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Die Karriere von Peter Gade: 16 Jahre pure Leidenschaft
- badzine.de
Was wären Kindheit und Jugend ohne Idole? Ein Badminton-Idol von mindestens zwei Generationen hat letzten Freitag den Schläger für immer in die Tasche gesteckt. Peter Gade, für mehr als 16 Jahre Europas einzige Antwort auf die so drückende asiatische Überlegenheit im Herreneinzel, begeisterte durch seine Kreativität, eine überragende Technik und Spielwitz. Mit dem Karriereende von Peter Gade geht eine Ära zu Ende.
Am 26. Oktober 2012 wurde Europas Badminton-Gigant in Pension geschickt. Die Yonex French Open waren tatsächlich Peter Gades letztes Turnier. Und es war der letzte sportliche Höhepunkt einer einzigartigen Karriere.
Eine Karriere, die in dem kleinen Ort Terndrup (300 Einwohner) in der Nähe von Aalborg begann. Im Alter von sechs Jahren fängt Gade mit dem Badmintonspielen an. Schon in dem Alter soll er seinen Eltern auf die Nerven gehen, weil er mit einem Softball ständig gegen die Wand spielt, um seine Reaktionsfähigkeit im Badminton zu verbessern. Schnell war klar: Hier ist ein Besessener am Werk, der noch dazu mit einer gehörigen Portion Talent gesegnet wurde. Spätestens ab der Altersklasse U15 gilt der damals noch als Peter Gade Christensen agierende Jungspund als dänisches Jahrhunderttalent. Mit 17 Jahren zieht er nach Brøndby in Kopenhagen und wird Vollzeitprofi. Zuvor bricht er die Schule ab, um sich ganz dem Badminton zu widmen.
Der internationale Durchbruch
1996 war das Jahr als Peter Gade der internationale Durchbruch gelang. Er war Mitglied des dänischen Thomas-Cup-Teams, das in Hongkong ins Endspiel einzog, und gewann im gleichen Jahr bei den Scottish Open sein erstes internationales Erwachsenenturnier. Innerhalb nur eines Jahres steigerte der Jugend-Weltmeister im Doppel von 1994 sein Level in einem Masse, das die Badmintonwelt bis dahin nicht kannte. Schon Anfang 1997 gewann er bei den Taiwan Open sein erstes großes Turnier. Mit erst 20 Jahren schlug er unter anderem den amtierenden Olympiasieger Poul-Erik Høyer und Fung Permadi (im zweiten Satz 15-0). Das war der Durchbruch. Noch im selben Jahr sollten die Titel bei den German Open und Hong-Kong Open folgen. Schon Ende des Jahres 1997, genau am 26. Oktober, stand er dadurch bereits an der Spitze der Weltrangliste. Innerhalb von nur zwei Jahren wurde aus dem talentierten Jugend-Europameister der beste Badmintonspieler Welt.
Vor Gade, das waren die Jahre von Frost und Høyer, als man in Europa noch ausschließlich auf Ausdauer und Taktik setzte, um es mit den Asiaten aufzunehmen. Mit Gade kam die Kreativität und die Leichtigkeit des Spiels nach Europa. Seine Finten sind weltberühmt und wurden selbst von Asiaten kopiert.
Medienhype und Werbespots
Spätestens Anfang 1998 war Gade der Shootingstar der Badmintonszene. Der Spieler, der jeder sein wollte. Von Kopenhagen bis nach Kuala Lumpur. In Dänemark wurde im selben Jahr bekannt, dass er und die damalige Topspielerin Camilla Martin ein Paar sind. Was folgte war ein Medienhype, der damit endete, dass die beiden noch nicht mal gemeinsam ins Kino gehen konnten, weil jeder etwas von ihnen wollte. Zum ersten Mal in der so traditionsreichen Geschichte des dänischen Badmintonsports wurden zwei Spieler zu echten Stars. Zu Volkshelden.
Es folgen lukrative Werbeverträge mit Getränkeherstellern und Telekommunikationsanbieter. Aufwendig produzierte Werbespots machten Gade zu einem der bekanntesten Gesichter Dänemarks.
Knieverletzung stoppte Gade am Zenit
1999 folgte mit dem Sieg bei den All-England Championships einer seiner größten Triumphe. Es sollte nur eine Frage der Zeit sein, bis auch WM-Titel und Olympiasieg folgen werden. Doch eine hartnäckige Knieverletzung stoppte ihn am Zenit seiner Karriere. Ende des Jahres 2001 musste der damals 24-Jährige eine fast zweijährige Pause einlegen. Er fiel von Platz eins der Weltrangliste auf Rang 200. Er kam wieder zurück, aber in der Zwischenzeit haben andere seinen Platz eingenommen. Die Dominanz, mit der er von 1997 bis 2001 agierte, konnte er aber nicht mehr herstellen. Allen voran die Chinesen spielten jetzt alle noch einen Tick schneller.
In Gades großer Karriere fehlen die bedeutenden Titel der zweiten Hälfte, das Spätwerk, und daran sind in erster Linie Lin Dan und Lee Chong Wei schuld. Denn Gade kam nicht mehr an den Jüngeren vorbei. Er hatte Größe genug, das anzuerkennen. Allerdings hielt er sich bis zum Schluss hartnäckig in den Top-4 der Welt. Zwischendurch, etwa 2006 oder 2008 knüpfte er phasenweise noch mal an alte Tage an und schnappte sich Titel bei großen Turnieren.
Der lange emotionale Abschied
2012, das Jahr des Abschieds, lief für den fünffachen Europameister nicht nach Wunsch. Kleine Verletzungen machten ihm das Leben schwer. Der geschundene Körper machte einfach nicht mehr mit. „Ich bin am Ende meiner Kräfte. Viel mehr kann ich meinem Körper nicht mehr antun. Ich habe alles aus mir herausgeholt. Aber jetzt weiß ich, dass es das alles wert war“, sagt er
„Das wird eine gewaltige Umstellung für mich. So ganz ohne Badminton. Ich bin selbst gespannt, wie das laufen wird. Aber man macht das nicht über Nacht, sondern in einem langen emotionalen Prozess", sagt Gade. Am 27. Dezember folgt dann der emotionale Höhepunkt: In Kopenhagen wird Gade gegen Lin Dan in einem Abschiedsspiel seine letzten Bälle als Profi schlagen.
Die Zukunft
Aus "Flyer", wie man ihn der jugendlichen Angriffs- und Sprungwut wegen nannte, wurde "Peter the Great", weil er alles konnte und in Europa als unbezwingbar galt. Nun ist Zeit für den neuen Gade: für Papa Peter. Seine beiden Töchter werden es ihm danken. Ihretwegen sagte er auch ein lukratives Jobangebot als Trainer in Japan ab. Er will jetzt einfach so viel Zeit wie möglich mit seinen Kindern Alma und Nanna in Dänemark verbringen.
Nach dem Matchball von Chen Long im Viertelfinale der Olympischen Spiele sagte der Kommentator im dänischen Fernsehen DR: „Peter Gade ist vielleicht nicht der erfolgreichste europäische Badmintonspieler aller Zeiten, aber ich lege mich einmal fest und sage, dass er der Beste aller Zeiten ist.“
Peter Gade in Zahlen:
Geboren: 14. Dezember 1976 (35)
146 Wochen die Nummer eins der Weltrangliste
22 Siege bei Superseries- oder Grand-Prix-Turniere
5 Europameistertitel, 10 Siege beim Copenhagen Masters
63.000 Fans auf Facebook
Peter Gades Erfolge (Auswahl):
Europameister 1998, 2000, 2004, 2006, 2010
Weltmeisterschaften Silber 2001, Bronze 1999, 2005, 2010, 2011
Olympia Semifinale 2000, Viertelfinale 2004, 2008 und 2012
All-England Championships 1999
Denmark Open 2008, 2000 und 1998
Korea Open 2009. 2005, 2001, 2000
Japan Open 1999, 1998
Taiwan Open 1997, 2000
Malaysia Open 2007, 1998
Singapore Open 2006
US Open 2002
German Open 1997
Swiss Open 1998
Hong-Kong Open 1997
World-Grand-Prix –Finale 1999, BWF Super-Series-Finalist 2010, 2008
Dänischer Meister: 2000, 2001, 2002, 2003, 2005, 2006, 2007, 2009, 2010, 2011.
BWF World Badminton Player of the year 1998