Wer hungrig ist, bewegt sich mehr
- Christian Riedel
Schon unsere Urahnen wussten, dass sie sich bewegen mussten, um an Nahrung zu kommen. Sei es als Beerensammler oder Fleischjäger. Vor die erfolgreiche Nahrungsbeschaffung hat die Natur die Bewegung gesetzt. So war es zumindest zu Neandertalers Zeiten. Heute reicht meist ein Gang zum Kühlschrank. Doch in unserem Gencode ist das Verhaltensmuster, dass Hunger den Bewegungsdrang anregt, fest eingebrannt.
Das haben jetzt auch Schweizer Forscher von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich herausgefunden. Damit haben sie auch ein wertvolles Argument geliefert, warum drei große Mahlzeiten doch besser sein könnten als fünf kleine über den Tag verteilt.
Sie haben in einer Versuchsreihe mit Mäusen experimentiert und dabei herausgefunden, dass dauerndes Essen den Bewegungsdrang hemmt. Das Problem dabei ist der Insulinspiegel. Wer öfter isst, hält den Blutzuckerspiegel auf einem hohen Niveau. Ist der Insulinspiegel aber erhöht, wird ein bestimmtes Protein namens „Foxa2“ unterdrückt. Dieses Protein beeinflusst den Bewegungsdrang und hat Auswirkungen auf den Stoffwechsel.
Foxa2 ist unter anderem an Fettverbrennungsprozessen in der Leber beteiligt. Zudem beeinflusst es den Hypothalamus. In dieser Hirnregion wird unter anderem die Nahrungsaufnahme gesteuert. Im Hypothalamus regt das Foxa2 die Bildung bestimmter Hormone an, die den Bewegungsdrang und die Nahrungsaufnahme steuern, die ja, wie bereits erwähnt, sich gegenseitig beeinflussen.
Bewegungsdrang wird unterdrückt
Normalerweise wird die Aktivität von Foxa2 durch den Insulinspiegel gesteuert. Je länger eine Mahlzeit zurück liegt, desto größer wird der Hunger, der Insulinspiegel sinkt ab und das Protein wird aktiver. Die Schweizer Forscher haben bei fettleibigen Mäusen eine Störung festgestellt. Denn das Foxa2 war inaktiv, unabhängig vom Insulinspiegel. Der Drang, sich zu bewegen, war bei den dicken Mäusen also permanent unterdrückt, egal ob sie hungrig waren oder gerade erst gegessen hatten.
Als Gegenprobe züchteten die Wissenschaftler eine Mäuseart, bei denen das Foxa2 permanent aktiv war. Und tatsächlich bewegten sich diese Mäuse fünfmal mehr als die dicken Mäuse. Zudem war der Zucker- und Fettstoffwechsel beschleunigt. Dadurch bauten sie nicht nur Fettgewebe schneller ab und Muskelmasse auf, sie hatten auch bessere Blutwerte.
Das Ergebnis bei den Mäusen lässt sich in etwa auch auf den Menschen übertragen. Insofern gehen die Eidgenossen davon aus, dass die Antriebslosigkeit und Unlust auf Sport von fettleibigen Menschen auf das inaktive Foxa2 zurückzuführen ist. Für die Ernährungsweise ziehen die Forscher den Schluss, dass der Körper Hungerperioden braucht, um gesund zu bleiben. Insofern ist es laut den Wissenschaftlern besser, drei große statt fünf kleine Mahlzeiten am Tag zu sich zu nehmen.
Markus Stoffel (ETH Zürich) et al.: Nature, Band 462, S. 646, doi: 10.1038/nature08589
Christian Riedel