
Dirk Bauermann in Doppelfunktion - Ja oder nein?
- crossover-online.de
Bauermanns Bilanz spricht für die Doppelfunktion
von Thomas Käckenmeister
Im Sommer 2008 beendete Dirk Bauermann sein Amt als Headcoach bei den Brose Baskets. Die Nationalmannschaft rückte in den Fokus seiner Tätigkeiten, weil die Vertreter der Bundesliga beschlossen, dass Vereinstrainer nicht gleichzeitig einen Posten als DBB-Trainer ausüben dürfen.
Drei Jahre später wird die Gretchenfrage des deutschen Basketballs zur brisanten Debatte. Bauermann hat mit dem FC Bayern München den Aufstieg in die Beko BBL geschafft, ist aber zugleich Chef-Coach des deutschen Nationalmannschaft.
Mit der "roten Lokomotive" aus München dürfte der deutsche Basketball in den nächsten Jahren in eine rosige Zukunft fahren. Damit hat Bauermann einen der begehrtesten und zugleich auch anspruchsvollsten Jobs in der Bundesliga. Jede Niederlage wiegt doppelt. Jeder Sieg ist nur ein Mosaiksteinchen auf dem Weg zum großen Erfolg.
Doch auch das Amt als DBB-Chefcoach ist ihm eine Herzensangelegenheit, die er seit Ende 2003 ausübt. Und die Bilanz ist bemerkenswert: EM-Silber 2005 in Belgrad, 9. Platz bei der WM 2006 in Japan und ein achter Platz bei der EM 2007 in Spanien. Mit Bamberg entthronte er während dieser Zeit die Berliner Albatrosse nach sieben Titeln in Folge (1997-2003), stand mit den Franken vier Mal im Bundesliga-Finale und feierte zwei BBL-Meisterschaften (2005, 2007).
Nun soll Bauermann der Doppelbelastung also nicht mehr standhalten können bzw. darf die Doppelfunktion nicht mehr ausüben dürfen?
Wenn die Wettbewerbe parallel zum Saisonbetrieb stattfinden, wäre das ja plausibel. Doch durch die Nationalmannschaftsauftritte in den Sommermonaten und die Vereinsaufgaben im übrigen Jahr gibt es doch quasi keine Doppelfunktion. Es gibt klare zeitliche Trennungen der Arbeitsschwerpunkte bei Verbands- und Vereinstrainern.
Die einzige Schnittmenge ist das Scouting der Spieler, um die optimale Teambesetzung für die Bundesadler zu finden. Doch dafür gibt es mittlerweile neben zahlreichen aussagekräftigen Statistiken auch massig Videomaterial und Adjutanten, die Empfehlungen geben und die BBL wie auch die junge Liga im Auge behalten.
Als Fazit in puncto Doppelfunktion - unabhängig davon, welches Amt Dirk Bauermann lieber ausüben möchte - halte ich es somit wie Nationalspieler Jan Jagla, der kürzlich in einem Crossover-Interview sagte:
"Ich sehe da nicht die großen Probleme. Ich denke, der Pool deutscher Nationalspieler ist sowieso nicht so riesig, dass man jetzt sagen muss, dass der Bundestrainer das ganze Jahr über dafür zuständig sein muss und durch die Gegend reist und sich 40 bis 50 Spieler anguckt.
Ich denke, es ist sehr überschaubar, welche Spieler überhaupt die Qualität haben, um für diese Mannschaft nominiert zu werden. Natürlich ist es wichtig, dass sich ein Nationaltrainer auch um den Nachwuchs kümmert. Natürlich ist es aber auch wichtig, dass er da die richtigen Leute einstellt und die richtigen Kontrollwege findet, um das zu kontrollieren und zu gucken, dass das alles in die richtigen Bahnen läuft. Ich glaube sowieso nicht, dass er die Möglichkeit hat, sich jetzt um alle Mannschaften gleichzeitig zu kümmern, auch selbst wenn er nur Bundestrainer ist.
Von daher hat er auch in den Jahren zuvor, als er noch in Bamberg tätig war, immer gute Arbeit geleistet. Ich wüsste ganz ehrlich nicht, warum das jetzt nicht gehen sollte."
von Dennis Klammer
Der Spagat ist zu groß. Die Doppelbelastung als Trainer, also sowohl die Betreuung eines Bundesligateams als auch das Walten als Bundestrainer der Nationalmannschaft, ist zu viel für einen (Bauer-)Mann. Am Ende kann man als Trainer nur verlieren. Sollte sich der Erfolg wie 2005 (2. Platz bei der EM und Deutscher Meister mit Bamberg) bei beiden Mannschaften einstellen, wird es Schulterklopfen und Beifallsbekundungen geben. Doch sollte auch nur eine der betreuten Mannschaften (der FC Bayern und die A-Nationalmannschaft) nicht die gesetzten Ziele erreichen, wird es von allen Seiten zu hören sein: „Haben wir es doch gleich gesagt“. Soweit sollte es nicht kommen.
Eigentlich hätte Bauermann ja auch nichts zu verlieren. Basketball in München ist in erster Linie erst einmal ein Versuch, eine zweite Sportart zu etablieren und groß zu machen. Und auch die Generation eins n. D. (nach Dirk) ist erst im Aufbau. Könnte man meinen.
Doch der FC Bayern ist bekanntermaßen eine Größe im Sport. Dieses Selbstverständnis überträgt sich – allen voran natürlich durch die Basketballväter Uli Hoeneß und Vize Bernd Rauch - auch auf die Basketballabteilung. Bayern verliert nicht – andernfalls rollen Köpfe. Als erste Anlaufstelle der Kopf des Trainers, der Vater des Misserfolgs. Viel Geduld und Eingewöhnungszeit wird es nicht geben; schließlich hat’s mit dem Aufstieg ja auch gleich geklappt. Zu groß wäre zudem die Erniedrigung, sich vom Lokalrivalen Bamberg die Butter vom Brot nehmen zu lassen.
Auch die Nationalmannschaft ist kein Spielplatz oder Experiment, an dem man locker flockig herum tüfteln kann. Möchten die Bundesadler mittelfristig zu einer Größe im Basketballsport aufsteigen, bedarf es noch mehr Arbeit und Entwicklungshilfe, die man mit einem Vereinsklotz am Bein nicht angemessen leisten kann. Die nötigen Schritte wurden in der Jugendarbeit endlich eingeleitet, nun darf das Projekt nicht ob des Zeit- und Arbeitskraftdiebes FCB im Sande verlaufen.
Der Trainer sollte sich entscheiden: Lege ich meinen Fokus auf die Entdeckung und Entwicklung junger Talente und den Erfolg der Nationalmannschaft oder möchte ich mit einem Verein national und international oben mitspielen? Er ist sonst zu angreifbar und nährt den Boden für all seine Kritiker. Mangelnde Spieler-Übersicht und fehlende Objektivität (man bedenke zukünftige Bundesadler, die am Wochenende den Dress des FCB überziehen) bei der Spielerauswahl könnten ihm vorgeworfen werden, falls das eine oder andere vernachlässigt zu werden scheint.
Es sind „Was ist wenn“-Szenarien, klar. Aber um sich all das zu ersparen, sollte er sich einfach für eins von beidem entscheiden.