Sportarten im Test - Snooker Derk Hoberg

Sportarten im Test - Snooker

  • Derk Hoberg
Snooker sieht im Fernsehen eigentlich recht einfach aus. Beinahe spielerisch wirkt es, wenn Ronnie O´Sullivan und seine Profi-Kollegen die Bälle einlochen und den weißen Spielball nach Belieben auf dem großen Snookertisch wieder in Stellung bringen. Kann ja nicht so schwer sein, dachte sich auch netzathleten-Redakteur Derk Hoberg. Ein neues Kapitel unserer Reihe Sportarten im Test. Snooker.

Zugegeben, ganz so naiv habe ich mich den ersten Gehversuchen im Snooker nicht hingegeben. Ich wusste, dass es kein einfaches Spiel ist und zahlreiche Tücken bereithält. Als Jugendlicher war ich eine Zeit lang Mitglied in einem Billard-Verein, war sogar – hört, hört – Jugend-Vereinsmeister, spielte damals aber vorrangig 8-Ball. Also ganz klassisch Pool Billard, so wie man es aus vielen Gaststätten kennt. Diese Variante des Billards wird wohl jeder schon einmal ausprobiert haben. Nicht jedoch Snooker. Diesen Präzisionssport kennt man eher aus dem Fernsehen. Der Sender Eurosport überträgt beinahe alle großen Turniere, ein Millionen-Publikum schaut beim Snooker zu. Kommentator Rolf Kalb hat sich bereits einen Kultstatus erarbeitet und wenn sich die Top-Spieler bei Turnieren in Deutschland die Ehre geben, sind die Hallen meist restlos ausverkauft. Bei der großen Beliebtheit, die der Snooker-Sport hierzulande medial bereits erlangt hat, ist es verwunderlich, dass es bislang noch nicht wesentlich mehr aktive Spieler in Deutschland gibt.

 Im Bild: Der amtierende Weltmeister Mark Selby (©gettyimages)

So machte ich mich also auf die Suche nach einem Snooker-Club, in dem ich nach vielen Jahren mal wieder selbst das Queue schwingen konnte. Fündig wurde ich in Eching, nördlich von München gelegen, in den Räumlichkeiten des Ersten Münchner Snooker Clubs e.V. So wie hier gibt es in jeder größeren Stadt inzwischen die Möglichkeit, Snooker zu spielen. Dass im Münchner Snooker-Club mit Lasse Münstermann ein mehrfacher Deutscher Meister und ehemaliger Snooker-Profi als Trainer arbeitet, kam mir bei meinem Vorhaben, Snooker zu testen, natürlich sehr gelegen. Gemeinsam mit ihm und Wolfgang Frey, Pressewart des Vereins und selbst passionierter Snooker-Spieler, wagte ich mich also an den großen, grünen Tisch.

Löcher spucken die Bälle wieder aus

Sagte ich, dass es im Fernsehen ganz einfach aussieht? Gerade zu spielerisch wirkt es, wie „The Rocket“ den weißen Spielball dominiert. Dieser Meinung ist man aber nicht mehr lange, wenn man selbst erst einmal an einem der großen Snooker-Tische steht. 3,55 Meter lang, 1,78 Meter breit – das sind die Maße des Monstrums, das mich hier vor den Augen eines ehemaligen Profis gleich bloßstellen wird. Dass dies definitiv passieren wird, liegt auch daran, dass zusätzlich zum größeren Tisch die Kugeln zu allem Überfluss noch wesentlich kleiner und die Löcher beileibe nicht so aufnahmefreudig sind, wie jene beim Pool-Billard. Mit ihren abgerundeten Ecken neigen sie dazu, ungenau gespielte Kugeln direkt wieder auszuspucken anstatt in sich aufzunehmen.

Setzt man hier zu einem gewöhnlichen Stoß an, den man beim Pool Billard wohl locker beherrschen würde, genügt beim Snooker eine minimale Ungenauigkeit beim Treffen der Kugel, die zu maximalem Verfehlen des Loches führt. Das bringt sehr viel anfänglichen Frust. Dazu kommt, dass man neben dem Einlochen auch noch auf die folgende Stellung des Spielballes achten muss. Im Falle eines eigenen Fehlers sollte man dem Gegner keinen einfachen Einstiegsball hinterlassen. Das zeigt schon, wie komplex, variantenreich und damit auch faszinierend der Sport ist. Beim Snooker geht es also letztlich darum, selbst möglichst viele Punkte zu machen und, falls das nicht möglich ist, dem Gegner das Leben möglichst schwer zu machen. Im besten Falle sogar, indem man einen „Snooker“ legt.

Die Regeln beim Snooker

Der Name des Spiels bezieht sich eben auf eine solche Spielsituation, in der der Gegner den Ball, den er gerade anspielen müsste, nicht direkt anspielen kann. Der direkte Weg ist dabei durch einen oder mehrere andere Bälle blockiert, der Gegner ist „gesnookert“ und muss den Zielball folglich über Bande oder mithilfe eines Bogenballes anspielen.

Punkte erzielt man beim Snooker, indem man abwechselnd einen roten und einen der sechs andersfarbigen Bälle einlocht. Den Einstieg macht dabei immer einer von 15 roten Bällen, die jeweils einen Punkt auf das Scoreboard geben. Erst wenn man einen roten eingelocht hat, darf man einen andersfarbigen einlochen und mit diesem dann gleich mehrere Punkte auf einmal sammeln. In der Reihenfolge gelb, grün, braun, blau, pink und schwarz kann man so 2 bis 7 zusätzliche Punkte erzielen. Die roten Snookerbälle bleiben nach dem Einlochen in den Taschen, die andersfarbigen werden hingegen immer wieder auf ihre festen Punkte auf dem Tisch aufgesetzt, so lange noch rote vorhanden sind.

Die optimale Punkteausbeute erreicht man, wenn man innerhalb eines Frames alle 15 roten Bälle in Kombination mit dem schwarzen versenkt. Ein Frame ist ähnlich dem Satz beim Tennis. Dabei geht ein Snooker-Match immer über mehrere Frames, das WM-Finale ist sogar ein Best-of 35. Sind alle roten eingelocht beginnt das Endspiel auf die Farben, bei dem die farbigen Kugeln nach ihrer Wertigkeit aufsteigend eingelocht werden müssen und auch hier wieder die zugehörigen Punkte aufs eigene Konto bringen. So beginnt man bei gelb und endet bei schwarz und kann die maximale Punkteausbeute innerhalb eines Frames von 147 Punkten erreichen. Gelingt dies in einer einzigen Aufnahme spricht man von einem Maximum Break. Hier kommt auch Ronnie O´Sullivan wieder ins Spiel, denn der fünfmalige Weltmeister ist mit insgesamt 12 Maximum Breaks auf der Main Tour der alleinige Rekordhalter in dieser Kategorie. Eines davon erzielte er in sagenhaften 5:20 Minuten – ebenfalls Rekord. Ein ebenso begehrtes wie spektakuläres und gut entlohntes Schauspiel, schließlich sind Maximum Breaks bei Turnieren meist mit einem extra Preisgeld dotiert. So viel zu den Grundzügen der Regeln beim Snooker.

Ronnie O´Sullivan bei der Snooker-WM 2014 in Sheffield (©gettyimages)

Beim Selbstversuch am Snookertisch geht es mir natürlich nicht um die maximale Punkteausbeute, das ist klar. So konnte ich als höchstes Break an diesem Tag 13 Punkte verzeichnen, was gleichbedeutend mit vier hintereinander gelochten Bällen war. Vielmehr geht es als Anfänger zunächst überhaupt um das Treffen der Zielkugel auf Distanzen über drei Meter. Es geht um das Einlochen einfachster Bälle, die der Gegner möglicherweise vor einem Loch liegen hat lassen. Und es geht um ein halbwegs ordentliches Stellungsspiel nach dem Einlochen und um gute Safeties (Sicherheitsspiel), gesetzt dem Falle, dass man keine Kugel zum einfachen Einlochen vorfindet. Und das kommt häufig genug vor als Snooker-Anfänger. Meint man anfangs noch, einen Ball über den halben Tisch lochen zu können, beginnt man bereits nach einigen Stößen, immer öfter die Sicherheitsvariante in Betracht zu ziehen. Einfach gesagt bedeutet dies, den weißen Spielball möglichst weit weg von den roten (Einstiegs-)Bällen zu platzieren und es dem Gegner damit so schwer wie möglich zu machen. So kann man ihn womöglich selbst zu Fehlern zu zwingen. Das Sicherheitsspiel hat auch für einen eher offensiveren Spieler wie mich, der auf Locherfolg aus ist, seinen Reiz. Erkennt man diese taktische Variante des Spiels, kann man den anfänglichen Frust, den Snooker bei vielen zu erzeugen vermag, schnell mindern.

Im folgenden Video seht Ihr, wie mein Selbstversuch lief. Dazu erklärt Ex-Snookerprofi Lasse Münstermann, worauf es beim Snooker ankommt:

 

Fazit – Snooker, gerne wieder

Beim Snooker eröffnen sich immerzu neue Spielsituationen durch die Kollisionen der Bälle. So gilt es, die gesamte Spielsituation ständig im Auge zu behalten, weshalb ich geneigt bin, hier einen Vergleich zum Schach heranzuziehen. Genauso fesselnd ist der Snooker-Sport und erste Erfolgserlebnisse machen direkt Lust auf mehr. Über meine Ergebnisse beim Sportartentest Snooker hülle ich dennoch lieber den Mantel des Schweigens. Sie wurden in meinem Spiel gegen Wolfgang Frey zwar von Frame zu Frame besser, allerdings zieht man gegen einen langjährigen Spieler der German Snooker Tour dann doch eindeutig den Kürzeren. Doch hatte mein Spielpartner auch immer wieder gute Tipps auf Lager und schon vor Beginn unseres kleinen Matches absolvierten wir zunächst einige einfache Snooker-Übungen (Bild: aus dem "Line up" abwechselnd Rote und Farbige einlochen) zum ersten Warmwerden mit Tisch, Queue und Bällen. Genau so wird es wohl auch beim Probetraining für Jedermann ablaufen, das hier im Verein – aber auch anderswo – angeboten wird. (Hier gibt es Snooker-Trainingstipps von Ex-Profi Lasse Münstermann)

Ich jedenfalls komme gerne wieder an den Snookertisch zurück, denn letztlich überwiegt der Spaß an diesem Sport den Frust um ein Vielfaches und man möchte erreichen, dass es zumindest ein wenig so aussieht, wie wenn die O´Sullivans dieser Welt am Tisch stehen: nämlich spielerisch.

 

 

 

Kontakt

Copyright © 2017 netzathleten