Trainingstagebuch: Sinnvoll oder nicht? Torsten Bogdenand/pixelio.de

Trainingstagebuch: Sinnvoll oder nicht?

  • sport-und-training.de
Das Trainingstagebuch dient vielen Sportlern zur Wettkampfvorbereitung. Ein Konzept, das häufig bei der Trainingsanalyse zum Einsatz kommt, ist das so geannte TRIMP-Konzept. Worum es sich dabei handelt und ob ein Trainingstagebuch auch bei Mannschaftssportarten sinvoll ist, erfahrt ihr hier.

Warum die Messung der Trainingsbelastung so wichtig ist

Die Messung der Trainingsbelastung von Sportlern mithilfe des guten alten Trainingstagebuchs war für Trainer immer schon sehr wichtig. Alan Ruddock hingegen meint, dass sich die Kondition eines Sportlers nur schwer beurteilen lässt, wenn nicht auch die Daten über die physiologische Reaktion auf die Belastung aufgezeichnet werden.

Die Messung der Trainingsbelastung eines Sportlers durch die Überwachung physiologischer Parameter bietet dem Trainer die Möglichkeit, eine detaillierte Trainingshistorie zu erstellen, die die Grundlage für eine Leistungsbeurteilung ist. Mithilfe eines Trainingstagebuchs ist es beispielsweise möglich, Zusammenhänge zwischen dem Trainingsvolumen und einem Leistungsabfall zu erkennen und Vorkehrungen für das mögliche Auftreten eines Übertrainingssyndroms zu treffen.

Der Trainer kann hiermit aber auch die optimale Art, Intensität, Dauer und Häufigkeit des Trainingsreizes für die Erreichung einer maximalen aeroben Kapazität (VO2max) feststellen. Mithilfe von Aufzeichnungen über die bisherigen Trainingsbelastungen und physiologischen Testergebnisse, lässt sich feststellen, welcher Trainingsumfang für eine Verbesserung der aeroben Kapazität erforderlich ist. Eine erfolgreiche Überwachung und Auswertung des Trainings können eine Verbesserung der Leistungen des Sportlers bewirken.


Es gibt verschiedene Methoden zur Quantifizierung der „Trainingsbelastung“, u. a. eine Selbsteinschätzung der Trainingseinheiten durch den Sportler, einfache Berechnungen des Trainingsvolumens und die Herzfrequenzüberwachung, mit der am häufigsten gearbeitet wird. Die Überwachung der Trainingsbelastung wird heute allgemein als „Trainingsimpuls“ oder „TRIMP“ bezeichnet, ein Begriff, der 1975 von Bannister geprägt wurde. Seitdem wurde das TRIMP-Konzept mehrere Male modifiziert. Federführend war hierbei Carl Foster. Er führte eine Gewichtungskategorie auf der Basis eines Prozentsatzes der maximalen Herzfrequenz ein, die dann einen TRIMP-Wert ergibt. Außerdem arbeitete er mit der Methode des subjektiven Belastungsempfindens (RPE), bei der die Sportler ihre Belastung durch das Training selbst einschätzen.(1)

In unterschiedlichen Sportarten wurden verschiedene Methoden der Trainingsüberwachung zur Planung und Steuerung der Trainingsbelastung mit Erfolg angewandt. Diese Methoden sind jedoch von Herzfrequenz-Daten abhängig. Die Überwachung der Herzfrequenz (HF) ist zwar eine gültige und zuverlässige Methode, aber es kann zu Problemen kommen, wenn physiologische Reaktionen mittels der HF-Daten ausgewertet werden. Im niedrigen bis mittleren Geschwindigkeits-/Leistungsbereich verläuft die Beziehung zwischen der HF und dem Blutlaktatwert zum Beispiel linear. Mit zunehmender Belastungsintensität steigt die HF linear, der Blutlaktatwert jedoch exponentiell – d. h. hierbei kommt es zu unterschiedlichen physiologischen Reaktionen, die in der HF nicht alle reflektiert werden.


Frühere TRIMP-Methoden bewerten einen gewissen Prozentsatz der maximalen HF mit einem „Gewichtungsfaktor“, d. h. die Zeit in einer bestimmten Zone wird mit dem Gewichtungsfaktor multipliziert. Eine Forschergruppe aus Spanien wählte eine andere Methode. Sie gewichtete 3 physiologische Vorgänge auf der Grundlage von ein- und ausgeatmetem Sauerstoff und CO2.(2) Im Anschluss an einen Stufentest bis zur Erschöpfung kann man anhand der Sauerstoff- und der CO2-Kinetik 2 entscheidende Veränderungen bei der Ventilation erkennen, die verschiedene physiologische Ereignisse als Reaktion auf eine Erhöhung der Belastungsintensität darstellen (s. Abb. 1):
Der erste erkennbare Punkt ist die ventilatorische Schwelle (VT) – hier kann man die Reaktion des Körpers auf eine Störung der Homöostase infolge der sportlichen Belastung als Erstes wahrnehmen. Der zweite erkennbare Punkt ist der respiratorische Kompensationspunkt (RCP). Er gibt die Belastungsintensität an.

Damit die Metaboliten aus dem Körper befördert werden, muss man tief einatmen. Die spanischen Forscher untersuchten die VT und den RCP bei 8 auf nationaler und regionaler Ebene aktiven männlichen Läufern. Mithilfe der modifizierten TRIMP-Methode ermittelten sie folgende Gewichtungsfaktoren:
• Zone 1 – leichte Intensität, Herzfrequenz unterhalb der Belastungsintensität, bei der die VT erreicht wird; 1 Minute Training in Zone 1 wird mit 1 Punkt bewertet.
• Zone 2 – mittlere Intensität, Herzfrequenz zwischen der Belastungsintensität, bei der die VT erreicht wird, und dem RCP; 1 Minute Training in Zone 2 wird mit 2 Punkten bewertet.
• Zone 3 – hohe Intensität, Herzfrequenz über dem RCP; 1 Minute Training in Zone 3 wird mit 3 Punkten bewertet.

Nachdem die Trainingszonen festgelegt waren, mussten die Studienteilnehmer bei jedem Training einen HF-Messer tragen. Auf diese Weise wollte man die Beziehung zwischen Trainingsbelastung und Laufleistung beim wichtigsten Wettkampf der Saison (den nationalen Crosslauf-Meisterschaften) ermitteln. Über einen Zeitraum von 6 Monaten wurde bei jeder Trainingseinheit die Trainingsbelastung kontrolliert.
Die Ergebnisse zeigten, dass die Studienteilnehmer die längste Zeit (71 %) bei geringer Intensität (Zone 1) trainierten. Sie verbrachten 21 % ihrer Trainingszeit in der mittleren Zone (Zone 2) und 8 % im hochintensiven Trainingsbereich. In dieser Sportlergruppe gab es eine deutliche Beziehung zwischen der Zeit, die in Zone 1 trainiert wurde, und der Leistung in kurzen und langen Crossläufen. Die Sportler, die länger bei geringer Intensität trainierten (unterhalb der VT), schnitten in einem hochintensiven Rennen (30 Minuten ununterbrochenes Training in Zone 3) besser ab.


Das Fazit einer Studie britischer Wissenschaftler war, dass ein Training bei höherer Belastungsintensität höhere Gewichtungsfaktoren haben sollte, weil bei hochintensivem Training auch der physiologische Bedarf größer ist.(3) Im Rahmen eines Laufbandtests betrachteten sie den Blutlaktatwert und die HF und arbeiteten mit der so genannten „fraktionellen Erhöhung“ (fractional elevation) der Herzfrequenz. Sie konzipierten ein 5-Zonen-System, das die stärkere physiologische Belastung aufgrund einer hochintensiven Aktivität genauer widerspiegelt (siehe Tabelle 1).

Zur Berechnung der Trainingsbelastung wurde – ebenso wie bei den anderen TRIMP-Methoden – die Gesamttrainingszeit innerhalb einer Zone mit einem Gewichtungsfaktor multipliziert. Anders als bei den übrigen Studien wurde hier der Gewichtungsfaktor bei zunehmender Belastungsintensität nicht linear, sondern exponentiell erhöht.

Bei früheren TRIMP-Methoden wurde das Training bei geringer Intensität (Zone 1) mit einem Faktor von 1 und das Training bei hoher Intensität (Zone 3) mit Faktor 3 gewichtet. Dies entspricht einer einfachen linearen Erhöhung. Bei der neuen Methode wird die hochintensive Aktivität etwa 7-mal mehr gewichtet als die geringe Trainingsintensität.

Die Forscher, die diese Methode entwickelten, statteten 8 männliche Hockeyspieler der 1. Liga mit einem HF-Messer aus und zeichneten deren Herzfrequenz beim Training und im Wettkampf von Saisonbeginn bis zur Saisonmitte auf. Dabei stellten sie fest, dass die Spieler mit einem höheren durchschnittlichen wöchentlichen TRIMP-Wert die größten Veränderungen in Bezug auf die maximale Sauerstoffaufnahme und Geschwindigkeit im OBLA hatten, was vermuten lässt, dass mit zunehmendem Trainingsvolumen auch der VO2max und die Geschwindigkeit im OBLA steigen. Die prozentualen Veränderungen im VO2max und bei der Geschwindigkeit im OBLA korrelierten auch mit der durchschnittlichen Wochenzeit des hochintensiven Trainings (Zonen 4 und 5). Dies lässt darauf schließen, dass die Verbesserungen bei VO2max und OBLA umso größer sind, je länger hochintensiv trainiert wird.

Interessant war, dass die Forscher auch berechneten, wie hoch der wöchentliche TRIMP-Wert der Spieler sein muss, um den VO2max und die Geschwindigkeit im OBLA aufrechterhalten zu können. Sie stellten fest, dass die Spieler für die Erhaltung des VO2max einen kleineren durchschnittlichen wöchentlichen TRIMP-Wert benötigten, als für die Erhaltung des OBLA. Zudem mussten sie für die Aufrechterhaltung des VO2max auch nicht so lange hochintensiv trainieren wie für den OBLA.

Diese Berechnungen helfen den Trainern vor allem bei der Planung und Steuerung des Trainings. Denn so können sie sicherstellen, dass jeder Spieler einen ausreichend starken Trainingsreiz hat, um den VO2max und den OBLA über die Spielsaison aufrechtzuerhalten oder gar zu verbessern. Der größte Nachteil bei dieser Methode ist der, dass hierbei lediglich das Ausdauertraining berücksichtigt wird, obgleich das Hockeytraining sicherlich auch das Schnelligkeits- und das Krafttraining beinhaltet.


Für die meisten Sportarten, insbesondere Mannschaftssportarten, benötigt man 3 grundlegende Eigenschaften: Schnelligkeit, Kraft und Ausdauer. Frühere TRIMP-Methoden beschränkten sich auf die Ermittlung der Trainingsbelastung beim Ausdauertraining. Es war aber nicht möglich, mit einer TRIMP-Methode mehr als eine Trainingsbelastung zu messen.

Französische Forscher versuchten daher im Rahmen eines intermittierenden Sporttrainings, mit einer TRIMP-Methode die Trainingsbelastungen im Ausdauer-, Sprint- und Krafttraining zu messen. Die von den Forschern entwickelte Methode der Belastung-Ausdauer-Erholung (Work Endurance Recovery, im Folgenden WER genannt) basiert auf der Theorie, dass die durch das Training erzeugte körperliche Belastung in Relation zur maximalen Belastbarkeit eines Sportlers quantifiziert werden kann. Trainingsbelastungen werden hier nicht in Relation zu physiologischen Parametern (z. B. Blutlaktat, HF oder max. Sauerstoffaufnahme und Kohlendioxid) gesetzt, sondern in Bezug zum „Ermüdungspunkt“. Auf diese Weise wird die Überwachung unterschiedlicher Trainingsbelastungen mit nur einer Gleichung möglich (siehe Kasten).

 

Die Forscher verglichen die WER-Methode mit den TRIMP-Methoden. Sie wollten die Genauigkeit der Messungen prüfen und ließen die Teilnehmer 3 separate Trainingseinheiten bis zur Erschöpfung durchführen, je ein Ausdauer-, Sprint- und Krafttraining. Sie vermuteten außerdem, dass die Trainingsbelastung bei jeder Trainingsart ähnlich sei, nämlich rund 33 % des Gesamtvolumens. Und da die WER-Gleichung die Trainingsbelastung in Relation zur Ermüdung berechnet, ergibt sich, wenn man die Gesamtbelastbarkeit von 100 % durch 3 Trainingseinheiten teilt, ein Wert von etwa 33 %.

Die Untersuchung ergab keinerlei Unterschiede zwischen den berechneten Trainingsbelastungen des Sprint- oder Krafttrainings, und zwar unabhängig davon, welche TRIMP-Methode verwendet wurde. Anders sah es beim Vergleich von Ausdauertraining und Sprint-/Krafttraining aus. Hier traten große Differenzen bei den Trainingsbelastungen auf. Die Belastung beim Ausdauertraining war um 2,5- bis 2,8-mal größer als beim Sprinttraining und um 5,1- bis 5,5-mal größer als beim Krafttraining. Dies bestätigte, dass die TRIMP-Methoden für einen Vergleich der Trainingsbelastungen bei unterschiedlichen Trainingsarten nicht geeignet sind. Gingen die Forscher jedoch nach der WER-Methode vor, kam jede Trainingsart auf rund 31–35 % der kumulierten Trainingsbelastung. Hier zeigten sich keine Unterschiede zwischen den unterschiedlichen Trainingseinheiten, was die Vermutung der Forscher bestätigte.

[MAM]
Trotz Einschränkungen in Bezug auf die Festlegung der Ausdauergrenzen bietet die WER-Methode gegenüber der TRIMP-Methode vor allem den Vorteil, dass sie einen Vergleich verschiedener Trainingseinheiten desselben Umfangs ermöglicht. Das ist eine gute Grundlage, um die Steuerung der Trainingsbelastung in intermittierenden Sportarten weiterzuentwickeln.

Schlussfolgerung

Für die Berechnung Ihrer TRIMP-Werte sollten Sie die Methode wählen, die sich für Ihre Sportart am besten eignet. Für Sportarten mit nur einer Trainingsart (z. B. Laufen oder Radfahren) sind die TRIMP-Methoden wahrscheinlich am besten geeignet. Die modifizierte TRIMP-Methode mit 5 Zonen ist hierbei vermutlich die beste Wahl für die Überwachung der Trainingsbelastung, weil das Testprotokoll und die Datenanalyse für die Bestimmung der Blutlaktatkurve weniger kompliziert und zeitaufwändig sind als die Gasanalyse bei der TRIMP-Methode mit 3 Zonen. Bei der 5-Zonen-TRIMP-Methode ist die Berechnung der Gewichtungsfaktoren zwar etwas komplizierter, bei intensiven Trainingsbelastungen können Sie die Belastung mit diesen Faktoren jedoch genauer berechnen.

Wenn Sie eine Sportart betreiben, bei der 2 unterschiedliche Formen der Belastung kombiniert werden, z. B. Sprints in der Leichtathletik (dabei sind Sprinttraining und Gewichtstraining erforderlich) oder Rugby (hierbei sind Ausdauer-, Sprint- und Gewichtstraining erforderlich), ist die WER-Methode vermutlich besser für Sie geeignet. Für die Tests brauchen Sie kein Labor und auch keine Spezialgeräte. Und sofern Sie die Berechnungen exakt durchführen (am besten mit einem Tabellenkalkulationsprogramm), ist die WER-Methode eine gute Option für die Überwachung der Trainingsbelastung bei unterschiedlichen Trainingsarten.

Alan Ruddock arbeitet in der wissenschaftlichen Forschung im Bereich Sportphysiologie an der Sheffield Hallam University, England


1. The Journal of Strength & Conditioning Research, 2001, Bd. 15 (1), S. 109–115.

2. Medicine & Science in Sports & Exercise, 2005, Bd. 37 (3), S. 496–504

3. Journal of Sports Science, 2007, Bd. 25 (6): S. 629–634

4. Applied Physiology, Nutrition, and Metabolism, 2007, Bd. 32 (4), S. 762–769

Kontakt

Copyright © 2017 netzathleten