Tennis-Taktik: die starke Vorhand
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Der Vorhandspieler wird natürlich versuchen, so häufig wie möglich seine schwache Rückhand zu vermeiden und dafür seine starke Vorhand einzusetzen. Man stelle sich vor, dieser Spieler würde nur mit seiner starken Vorhand agieren, er wäre mindestens zwei Leistungsklassen besser. Wenn man sich dagegen vorstellt, er dürfe nur Rückhand spielen, ohje.
Der Vorhandspieler wird – wenn er klug ist – meist etwas versetzt von der Mitte in seiner Rückhandecke stehen. Denn er will die Trefferfläche für seine Rückhand minimieren und zu Gunsten seiner Vorhand verschieben. Das bedeutet, er steht praktisch mehr oder weniger weit in seiner Rückhandecke. Für den Gegner wird es schwierig dann dessen Rückhand anzuspielen, da man schon sehr genau spielen muss und wohl deshalb auch einige Fehler zu viel macht. Kann der Vorhandspieler dann auch noch eine gute Vorhand aus der Rückhandecke (etwa „Inside-out“ – also nach außen diagonal), wird das eine harte Nuss. Daher mein erster Tipp für diese Vorhandspieler: trainiere die Vorhand aus der Rückhandecke vielleicht sogar mehr als die „normale“ Vorhand. Denn das zwingt den Gegner noch exakter in die kleine Platzfläche für die Rückhand zu zirkeln – und wehe er schafft es nicht…
Als Spieler auf der Gegenseite bieten sich zwei Lösungsmöglichkeiten an. Denn immer nur auf die Rückhand zu zielen, wird auf Dauer keinen Erfolg haben, insbesondere wenn der Vorhandspieler seine Vorhand aus der Rückhandecke wirklich gut beherrscht. Im Ergebnis muss man den Vorhandspieler von „seinem“ Spiel wegbringen. Denn er liebt es mit seiner Vorhand den Gegner zu hetzen und diesem die Bälle zu versenken. Rückhand umlaufen, cross rein, longline Winner, Punkt, klasse, yes. Daher darf es man es erst gar nicht soweit kommen lassen. Also überlegt man, wie der Einstieg in diesen „Teufelskreis“ denn war und wie man diesen verhindern kann.
Die klassische Möglichkeit wäre, die Rückhandseite des Vorhandspielers weit zu öffnen, indem man diesen bewusst (und am besten überraschend) auf dessen starke Vorhand spielt. Kann dieser aus dem Lauf seine Vorhand dann nur reinspielen, ist seine schwache Rückhandseite weit offen. Ein guter Angriff und er muss aus dem Lauf mit seinem schwächeren Schlag passieren. Das klingt doch viel versprechend, oder? Für den Vorhandspieler heißt dies dagegen, er muss wieder seine Vorhand ins Spiel bringen bevor der Punkt verloren ist. Also Vorhand aus dem Lauf trainieren. Hier zählt vor allem eine gute Länge, um dem Gegner keine zu großen Chancen zu ermöglichen.
Eine Alternative zum Ball auf die Vorhand sind immer kurze Bälle. Ein flacher, kurzer Ball auf die Rückhand wird es dem Vorhandspieler ziemlich schwierig machen, seine Rückhand zu umlaufen. Wenn er das macht, steht er sehr weit außerhalb der Feldmitte und noch dazu nahe am Netz. Das bedeutet, er wird den Platz nicht mehr rechtzeitig abdecken können, wenn man selbst nochmal an dessen Angriffsball kommt. Umläuft er nicht, soll er doch mit seiner schwachen Rückhand angreifen. Wahrscheinlich ist er am Netz schlechter als von der Grundlinie mit seiner Vorhand und man hat wiederum bessere Karten.
Bei den Profis gibt es für diesen Spielertyp auch einige Beispiele, wenngleich dort die Schwächen natürlich weniger deutlich sind als im Hobbybereich. Selbst ein Roger Federer hat eine klar stärkere Vorhand als Rückhand. Okay, schlechtes Beispiel. Dagegen ist Rafael Nadal ein solcher Spieler, wenngleich als Linkshänder spiegelverkehrt. Das Paradebeispiel ist Fernando Gonzales. Achtet also bei Gelegenheit darauf wie er mit einer langsamen Rückhand das Tempo rausnimmt um genügend Zeit zum Umlaufen seiner nächsten “Rückhand” zu gewinnen. Auch etwa ein Robin Söderling versucht seine Vorhand einzusetzen, die er besonders bei hohen Bällen klasse platzieren kann.
Robert Hartl, Tennis Weblog