Interview mit Nachwuchsbasketballer Donatas Montiejunas istockphoto.com/Jeff Milner

Interview mit Nachwuchsbasketballer Donatas Montiejunas

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Donatas Motiejunas ist eines der Toptalente des Kontinents. Der Litauer erinnert von seiner Spielweise an Pau Gasol und Andrea Bargnani, will sich selbst aber nicht mit diesen NBA-Stars vergleichen. Stattdessen möchte sich der 20-Jährige kontinuierlich verbessern – unabhängig davon, ob er gedraftet wird oder nicht.

Crossover: Donatas, dein Team scheint besser im Eurocup als in der Serie A zu spielen. Was ist los bei euch in Liga?
Donatas Motiejunas: Ich weiß es nicht. Ich denke, dass der Eurocup-Level wesentlich höher liegt als in der italienischen Liga. Vielleicht ist es so, wie der Coach sagte: Wir Spieler haben zu Hause mentale Probleme. Wir spielen im Eurocup viel besser als bei uns in der Liga. Es ist ungewöhnlich, dass wir in der italienischen Meisterschaft Auswärtsspiele verlieren, die wir eigentlich gewinnen müssten. Wir geben uns irgendwie auf. Aber (im Eurocup) zeigen wir unseren wahren Charakter, haben eine wirklich starke Verteidigung und gewinnen.

Das Team steht im Viertelfinale (und trifft dort auf Göttingen). Es ist nur noch ein Schritt bis zum Eurocup Final Four vor eigenem Publikum. Wie groß wäre das für dich?
Ich denke, jedes Team würde das Final Four gern zu Hause austragen. Das Final Four ist das Beste. Die Halle wird vermutlich ausverkauft und die Unterstützung wild und verrückt sein. Das wird es schwer für die gegnerischen Teams machen und ein großer Vorteil für uns. Aber wir werden sehen, was passieren wird. Zunächst müssen wir es bis dahin schaffen.

Lass uns über den Sommer 2009 sprechen, als du dich entscheiden musstest, für welches Team du spielst. Hattest du damals gedacht, Litauen verlassen zu müssen, um dich selbst weiterzuentwickeln?
Ich habe das damals mit meinen Eltern entschieden. Es war eine sehr schwierige Entscheidung. Benetton Treviso versprach mir alles und gab mir auch alles. Jeder Manager dort unterstützte mich wie mein Vater. Das macht alles andere einfacher. Der Hauptgrund meines Wechsels war, dass sie mir das geben konnten, was ich von anderen europäischen Teams nicht bekommen hätte. Ich erhielt und bekomme weiterhin die volle Unterstützung bei Benetton. Damit bin ich sehr zufrieden.

Vor deinem Wechsel meintest du damals, dass Einsatzzeit ein wichtiger Faktor ist.
Das war für meinen Vater der allerwichtigste Grund. Auch mir war es wichtig, dass ich spiele. Es ist egal, was dir die Verantwortlichen versprechen oder was im Vertrag steht. Es war meinen Eltern und mir wichtig, dass ich spiele. Das war der wichtigste Faktor. Wenn ich sauschlecht spiele, stehe ich nur drei Minuten auf dem Feld. Das ist dann mein Problem. Aber wenn ich gut spiele, wollen meine Eltern nicht, dass ich auf der Bank sitze.


Wie hast du dich entwickelt, seitdem du Litauen verlassen hast?
Das erste Jahr war etwas schwierig. Ich hatte nicht wirklich einen wichtigen Platz im Team. Aber ich habe immer weiter hart an mir gearbeitet. In manchen Spielen kam es mir gar nicht so vor, als ob ich gespielt hätte. Es war ein ziemlich schweres Jahr. Aber in deinem ersten Jahr musst du ständig dein Bestes geben, dich weiter pushen und darfst nicht aufgeben. Als ich für diese Saison zurück nach Treviso kam, war es so, als käme ich zurück nach Hause.

In welchen Bereichen hast du dich in den vergangenen eineinhalb Spielzeiten am meisten verbessert und woran musst du noch am meisten arbeiten?
Das ist schwer zu sagen. In der letzten Zeit war ich nicht wirklich zufrieden mit meinem Spiel, aber es war wichtig, dass das Team gewonnen hat. Darauf kommt es an. Für mich ist es wichtig, dass wir gewinnen, weil ich in den letzten Jahren mein Bestes gegeben und hart gearbeitet habe, um mich zu verbessern. Manchmal gehe ich aber aufs Feld und es kommt mir so vor, als spielte ich überhaupt nicht. Das ist eine ziemlich schwere Situation für mich, aber ich weiß, dass ich sie mit harter Arbeit durchstehen kann. Das ist alles, worauf es ankommt.

Bei der U20-Europameisterschaft 2009 meintest du, dass du nicht auf den NBA Draft vorbereitet wärst: „In Europa sind die Spieler Monster. Aber in der NBA sind sie Giganten. Mit diesem Körper kann ich da nicht mithalten.“ Was denkst du heute, nach eineinhalb Jahren, darüber?
Auf Rhodos (Austragungsort der U20-EM 2009) setzte mich der Coach auf verschiedenen Positionen ein. Ich spielte auf der Fünf und auf der Vier. Bei Treviso meinte der Coach zu mir, dass ich keine Fünf bin und dass ich nie so kräftig werde wie andere Spieler, die dort auflaufen. Aber auf der Vier hätte ich alle Möglichkeiten. Ich sei schnell genug und hätte alle Anlagen in Sachen Athletik usw. Also könne ich nur eine Vier sein. Ich denke, dass ich auf meiner Position auch gut mit dem Rücken zum Korb spielen kann.

Die Spekulationen verhärten sich, dass in der NBA in der kommenden Saison ein Lockout sein wird. Wie denkst du darüber?
Wir werden sehen. Die Saison ist noch nicht vorbei und wir werden sehen, was passieren wird. Wenn es zu einem Lockout kommt, wenn ich gedraftet werden sollte – dann bleibt alles beim Alten. Ein weiteres Jahr in Europa wird sicherlich nicht schlecht für mich sein.

Du sagtest auch mal, dass du das europäische Mannschaftsspiel magst und nicht der größte Fan des Ein-Mann-NBA-Spiels bist. Mit der positiven Entwicklung des europäischen Basketballs und des Mannschaftsspiels stellt sich doch die Frage, warum du nicht einfach in Europa bleibst und nicht in die NBA wechselst?
Mein Ziel ist es, mich so gut wie möglich zu verbessern. Dabei ist der Ort am allerwichtigsten. Ich möchte, dass mir jemand die ganze Zeit zur Seite steht; der mir den Ball bein Training zupasst oder mir Ratschläge gibt, welche Moves ich anbringen soll. Für mich ist es wichtig, jetzt den nächsten Schritt zu machen.

In den NBA Mockdrafts 2011 wirst du zwischen dem siebten und zwölften Platz gelistet. Wie viel Aufmerksamkeit bringst du dem Gerede um den NBA Draft entgegen?
Ich achte nicht darauf. Ich bin niemand, der darauf Wert legt. Es ist nicht wichtig für mich, welcher Pick ich letztlich werde. Wenn ich gedraftet werde, wird die Zeit zeigen, ob ich mich dadurch weiter verbessern kann. Ich bin nicht der Typ, der einfach nur gedraftet werden möchte. Es gibt viele Beispiele für Spieler, die in den Top fünf gedraftet worden sind, aber nie ihre Ziele erreicht haben. Andererseits gibt es viele Musterbeispiele für Spieler, die nicht gedraftet worden sind, aber jetzt in der NBA spielen. Es ist wichtig, wie sehr du Basketball liebst und wie sehr du dich verbessern möchtest.

Wenn man sich Scouting-Reports von dir anschaut, stolpert man über Namen wie Pau Gasol und Andrea Bargnani. Welcher Spieler gleicht deiner Spielweise am meisten und warum?
Jeder redet davon, welchem Spieler ich gleiche oder an wen ihn meine Spielweise erinnert. Ich werde ganz anders sein als die Genannten. Ich habe viele Dinge aus der alten Schule gelernt. Als ich in der zweiten Mannschaft bei Zalgiris stand, war der Coach, der mir Moves beibrachte, 90 Jahre alt. Alles dort zählte zur alten Schule. Nun lerne ich von den Spielern, die ich mir im Fernsehen anschaue; ich schaue mir ihre Bewegungen ab. Ich vergleiche sie und baue sie in meine Spielweise ein. Aber ich denke, dass ich anders und einzigartig sein werde. Doch das wird die Zeit zeigen. Bisher habe ich noch nichts erreicht.

Ein anderer litauischer Spieler, der hoch im NBA Draft gehandelt wird, ist Jonas Valanciunas von Lietuvos Rytas. Verfolgst du seine Karriere und was denkst du über ihn als Spieler und Person?
Ich habe nicht mit ihm gespielt. Ich habe ihn nie wirklich getroffen. Wir grüßen uns, mehr nicht. Auch im Nationalteam haben wir nicht zusammen gespielt. Ich glaube, dass es ein großer Fehler ist – besonders von meinen Landsleuten –, dass sie uns miteinander vergleichen, obwohl wir zwei verschiedene Spielertypen sind. Ich denke, er ist ein ziemlich guter Spieler. Er zählt zum Jahrgang 1992 und spielt schon wie ein Großer. Wenn er weiter hart an sich arbeitet, liegt eine große Zukunft vor ihm – das sagt eigentlich jeder über ihn. Das weiß er auch selbst, aber es ist wichtig, dass er sich nicht von Kleinigkeiten ablenken lässt.

Du hattest es nicht in den Kader für die WM 2010 in der Türkei geschafft. Warst du darüber enttäuscht?
Wenn du es nicht in die Nationalmannschaft schaffst, ist es immer etwas enttäuschend. Aber ich hatte nach dem Ende der letzten Saison Behandlungen an der Achillessehne.

Was sagst du dazu, wenn du bei der Eurobasket 2011 in deinem Heimatland spielen würdest?
Daran will ich noch nicht denken. Nach der Saison bleibe ich in Treviso, um weiter zu trainieren und mich in diesem Sommer so gut es geht zu verbessern. Wir werden sehen, ob es in Italien oder in den USA weitergehen wird. Ich weiß jedenfalls, dass ich keine großen Ruhephasen haben werde.

Das Interview führte David Hein

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