Olympia. Trotzdem bin ich natürlich sehr zufrieden mit dem Sieg und dem Streckenrekord, den ich in München aufgestellt habe.

netzathleten: Worauf achtest Du am Abend und am Morgen vor einem Rennen besonders?

Susanne Hahn: Ich achte vor allem darauf, dass ich genug esse. Allerdings auch nicht zu viel, sodass ich abends dann auch schlafen kann. Insgesamt versucht man alles möglichst ruhig angehen zu lassen. Für gewöhnlich lege ich mir am Nachmittag oder frühen Abend vor dem Rennen meine Sachen zurecht und packe alles. Durch die Vorbereitung muss ich mich im Optimalfall am Renntag um Nichts mehr kümmern und mir keine Gedanken machen. Ich muss nur noch schauen, wie ich zum Start komme. Meistens esse ich vier Stunden bevor der Startschuss erfolgt. Dann gehe ich nochmal kurz raus, frische Luft schnappen. Mehr will ich dann vor einen Rennstart aber auch nicht mehr machen.

netzathleten: 2011 hast Du die Olympianorm geschafft und durftest in London beim Marathon an den Start gehen. Viele der Athleten sprachen von der tollen Atmosphäre während der Spiele, im Stadion, aber auch entlang der Straßen. Wie war Dein Eindruck während des Rennens? Hat man den Kopf so frei, dass man etwas von der Stimmung mitbekommt?

Susanne Hahn: Leider nur wenig. Man kriegt natürlich die Rufe von außen mit und da muss ich sagen, dass ich noch nie so viele „Deutschland“- und „Germany“ –Rufe gehört habe. Vor und nach dem Rennen, sowie auf den Fotos bekommt man natürlich ein bisschen mit, was um einen los war. Trotz des Regens waren unglaublich viele Leute da, die in Zweier- oder Dreierreihen an der Strecke standen. Aber auch insgesamt war die Atmosphäre bei Olympia wirklich offen und herzlich. Es war für mich eine riesige Stimmung und ein sehr cooles Erlebnis. Gerade im Gegensatz zu Peking 2008, wo doch alle sehr auf Genauigkeit und Strenge bedacht waren.

netzathleten: Mit Sicherheit macht man während der olympischen Spiele auch außerhalb des Stadions Erfahrungen, die besonders in Erinnerung bleiben. Gibt es daher auch für Dich ein besonderes Olympia-Erlebnis?

Susanne Hahn: Es gibt eine Sache, die ich wirklich völkerverständigend schön fand. Ich habe nach meinem Start noch einige Dauerläufe im olympischen Dorf gemacht. Bei einem bin ich auf eine Peruanerin aufgelaufen, mit der ich mich kaum verständigen konnte. Ich spreche leider kein Spanisch und sie verstand weder Deutsch noch Englisch. Trotz allem haben wir am Ende unseres Laufes die Trikots getauscht. Das war sehr schön, weil genau das Olympia ausmachen soll. Leider erlebt man das nicht zu jeder Zeit.

netzathleten: Du hast Dich nach Olympia kritisch über die Deutschen Marathon-Veranstalter geäußert, weil diese Deiner Ansicht nach zu wenig Interesse an deutschen Spitzenläufern zeigen und diese nicht zu den entsprechenden Läufen einladen. Was bedeutet das für Dich als Läuferin und denkst Du über Alternativen nach?

Susanne Hahn: Nach Olympia war ich vor allem enttäuscht von den deutschen Marathon-Veranstaltern. Denn weder Frankfurt noch Köln hatten Interesse, dass ich dort laufe. Und das, obwohl man bei Olympia für Deutschland gelaufen ist und dort die deutsche Marathonbewegung als Spitzenläuferin vertreten hat. Dieses Desinteresse deute ich schon als ein Stück Undankbarkeit. Für mich persönlich ist das auch demotivierend, wenn ich hier in Deutschland an keinem Marathon unter den entsprechenden Bedingungen laufen darf. Deshalb hoffe ich, dass sich dieses Problem im Frühling gibt und man dann wieder in entsprechende Startfelder reinkommt. Ansonsten werde ich wieder auf kürzeren Distanzen laufen.

netzathleten: 2013 findet die Leichtathletik Weltmeisterschaft in Russland statt. Werden wir Dich in Moskau dann wieder an der Startlinie zum Marathon sehen?

Susanne Hahn: Ich plane nicht wirklich mit einem Marathonstart in Moskau. Es wird dort wieder viel zu heiß sein wird, um einen anständigen Marathon laufen zu können. Zum einen bin ich keine Hitzeläuferin und zum anderen habe ich persönlich wenig davon, wenn ich bei einer Weltmeisterschaft laufe. Das klingt vielleicht etwas abwertend, aber es ist für uns Marathonläufer oft eine persönliche Entscheidung bei einem solchen Höhepunkt zu laufen, da man dort auch kein Geld verdienen kann. Da laufe ich lieber einen Frühjahres- oder Herbstmarathon. Natürlich ist aber eine Weltmeisterschaft oder Olympia vom Feeling her was ganz anderes als ein Stadtmarathon. Daher liebäugele ich an sich mit einem Start über 10 Kilometer in Moskau. Der Vorteil solch kurzer Strecken ist, dass man diese auch öfter laufen kann und danach nicht die nächsten zwei Wochen auf dem Zahnfleisch geht.

netzathleten: Neben den großen Ereignissen hat man natürlich auch immer die Gelegenheit bei kleineren Läufen zu starten. Worauf legst Du bei der Planung Wert?

Susanne Hahn: Natürlich sind die großen Höhepunkte präsent. Die Feinplanung übernimmt dann aber mein Mann, weil er als mein Trainer auch einen guten Überblick hat. Er schaut, was sich machen lässt. Als Orientierung dienen ganz klar die Höhepunkte, aber es kann auch mal sein, dass ich irgendwo auf dem Dorf laufe, weil das gerade in die Vorbereitung passt.

netzathleten: Deine Bestzeit resultiert aus dem Jahr 2011. In Frankfurt hast Du dabei mit 2:28:49 auch die Olympia-Norm gepackt. Ist es Dein Ziel diese Zeit nochmal in Angriff zu nehmen und zu knacken?

Susanne Hahn: Ehrlich gesagt, wollte ich in meiner Karriere schneller laufen, aber es gibt in einer Läuferkarriere auch immer Sachen, die nicht in Erfüllung gehen. Ich bin jetzt erstmal froh, dass ich bei zwei olympischen Spielen dabei war und dass ich es immer geschafft habe, mich für die internationalen Höhepunkte zu qualifizieren, bei denen ich es versucht habe. Trotzdem hätte ich die Zeit gerne bei einer 2:26 oder 2:27 und es wäre für mich nochmal ein Traum, wenn mir das gelingen würde.

netzathleten: Wir wünschen Dir dabei viel Erfolg und vielen Dank für das Interview.

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