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MTB ist kein Trendsport – So entsteht ein Bike Park
- Christian Riedel
netzathleten: Hallo Stefan, wie lange dauert es eigentlich, einen Bike Park zu bauen?
Stefan Falkeis: Wir hatten nur drei Monate Bauzeit. Es war eine sehr intensive Zeit und eine große Herausforderung aber ich denke, wir haben es sehr gut hinbekommen.
netzathleten: Warum habt Ihr den Park gebaut? Ist Montainbike Downhill ein Trend, den Ihr mitmachen wolltet?
Stefan: Das Wort Trendsport mag ich generell überhaupt nicht. Da ist es egal, ob es ums Snowboarden oder ums Montainbikefahren geht. Downhill gibt es schon relativ lange, schon über 20 Jahre. Und warum wir hier den Bike Park gebaut haben liegt daran, dass der Trend immer mehr in Richtung Freeriden geht. Viele Fahrer haben die Konditionsbolzerei satt und fahren lieber schnell bergab. Das ist ähnlich wie beim Skifahren. Da ging die Entwicklung ja in die gleiche Richtung. Und Mountainbike Freeriden ist so etwas wie Skifahren im Sommer.
netzathleten: Skifahren im Sommer klingt ja gut. Was macht für Euch denn das Freeriden auf dem MTB aus?
Stefan: Es ist ein ähnliches Gefühl. Man ist in der Natur unterwegs, man ist frei, man kann die Geschwindigkeit genießen, kann springen und diese Kurvenkräfte spüren, das ist ähnlich wie bei Carven beim Wintersport. Wenn man das dann im Sommer auch machen kann, ist es natürlich umso schöner.
netzathleten: Wie schwierig ist es grundsätzlich, so einen Bike Park zu bauen und worauf muss man besonders achten?
Stefan: Alle Details aufzulisten, würde hier etwas zu weit gehen. Aber generell ist es das Schwierigste, mit dem Wasser zurecht zu kommen. Die ganzen Drainagen müssen richtig gelegt werden, damit das Wasser richtig abläuft und sich auf der Strecke keine Schlammlöcher oder zu große Pfützen bilden und der Belag nicht aufweicht. Dazu muss man auch das richtige Material finden. Man muss sich dazu auch sehr intensiv mit der Geologie des Hangs auseinandersetzen. Es reicht also nicht, einen Hang zu haben und zu sagen, der sieht gut aus, hier mache ich eine MTB Strecke hinein.
netzathleten: Wann habt Ihr dann mit der Planung angefangen?
Stefan: Wir haben im Herbst 2012 mit der Sichtung angefangen und sind die ganzen Routen mit dem GPS abgegangen und haben die ersten Wegpunkte fixiert. Dann hatten wir im Frühjahr Pech mit dem Wetter und mussten uns durch den Schnee durchbeißen, um die Strecken weiter abzustecken.
netzathleten: Welche Elemente sollten denn in einem Bike Park vorhanden sein?
Stefan: Wichtig sind auf jeden Fall Strecken in verschiedenen Schwierigkeitsgraden. Man braucht etwas für die vielen Anfänger, aber auch für Fortgeschrittene und für erfahrene Biker. In Serfaus haben wir momentan zwei Strecken für Anfänger und je eine für Fortgeschrittene und für Erfahrene, wobei bis zur neuen Saison noch einmal zwei Strecken dazu kommen sollen. Die Einteilung ist dabei wie beim Skifahren, also die einfachen sind blau gekennzeichnet, dann rot und schwarz. Wir haben bei uns auch noch einen Kinderparcours und einen Pump Track, auf dem man etwas üben kann, bevor es auf die richtige Piste geht. Wir haben noch Drop-Batterien, wo man die ersten Sprünge üben kann und sich so langsam ans Downhill herantasten kann.
netzathleten: Worauf muss man bei der Anlage der einzelnen Tracks achten?
Stefan: Wichtig sind vor allem die Kurven. Vor den Kurven muss die Geschwindigkeit herausgenommen werden. Deswegen geht’s beispielsweise vor den Kurven meistens ein bisschen bergauf. Deswegen müssen die Leute in die Kurven nicht so reinbremsen. Denn immer wenn Leute bremsen müssen, entstehen starke Bremswellen. Und irgendwann ist das dann nicht mehr fahrbar. Vermeiden kann man das zwar nicht, aber man kann es ein bisschen einschränken. Ansonsten müssen die Kurven den richtigen Winkel haben und man braucht so einen gewissen Flow, dass die Strecke nicht zu abhehackt wird, dass man schön gemütlich durchdüsen kann.
netzathleten: Wie kann sich Eure Anlage denn von anderen Parks unterscheiden? Worin liegt die Charakteristik des Bike Parks in Serfaus?
Stefan: Im Gegensatz zu den Anlagen hier in der Umgebung unterscheiden wir uns vielleicht von der Großzügigkeit der Strecken. In Tirol sind wir mit Sicherheit von der Anlage der Tracks am großzügigsten. Wir haben eine Family Line, das gibt es in Österreich noch kaum oder gar nicht. Eine Strecke auf der die ganze Familie unterwegs sein kann, ist bei uns wohl einzigartig. Was uns von anderen Anlagen wie beispielsweise Livigno unterscheidet ist die Infrastruktur. Wir haben hier ein sehr hohes Niveau. Wir haben betonierte Waschplätze, es ist alles leicht zugänglich, ohne dass man schieben oder irgendwo hoch fahren muss. Hier haben wir viel Geld ausgegeben, dass unsere Gäste einen hohen Standard genießen können.
netzathleten: Ihre Anlage hat knapp 1,5 Millionen Euro gekostet. Was war denn das teuerste, eine Gondel stand durch das Skigebiet Serfaus ja schon?
Stefan: Am teuersten waren die Strecken selber. Wir haben ja drei verschiedene Strecken, die von ganz oben bis ganz hinunter ins Tal gehen, und einzelne Teilabschnitte, die noch dazu kamen. Der erste Schritt ist dann die Roh-Trasse, die mit dem Bagger herausgearbeitet werden muss. Danach fängt die eigentliche Arbeit erst an. Da wir einen sehr lehmigen Boden haben, mussten wir aus der Umgebung ein spezielles Material zusammenmischen lassen. Das dann alles nach oben zu transportieren und auf der Strecke mit schwerem Gerät zu verteilen und zu verarbeiten, ist nicht gerade billig und war auch etwas Arbeit.
netzathleten: Bei so einer neuen Anlage wird auch die Umwelt entsprechend verändert. Wie groß ist denn die Belastung für die Natur?
Stefan: Natürlich ist es auch ein Eingriff in die Umwelt. Wir haben versucht, das Ganze so sauber wie möglich zu bauen. Wir haben zum Beispiel die ganzen Moose und Farne, wo die Bagger fahren, sehr sorgfältig auf die Seite gelegt und am Streckenrand wieder eingepflanzt. Das war natürlich ein riesiger Aufwand. Aber das wollten wir so, dass es auch sauber aussieht und für die Umwelt eine gute Lösung ist. In einigen Monaten ist alles angewachsen und dann wird man auch nicht mehr sehen, wo die Bagger gefahren sind. Natürlich sind die Strecken ein Eingriff in die Natur. Aber Wir haben uns hier auf unseren Bereich konzentriert. Denn sonst würden im ganzen Gebiet die Menschen herum fahren und überall gäbe es die Erosion durch Mountainbiker.
netzathleten: Wie geht’s denn bei Euch weiter? Gibt es schon Pläne für die Zukunft?
Stefan: Natürlich. Wir wollen die Anlage noch etwas ausbauen, es kommen im Winter noch zwei Strecken dazu, die sind auch schon abgesteckt und müssen ausgearbeitet werden. Wir werden dann versuchen, in jedem Jahr etwas Neues zu bringen. Was noch fehlt, ist eine richtige Downhillstrecke, auf der die Leute frei fahren können. Aber das wollen wir in der Zukunft noch ergänzen.