Privat -- Paul Häberlein erzielt einen Touchdown
Football-Talent Paul Häberlein wagt das Abenteuer Amerika
- Frank Schneller - Medienmannschaft
Von einer Karriere in der NFL, der amerikanischen Profi-Liga, träumen viele junge Footballer. Auch hierzulande. Diesen Traum aber zu leben – das können nicht viele von sich behaupten. Der Weg ist voller Entbehrungen. Paul Häberlein (20) hat schon viel geschafft und steht dennoch erst ganz am Anfang: Als Talent auf der Wide Receiver-Position auserkoren, bekommt er ein Stipendium für die Lindenwood Uni Belleville bei St. Louis. Von München nach Missouri: Das Abenteuer kann beginnen.
Zwei Pünktchen auf einem ‚a’ machen manchmal einen großen Unterschied. Der Teufel steckt ja bekanntlich im Detail. Vor allem, wenn sich der kleine Schreibfehler in einem Visumantrag für die USA verbirgt. ‚Haberlein’ stand da geschrieben in den Unterlagen, welche die Verantwortlichen und Coaches vom Lindenwood College Belleville ihrem künftigen Student und Football-Lehrling Paul (20) zugeschickt hatten. Haben ja keine Umlaute, die Amerikaner. Also, noch mal von vorn. Haeberlein muss es heißen, maschinenlesbar eben. Wie im Pass. Das fehlende ‚e’ hätte also zum Problem werden können. Gab ohnehin schon einige bürokratische Hindernisse und Nachfragen. Korrigiert ist der Antrag. Nun läuft er.
Preiswert ist das alles nicht. Die Uni-Kosten belaufen sich auf rund 25.000 Dollar (ca. 23.000 Euro) – pro Jahr. Mit dem Stipendium ist es letztlich dennoch zu stemmen. Einen knapp fünfstelligen Euro-Betrag immerhin muss sein Vater dennoch berappen.
Ende Juli soll es soweit sein, dann kann Paul sich in Belleville einfinden – um sich zu akklimatisieren. Am 21. August ist Semester-Beginn, aber schon am 10. August startet die Footballmannschaft mit dem Training. Dann spätestens fängt für den Münchner ein neuer Lebensabschnitt an. Sein Stipendiums-Vertrag ist unbefristet – fünf Jahre dürfte der Spaß schon dauern: Mittrainieren. Studieren. Und möglichst bald: Spielen. Versuchen, es ins Team der Lindenwood Lynx zu schaffen. Als ‚Freshman’ wird er ein Zimmer auf dem Campus bekommen, eine kleine Wohnung später einmal – vielleicht. Die protzigen Villen der NFL-Profis sind noch nicht in Sicht.
Es wäre übertrieben zu behaupten, Paul sei ‚schon’ ein ‚Rookie’. Ist er nicht. Noch nicht. Vielleicht ist er im ersten Jahr nur ein hart trainierender Zuschauer. Die Bewerber auf einen Platz im Team sind zahlreich, die Plätze im Kader heiß begehrt. Der Wettbewerb dürfte eine neue Dimension annehmen. Es wird vermutlich ein mühsamer Weg, auf den sich Paul begibt. „Aber eben auch ein spannender“, sagt er. In jedem Fall wird’s ein Abenteuer. Und es ist ja nicht so, dass der Münchner nicht schon eine Menge geschafft hätte. Spielt ja noch gar nicht lange Football. Seit knapp vier Jahren erst. So gesehen ist der Wide Receiver ein Senkrechtstarter. Fing an bei den Munich Cowboys, im Juniorteam, und folgte dann seinem Mentor Tyler Davis zu den Baltic Hurricanes nach Kiel – in die German Football League. Zu den ‚Großen’.
Die Lehrjahre waren keine Herrenjahre. Aber Paul hat sich durchgekämpft. Trotz Verletzungen und großer Konkurrenz. Kiel war eine Art Meilenstein für ihn. „Rückblickend kann ich nur sagen, dass ich unheimlich viel Glück hatte, einerseits mit der Unterstützung meiner Familie, andererseits mit den Menschen die ich treffen durfte und ohne die ich die Lektionen vermutlich nicht gelernt hätte, die meinen Entschluss haben reifen lassen, es in den Staaten zu versuchen.“ Tyler Davis hat ihn animiert. Immer wieder ermutigt. (Siehe auch Extra-Artikel über Paul Häberlein)
Nach München, in die Nähe seiner Eltern, kehrte er nur noch einmal zurück, um seine Bewerbung für die USA voranzutreiben. Und sich vorzubereiten auf den großen Schritt. Er hat sich bei deutschen Agenturen beworben. Im Oktober 2016 war das. Sein ‚Highlight’-Tape und seine Bewerbung eingereicht. Mehrere Agenturen kümmern sich in Deutschland darum, dass die größten Nachwuchstalente – sofern sie diesen Traum leben wollen – den Sprung nach Übersee schaffen. Vorerst jedenfalls. Die erste Agentur, bei der Paul versucht hatte, ins Portfolio aufgenommen zu werden, beschied ihn abschlägig: „Keine Chance“. Die zweite aber – Scholarbook heißt sie– antworte, das könne durchaus klappen mit dem US-College. Sie nahm Paul auf in ihr System. Und bewies damit Gespür: Elf Interessenten klickten auf Pauls Profil, zeigten Interesse. Sechs Colleges und Universitäten sahen genau hin. Vier wollten ihn dann haben. Eine gute Quote.
Doch wohin gehen? Nebraska? Florida? Chicago? Der vierte Interessent war Pauls Favorit: Die Lindenwood University aus Belleville, St. Louis – der Stadt im mittleren Westen der USA, die als das Tor zum Westen gilt. Der gigantische Torbogen, ‚Gateway Arch’ genannt, am Mississippi – ein unübersehbares Monument – ist berühmt.
Er entschied sich für St. Louis. Das Studentenstädtchen Belleville ist ein Vorort, ‚Suburbs’ heißen diese in den USA. Das College dort hat einen guten Ruf, es ist sehr international und sportbegeistert – fast 1.000 Studenten betreiben hier Spitzensport. Auch Tyler Davis, dessen Vater ein berühmter Footballer war, hat ihm zur Uni von Belleville geraten. Tyler wohnt jetzt ebenfalls nahe St. Louis, nur rund 15 Minuten Autofahrt vom Campus entfernt. „Schon witzig, wie der Lauf der Dinge manchmal ist“, sagt Paul. Tipps wird er von seinem Kumpel viele bekommen.
Im Februar 2017 war die tolle Nachricht eingetroffen: Paul wird angenommen in Belleville. Einige Beklemmungen und Zweifel lagen zwischen Bewerbung und Zusage zwar schon noch. Paul, ein sehr reflektierender, sensibler junger Mann, kam ab und an ein wenig ins Grübeln. „Doch letztendlich konnte ich gar nicht absagen, denn dann hätte ich das für immer mit mir herum geschleppt. Hätte mich immer fragen müssen: Was wäre gewesen, wenn ...“ Diesen Selbstvorwürfen wollte er sich nicht aussetzen.
Pauls Vater Tom, ein erfahrener Sportjournalist und nach einigen Jahren als Amerika-Korrespondent selbst Kenner des US-Sports, hat sich wenig eingemischt. „Ich habe ihm gesagt, ich trage jede Entscheidung, die er fällt, mit. Nur solle er dann zu dieser Entscheidung auch stehen und konsequent danach handeln. Nicht zaudern.“
Das Zaudern, das ist inzwischen vorbei. Klar, da ist eine große Portion Respekt vor dem, was kommt – „aber das muss auch so sein“, sagt Paul. „Wenn ich mich damit auseinandersetze, wo ich vor nicht mal vier Jahren als Footballer stand, und dass ich jetzt etwas ausprobieren und erleben kann, wovon andere träumen, dann bin ich dankbar und auch ein wenig stolz. Es gibt mir Selbstvertrauen, mich so entschieden zu haben. Es wird sicher eine riesige Erfahrung, die mein Leben prägt und von der ich – so oder so – immer profitieren werde.“
Wie ein Greenhorn klingt das alles nicht, was der 20-Jährige da so von sich gibt. Man hat ihm auch viel Mut gemacht. „Wir freuen uns riesig, weil wir wissen, dass wir da bald einen höllisch guten Wide Receiver auf unserem Campus begrüßen dürfen“, schrieb ‚Recruiting Coordinator’ und Defense Coach der Lynx, Jason Rejfek neulich nach München.
Es mag Momente, ja vielleicht sogar Tage und Wochen geben, in denen er sich dennoch wie ein Greenhorn fühlt da drüben im fernen Missouri. In jedem Fall aber lebt er seinen Traum. Er will sich durchsetzen. Nicht einmal ein kleiner Umlaut in seinem Nachnamen soll ihn davon jetzt noch abhalten.
Preiswert ist das alles nicht. Die Uni-Kosten belaufen sich auf rund 25.000 Dollar (ca. 23.000 Euro) – pro Jahr. Mit dem Stipendium ist es letztlich dennoch zu stemmen. Einen knapp fünfstelligen Euro-Betrag immerhin muss sein Vater dennoch berappen.
Ende Juli soll es soweit sein, dann kann Paul sich in Belleville einfinden – um sich zu akklimatisieren. Am 21. August ist Semester-Beginn, aber schon am 10. August startet die Footballmannschaft mit dem Training. Dann spätestens fängt für den Münchner ein neuer Lebensabschnitt an. Sein Stipendiums-Vertrag ist unbefristet – fünf Jahre dürfte der Spaß schon dauern: Mittrainieren. Studieren. Und möglichst bald: Spielen. Versuchen, es ins Team der Lindenwood Lynx zu schaffen. Als ‚Freshman’ wird er ein Zimmer auf dem Campus bekommen, eine kleine Wohnung später einmal – vielleicht. Die protzigen Villen der NFL-Profis sind noch nicht in Sicht.
Es wäre übertrieben zu behaupten, Paul sei ‚schon’ ein ‚Rookie’. Ist er nicht. Noch nicht. Vielleicht ist er im ersten Jahr nur ein hart trainierender Zuschauer. Die Bewerber auf einen Platz im Team sind zahlreich, die Plätze im Kader heiß begehrt. Der Wettbewerb dürfte eine neue Dimension annehmen. Es wird vermutlich ein mühsamer Weg, auf den sich Paul begibt. „Aber eben auch ein spannender“, sagt er. In jedem Fall wird’s ein Abenteuer. Und es ist ja nicht so, dass der Münchner nicht schon eine Menge geschafft hätte. Spielt ja noch gar nicht lange Football. Seit knapp vier Jahren erst. So gesehen ist der Wide Receiver ein Senkrechtstarter. Fing an bei den Munich Cowboys, im Juniorteam, und folgte dann seinem Mentor Tyler Davis zu den Baltic Hurricanes nach Kiel – in die German Football League. Zu den ‚Großen’.
Die Lehrjahre waren keine Herrenjahre. Aber Paul hat sich durchgekämpft. Trotz Verletzungen und großer Konkurrenz. Kiel war eine Art Meilenstein für ihn. „Rückblickend kann ich nur sagen, dass ich unheimlich viel Glück hatte, einerseits mit der Unterstützung meiner Familie, andererseits mit den Menschen die ich treffen durfte und ohne die ich die Lektionen vermutlich nicht gelernt hätte, die meinen Entschluss haben reifen lassen, es in den Staaten zu versuchen.“ Tyler Davis hat ihn animiert. Immer wieder ermutigt. (Siehe auch Extra-Artikel über Paul Häberlein)
Paul Häberlein (re.) im Jahr 2015
Nach München, in die Nähe seiner Eltern, kehrte er nur noch einmal zurück, um seine Bewerbung für die USA voranzutreiben. Und sich vorzubereiten auf den großen Schritt. Er hat sich bei deutschen Agenturen beworben. Im Oktober 2016 war das. Sein ‚Highlight’-Tape und seine Bewerbung eingereicht. Mehrere Agenturen kümmern sich in Deutschland darum, dass die größten Nachwuchstalente – sofern sie diesen Traum leben wollen – den Sprung nach Übersee schaffen. Vorerst jedenfalls. Die erste Agentur, bei der Paul versucht hatte, ins Portfolio aufgenommen zu werden, beschied ihn abschlägig: „Keine Chance“. Die zweite aber – Scholarbook heißt sie– antworte, das könne durchaus klappen mit dem US-College. Sie nahm Paul auf in ihr System. Und bewies damit Gespür: Elf Interessenten klickten auf Pauls Profil, zeigten Interesse. Sechs Colleges und Universitäten sahen genau hin. Vier wollten ihn dann haben. Eine gute Quote.
Doch wohin gehen? Nebraska? Florida? Chicago? Der vierte Interessent war Pauls Favorit: Die Lindenwood University aus Belleville, St. Louis – der Stadt im mittleren Westen der USA, die als das Tor zum Westen gilt. Der gigantische Torbogen, ‚Gateway Arch’ genannt, am Mississippi – ein unübersehbares Monument – ist berühmt.
Er entschied sich für St. Louis. Das Studentenstädtchen Belleville ist ein Vorort, ‚Suburbs’ heißen diese in den USA. Das College dort hat einen guten Ruf, es ist sehr international und sportbegeistert – fast 1.000 Studenten betreiben hier Spitzensport. Auch Tyler Davis, dessen Vater ein berühmter Footballer war, hat ihm zur Uni von Belleville geraten. Tyler wohnt jetzt ebenfalls nahe St. Louis, nur rund 15 Minuten Autofahrt vom Campus entfernt. „Schon witzig, wie der Lauf der Dinge manchmal ist“, sagt Paul. Tipps wird er von seinem Kumpel viele bekommen.
Im Februar 2017 war die tolle Nachricht eingetroffen: Paul wird angenommen in Belleville. Einige Beklemmungen und Zweifel lagen zwischen Bewerbung und Zusage zwar schon noch. Paul, ein sehr reflektierender, sensibler junger Mann, kam ab und an ein wenig ins Grübeln. „Doch letztendlich konnte ich gar nicht absagen, denn dann hätte ich das für immer mit mir herum geschleppt. Hätte mich immer fragen müssen: Was wäre gewesen, wenn ...“ Diesen Selbstvorwürfen wollte er sich nicht aussetzen.
Pauls Vater Tom, ein erfahrener Sportjournalist und nach einigen Jahren als Amerika-Korrespondent selbst Kenner des US-Sports, hat sich wenig eingemischt. „Ich habe ihm gesagt, ich trage jede Entscheidung, die er fällt, mit. Nur solle er dann zu dieser Entscheidung auch stehen und konsequent danach handeln. Nicht zaudern.“
Das Zaudern, das ist inzwischen vorbei. Klar, da ist eine große Portion Respekt vor dem, was kommt – „aber das muss auch so sein“, sagt Paul. „Wenn ich mich damit auseinandersetze, wo ich vor nicht mal vier Jahren als Footballer stand, und dass ich jetzt etwas ausprobieren und erleben kann, wovon andere träumen, dann bin ich dankbar und auch ein wenig stolz. Es gibt mir Selbstvertrauen, mich so entschieden zu haben. Es wird sicher eine riesige Erfahrung, die mein Leben prägt und von der ich – so oder so – immer profitieren werde.“
Wie ein Greenhorn klingt das alles nicht, was der 20-Jährige da so von sich gibt. Man hat ihm auch viel Mut gemacht. „Wir freuen uns riesig, weil wir wissen, dass wir da bald einen höllisch guten Wide Receiver auf unserem Campus begrüßen dürfen“, schrieb ‚Recruiting Coordinator’ und Defense Coach der Lynx, Jason Rejfek neulich nach München.
Es mag Momente, ja vielleicht sogar Tage und Wochen geben, in denen er sich dennoch wie ein Greenhorn fühlt da drüben im fernen Missouri. In jedem Fall aber lebt er seinen Traum. Er will sich durchsetzen. Nicht einmal ein kleiner Umlaut in seinem Nachnamen soll ihn davon jetzt noch abhalten.