Interview mit Heiner Geißler: Berge – Die Alternative zur Politik
- Derk Hoberg
Ein Leisetreter war er nie. Heiner Geißler eckte immer wieder an. Er legte sich mit der politischen Linken, aber gerne auch mit den Kollegen aus der eigenen Partei an. So verhinderte sein seit dem Mauerfall spannungsgeladenes Verhältnis zu Altkanzler Helmut Kohl wohl weitere Ämter und Würden in der deutschen Politik. Zudem ist der CDU-Politiker seit 2007 auch Mitglied des globalisierungskritischen Netzwerks Attac. Polarisieren gehört folglich zu seinem beruflichen Lebensweg, wie das Bergsteigen, Klettern, Gleitschirmfliegen und Wandern zu seinem Privaten. Bei diesen Betätigungen suchte er die Ruhe und den nötigen Ausgleich zum anstrengenden Tagesgeschäft in der Politik.
Kleine Philosophie der Passionen: Bergsteigen
Noch immer engagiert er sich aber im Falle gesellschaftlicher Streitigkeiten, so wie unlängst im Konflikt um das umstrittene Bahnprojekt „Stuttgart 21“ als Schlichter sowie für die Stärkung der Demokratie und Menschenrechte. Auch in seinem aktuellen Buch „Sapere aude! Warum wir eine neue Aufklärung brauchen“, das auf der Leipziger Buchmesse vorgestellt wird, gibt er sich gewohnt kämpferisch.
Es ist sein insgesamt 18. Werk, von denen zahlreiche bereits die Bestsellerlisten stürmten. Darunter auch das 1997 erschiene Buch „Bergsteigen – Kleine Philosophie der Passionen“, in dem es, wie der Titel schon sagt, ausnahmsweise einmal nicht um Politik geht. Er philosophiert darin über seine große Leidenschaft, das Bergsteigen. Außerdem spricht er über die Werte, die es vermitteln kann, worauf es beim Bergsteigen ankommt und welche Parallelen es zur Politik gibt.
Heiner Geißler ist auch heute noch häufig in den Bergen unterwegs, wie er uns im Anschluss an einen Auftritt auf der Münchner Reise- und Freizeitmesse „Free“ verriet:
Das Interview mit Heiner Geißler
netzathleten: Herr Geißler, ich nehme an, die wenigsten wissen, welch passionierter Bergsteiger Sie sind…
Heiner Geißler: Doch, das wissen viele. Zumindest andere Bergsteiger (lacht).
netzathleten: Wie und wo haben Sie denn mit dem Bergsteigen begonnen?
Heiner Geißler: Ich habe schon mit neun Jahren angefangen, richtig zu klettern. Zunächst auf der Schwäbischen Alb, im Donautal, und später ging es dann in die Allgäuer Alpen.
netzathleten: Welcher war denn der schönste oder der schwierigste Berg, den Sie erklommen haben?
Heiner Geißler: Generell muss ich sagen, dass ich die Dolomiten für die schönsten Berge der Welt halte. Dort war ich natürlich auch oft unterwegs. Ein sehr schöner, aber auch sehr anspruchsvoller Berg ist jedoch sicherlich das Schreckhorn. Ein 4000er im Berner Oberland, der mir noch gut in Erinnerung ist. Die Tour zum Südpfeiler des Schreckhorns (Anm. d. Red.: Schwierigkeit: SS, V- /Frz. Skala: TD; mit V-. UIAA-Grad Felskletterei, Zeitaufwand: 8½-9½ Stunden) kletterte ich einmal mit meinen Söhnen. Das war damals erst die vierte oder fünfte Begehung, darauf bin heute noch sehr stolz.
netzathleten: Wie häufig trifft man Sie heute noch in den Bergen?
Heiner Geißler: Noch immer recht oft, das lässt mich nicht mehr los. Erst kürzlich war ich mit den Skiern im Allgäu unterwegs. Meine Fingerspitzen sind heute immer noch ein wenig taub, da ich mir dort, bei den eisigen Temperaturen der vergangenen Wochen, leichte Erfrierungen an den Händen zugezogen habe.
netzathleten: Inwieweit haben Ihnen denn die Erfahrungen, die Sie beim Bergsteigen gemacht haben, im beruflichen Alltag helfen können?
Heiner Geißler: Wissen Sie, ich habe das ja nicht gemacht, damit mir geholfen wird. Es war jedoch immer eine klare Alternative zur Politik. Wann immer ich den Eindruck hatte, es lohnt sich nicht mehr in der Politik aktiv zu sein, ich mache da nicht mehr mit bei diesem Theater, war das also gar nicht so schlimm. Dafür konnte ich dann ja umso häufiger in die Berge gehen.
D. Hoberg traf Heiner Geißler auf der "Free"
netzathleten: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Geißler.