Ausdauer oder Schnelligkeit
- Redaktion
Gehören Sie auch zu den Läuferinnen und Läufern, die in ruhigem Tempo kilometerweit laufen können, aber ins Schnaufen kommen, wenn die Pace mal ein bisschen flotter wird? Oder zählen Sie eher zur Kategorie „Tempobolzer“, nur dass die Strecke nicht allzu lang sein darf? Vielleicht fühlen Sie sich auch weder der einen noch der anderen Gruppe zugehörig: Es fehlt Ihnen an beidem, an Schnelligkeit und an Ausdauer. Oder Sie sind schon Marathon gelaufen und wollen einmal herausfinden, wo Ihre Schwächen liegen. Wenn Sie zum Beispiel einen 10-km-Lauf im Fünf-Minuten-Tempo schaffen, auf der Marathondistanz aber gerade mal einen Kilometerschnitt von 6:20, sollten Sie sich mehr um Ihre Ausdauer kümmern. Umgekehrt müssen Sie mehr Betonung auf Tempotraining legen, wenn Ihr 10-km-Tempo nicht wenigstens 18 Sekunden pro Kilometer schneller als der Marathonschnitt ist.
Da die Unterschiede natürlich nicht immer so deutlich ausfallen, wollen wir Ihnen eine Methode vorstellen, wie Sie Ihre Ausdauer- und Tempofähigkeiten einander gegenüberstellen und somit Ihr Leistungsprofil genauer bestimmen können.
Leistungsprofil
Anhand der Vergleichstabelle, die sich auf im Wettkampf erreichte Zeiten bezieht, lässt sich ein recht aussagefähiges Leistungsprofil erstellen. Am besten nehmen Sie einen Bleistift zur Hand, suchen in der linken Spalte Ihre (möglichst) aktuelle 5-km-Bestzeit und setzen dahinter einen Punkt. (Sollte Ihre exakte Zeit nicht in der Liste verzeichnet sein, ermitteln Sie einen Punkt zwischen den beiden nächsten Zeiten.)
Wiederholen Sie dies nun in Bezug auf die 10-km-Zeit in der zweiten Spalte, und verbinden Sie anschließend beide Punkte mit einer Linie. Falls Sie Strecken bis Halbmarathon oder Marathon laufen, führen Sie die beschriebene Prozedur auch in den weiteren Spalten durch und ziehen die Verbindungslinie bis dorthin.
Auswertung der Tabelle
Für eine Auswertung ist in erster Linie der Verlauf der eingezeichneten Linie relevant. Fällt diese nach rechts hin ab, ergibt sich daraus, dass Sie Ihre besten Leistungen auf den kürzeren Distanzen erzielt haben. Relativ gesehen verfügen Sie demnach über mehr Tempo als Ausdauer. Daraus lässt sich jedoch nicht unbedingt ableiten, dass Sie etwa auf langen Strecken nichts zu bestellen hätten. Vielmehr ist es ein Hinweis darauf, dass Sie noch Leistungsreserven haben, die sich in bessere Halbmarathon- und Marathonzeiten umsetzen lassen.
Sollte sich ein ansteigender Kurvenverlauf ergeben, so sind Ihre Zeiten auf den langen Strecken relativ besser. Das bedeutet, Ihre Ausdauer ist stärker entwickelt. Mit dem richtigen Tempotraining dürften jedoch auch über fünf und zehn Kilometer Steigerungen möglich sein. Wenn Ihre Linie hingegen glatt waagerecht verläuft, kann man Ihnen gratulieren. Dann besitzen Sie nämlich eine äußerst ausgewogene Mischung von Tempo- und Ausdauerfähigkeit. Selbst diese perfekte Linie ließe sich möglicherweise mit ganz gezieltem Training noch weiter nach oben, also in Richtung absoluter Leistungsverbesserung, verschieben. Selbst wenn Ihre Leistungslinie steil abfällt oder ansteigt, dürfen Sie daraus noch lange nicht den Schluss ziehen, dass Sie auf bestimmten
Distanzen nichts zu bestellen hätten. Es gibt nur wenige Läufer, deren Linie wirklich horizontal verläuft.
Die persönliche Vorliebe für eine bestimmte Streckenlänge ist dafür ebenso eine Ursache wie die spezifische Zusammensetzung der Muskulatur eines jeden Läufers. Hauptsächlich rührt der Knick in der Kurve jedoch daher, dass sich das spezielle Training für 5000 Meter – schnelle Läufe nämlich – grundlegend von einem erfolgreichen Marathontraining unterscheidet. Setzt man den Hauptakzent auf schnelles Laufen, kann es durchaus sein, dass die Ausdauer darunter leidet, und umgekehrt gilt natürlich dasselbe. Ein gleich hohes Niveau über alle Langstrecken zu erreichen ist sicher ein schwieriges Unterfangen.
TABELLE
Wo sind Ihre Stärken?
Mit Hilfe dieser Tabelle können Sie ermitteln, zu welchen Wettkampfzeiten Sie auf diversen Distanzen fähig sein müssten. Orten Sie einfach Ihre jüngst erzielten Ergebnisse, orientieren Sie sich am relativ besten von diesen (das am weitesten oben in der Tabelle steht), und lesen Sie dann in den nebenstehenden Spalten die auf gleicher Höhe eingetragenen äquivalenten Zeiten für die übrigen Wettkampfstrecken ab.
Beispiel: Sie haben im Wettkampf 22:17 (5 km), 46:47 (10 km) und 3:51 (Marathon) erzielt. Suchen Sie in den linken Spalten die entsprechenden Punkte, und verbinden Sie diese. Die resultierende Linie ist Ihr gegenwärtiges Leistungsprofil.
Um Ihre bestmöglichen Zeiten auf den vier verglichenen Strecken zu ermitteln, ziehen Sie, ausgehend vom höchsten der markierten Punkte (in unserem Beispiel dem für 5 km), eine waagerechte Linie über alle vier Spalten. In diesem Falle ergibt sich daraus, dass 10 km in 46:17, Halbmarathon in 1:42:51 sowie der Marathon in 3:36:00 zu schaffen sind.
Martin Grüning