„!Nie wieder“: 11. Erinnerungstag im deutschen Fußball
- Nils Borgstedt
„!Nie wieder“, diese Botschaft der Überlebenden des ehemaligen Konzentrationslagers Dachau, haben Fußballfreunde vor elf Jahren aufgegriffen und den „Erinnerungstag im deutschen Fußball“ ins Leben gerufen.
Am 27. Januar 2004 wurde die Initiative in der Evangelischen Versöhnungskirche, KZ-Gedenkstätte Dachau, gegründet. Die Anregung kam aus Italien. Ein Bündnis aus Einzelpersonen, Fangruppen und Fanprojekten, Vereinen, Verbänden und Institutionen aus dem Fußball gedenkt seitdem der preisgegebenen Familienmitglieder und engagiert sich für eine würdige Gedenkkultur und für ein Stadion ohne Diskriminierung.
Auch dieses Jahr setzen die Bündnispartner mit klugen, kreativen Aktionen und Veranstaltungen ein unübersehbares Zeichen gegen den alltäglichen und aktuellen Rassismus, der Fremdenfeindlichkeit und des Antisemitismus an den Spieltagen rund um den „Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus”. Der inhaltliche und organisatorische Aktionsbogen spannt sich über die ganze Republik und bezieht in seiner europäischen Variante punktuell die Schweiz, Österreich und Italien mit ein. Die Initiative veröffentlichte dazu die folgende Mitteilung.
„An den Spiel- und Turniertagen um den 27. Januar 2015 richtet sich der Blick der Fußballvereine wieder besonders auf die Mitglieder, die vor 82 Jahren zu Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft ihre Klubs verlassen mussten. Es waren Spieler, Vorstände, großzügige Förderer und einfache Vereinsmitglieder jüdischer Herkunft und aus den linken politischen Parteien und Organisationen.
Mit ihrem Ausschluss verloren diese Menschen nicht nur ihre langjährige Vereinszugehörigkeit. Sie waren der nationalsozialistischen Willkür ausgesetzt. Die Mehrheit ihrer Vereine gaben sie ohne Widerstand preis. Wenige gewährten ihnen Mitgefühl und Schutz. Wer nicht fliehen konnte, über den senkte sich die Rechtlosigkeit, bald bis zur psychischen und physischen Vernichtung.
Die Trauer und der Zorn über das, was man diesen verfolgten und ermordeten Mitgliedern der Fußballfamilie vor mehr als 80 Jahren angetan hat, wirken bis heute in die Opferfamilien hinein.
Die schrecklichen Verbrechen Nazideutschlands und das unbeschreibliche Leid der Opfer und ihrer Familien fordern dazu zwingend auf, uns heute für ein „nie wieder“ entschieden und unablässig einzusetzen.
Als am 27. Januar 1945 die Gefangenen des deutschen Konzentrationslagers Auschwitz in Polen von ukrainischen Soldaten befreit wurden und in der Folge alle anderen Gefangenenaus Tau-senden Lagern, gaben viele den Nachgeborene eine Botschaft weiter: „!Nie wieder“.
Die deutsche Fußballfamilie setzt dieses „!Nie wieder“ schon lange in vielfältigen Aktionen um und das nicht nur an den Spiel- und Turniertagen um den “Erinnerungstag im deutschen Fußball“. Das ist ein starkes Zeichen, das nach innen ins Land und nach außen zu unseren europäischen Nachbarn hin wirkt. Alle gewinnen, wenn sich mit dem Gedenken an die Opfer ein klares Bekenntnis zur Würde jedes Menschen und zu ihrer Unverletzlichkeit verbindet.
Das „!Nie wieder“ im Januar 2015 ruft alle auf, die den Fußball und ihren Verein lieben, sich entschieden gegen die Bündnisse von Alt-Hooligans und Neonazis zu stellen, die den Fußball für ihre Zwecke missbrauchen.
Das „!Nie wieder“ im Januar 2015 ermutigt dazu, sich für muslimische Spieler und Spielerinnen und deren Familien einzusetzen. Sie werden heute in vielen deutschen Städten aufgrund ihrer Herkunft und ihrer Religion diskriminiert und ausgegrenzt.
Das „!Nie wieder“ im Januar 2015 bedeutet auch, gegen Bedrohungen jüdischer Makkabi-Sportler und aller europäischen Juden laut die Stimme zu erheben.
Das „!Nie wieder“ im Januar 2015 möchte Vereine in Deutschland dazu anregen, mit sportlichen Angeboten auf die Flüchtlinge aus den Krisengebieten zuzugehen.
Die Demokratie bietet die Chance, sich in die eigenen Angelegenheiten einzumischen. Konkret heißt das für alle, die im Sport engagiert sind: Der Fußball steht für Respekt und Völkerverständigung. Daraus ergeben sich die Chance und die Pflicht, sich für eine Welt einzusetzen, in der man ohne Angst anders sein kann.“
Quelle: DOSB Presse Nr. 04/2015