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NBA: Alle Trades zur Trade-Deadline 2011 im Überblick
- nba-blog.de
Die New York Knicks erfreuen sich der Dienste gleich sechs neuer Spieler (Carmelo Anthony, Chauncey Billups, Corey Brewer, Renaldo Balkman, Shelden Williams und Athony Carter), verlieren aber auch fast alles an wichtigen Bausteinen des Teams, das nach sechs erfolglosen Jahren endlich einmal wieder im Playoff-Rennen mitreden dürfen. Danilo Gallinari, Wilson Chandler, Raymond Felton, Timofey Mozgov und drei Draftpicks (1st 2013, 2 x 2nd 2012/2013 von den Golden State Warriors) sowie drei Millionen US-Dollar Cash wandern nach Colorado zu den Denver Nuggets. Separat wechseln Anthony Ranolph und Eddy Curry zu den Timberwolves im Tausch für Brewer. Diskutiert wurde darüber schon zu Genüge. Ein fairer Deal für beide Teams, Denver verliert seine beiden Stars, hat nun aber sehr gute Aussichten, nicht nur für die Zukunft, sondern schon in der Gegenwart.
New York bekommt seinen langersehnten zweiten Superstar in Anthony und dazu einen erfahren Point Guard in Billups. “Mr. Big Shot” altert zwar, aber ich denke, Championship und Finals MVP sind zwei Begriffe, die Billups Klasse von selbst erklären, an dieser Stelle noch der Hinweis auf Chauncey’s Performance gegen die Heat (für die Leute die Billups als „Throw-In“ sehen). Aufgrund der strengen acht bis neun Mann Rotation von Headcoach Mike D‘Antoni wird man erst später erfahren, wer noch wirklich Einfluss auf das Geschehen der Knicks nimmt. In Brewer hat man aber einen zusätzlichen Baustein erhalten, um weiter an dem Team zu bauen. Denver sowie New York sind in meinen Augen beide Gewinner in diesem Deal.
Ab durch den Lincoln Tunnel von Manhattan nach New Jersey. Nach erfolglosen Verhandlungen mit Denver – oder sollte man sagen mit Carmelo Anthony – riefen die Nets scheinbar in Utah an. Es schien ja offensichtlich, dass es in Salt Lake City nicht mehr besonders rund lief. Das Angebot, das einst für “Melo” gedacht war, landete nun auf dem Tisch der Jazz, Betreff: Deron Williams. Devin Harris, Derrick Favors und zwei der unendlich vielen zukünftigen First-Rounder der Nets verließen Jersey zu den Mormonen nach Utah. Die Jazz haben das einzig Richtige gemacht, denn man weiß inzwischen, was Stars im Schilde führen, wenn sie jetzt schon von anderen Teams sprechen in denen sie mal spielen wollen. Williams schien auf der Pressekonferenz auch reichlich bedient, weitere Berichte über seine Unzufriedenheit kursieren schon durchs Netz. Ich bezweifele ganz stark, dass Williams in New Jersey/Brooklyn verlängert, wenn kein weiterer Star ebenfalls diese Richtung einschlägt. Die Jazz haben natürlich Qualität auf der Eins verloren, aber Devin Harris kann eine Offense durchaus ordentlich in Schwung bringen. Mit Derrick Favors bekommt man einen Rohdiamanten auf der Vier. Er hängt zwar noch etwas hinter den Erwartungen zurück, aber das Talent ist zweifellos vorhanden. Die Draftpicks nimmt man natürlich immer gerne mit, auch wenn der diesjährige Jahrgang doch recht schwach sein dürfte. Sollte Williams verlängern, sind die Nets der Gewinner dieses Trades, da die verlorenen Draftpicks nicht wehtun und nun einer der Top3 Point Guards die Nets repräsentiert, ob er will oder nicht. Viele Fans sehen Williams als den besten Spieler, der dieses Jahr getradet wurde. Kann man drüber streiten.
Mein geheimer Gewinner der Deadline Frenzy sind die Portland Trail Blazers. Einen netten Artikel von unserem NBA-Chef dazu findet Ihr hier. Mit Gerald Wallace haben sich die Blazers auf der Drei einen weiteren Impact Player geholt. Brandon Roy kommt nach mehrfacher Knie-OP auch langsam wieder ins Spiel. Wenn LaMarcus Aldridge (btw: Frechheit, dass er nicht in L.A. beim All-Star Game dabei war!), Wallace und Roy bis zu den Playoffs eingespielt sein sollten, kann das ein ganz fieser Gegner in der ersten Runde für die Mavericks, Spurs oder Lakers werden.
Im Gegenzug wechseln Dante Cunningham, Joel Przybilla und Sean Marks zum Michael Jordan-Club, den Charlotte Bobcats. Desweitere erhalten Die ‘Cats zwei Erstrunden-Picks. Cunningham und Przybilla sind beide für 15-20 Minuten gut und die Picks werden im 20er Bereich liegen, also nicht der Überhit. Das war aus Sicht der Bobcats ein reiner Salary-Dump und der Anfang vom Neuaufbau. Eine nachvollziehbare Entscheidung von Jordan. Vorteil für die Blazers, da General Manager Rich Cho sein Team auf den Punkt verbessert und die neuen Bobcats maximal durchschnittliche Roleplayer sind. Und immerhin war Wallace letztes Jahr All-Star!
Weiter geht’s nach Oklahoma City: Die Thunder schicken mit Nenad Krstic und Jeff Green zwei wichtige Spieler nach Boston zu den Celtics. Dafür bekommen sie Kendrick Perkins und Nate Robinson. Damit sind die Thunder nun auch unter den Körben relativ gut besetzt. Nebenbei kam noch Nazr Mohammed aus Charlotte für DJ White und Morris Peterson. Mit Serge Ibaka, Perk, Nick Collison und Mohammed kann man durchaus in die Playoffs starten. Nate wird die Bank wie ein kleines Duracell-Häschen unter Strom stellen und das Shooting von Green kompensieren. Was man sich allerdings in Boston dachte, kann wohl momentan noch niemand nachvollziehen. Wieso den einzigen Vorteil, den man gegenüber den Miami Heat hatte, nämlich Größe, aufgeben? Die Kobolde haben ihre Big Men wie im Discount-Markt verscherbelt, neben dem Geschäft mit OKC gehen noch Semih Erden und Luke Harangody zu den Cleveland Cavaliers, im Tausch für einen Zweitrunden-Pick. Halte ich persönlich für unklug. Man hat zwar mit Green etwas für die Zukunft getan, jedoch sollten die Celtics im Hier und Jetzt denken, da die großen Drei nicht mehr all zu lange machen und die Heat, Bulls und Knicks nicht schwächer werden die nächsten Jahre. Oklahoma auf der anderen Seite könnte durch diesen Move zur Elite im Westen aufsteigen (wenn sie nicht bereits dazugehören).
Auch die New Orleans Hornets verstärkten sich im Frontcourt durch den Tausch von Marcus Thornton gegen Carl Landry von den Sacramento Kings. Für beide Teams macht dieser Trade Sinn. Die Hornissen bekommen endlich einen Forward, der auf unterschiedlichste Weise scoren kann und die nötige Toughness mitbringt, die einem David West in Playoffs vielleicht etwas fehlt. Für Thornton gilt im Prinzip das Gleiche. Ein Scorer für Sacramento’s Backcourt, der bis auf Tyreke Evans wenig zu bieten hat. Dazu der besitzerfreundliche Vertrag von lediglich 700.000 US-Dollar für die laufende Saison.
In einem weit weniger Aufsehen erregenden Trade wechselten Mike Bibby, Maurice Evans, Jordan Crawford und ein Firstrounder in die Hauptstadt zu den Wizards. Kirk Hinrich und Hilton Armstrong dürfen sich nun auf Playoffs mit den Hawks freuen. Sportliches Upgrade für Atlanta, wirtschaftliche Beweggründe bei den Hauptstädtern.
Desweiteren kommt mit Shane Battier ein Veteran zurück zu den Memphis Grizzlies. Er wird mit Sicherheit die Defensive verstärken und einen kleinen Boost Richtung Playoffs geben für Memphis. Daryl Morey, General Manager der Houston Rockets, der sonst als Mastermind in Tauschgeschäften gilt, lässt mich nun allerdings etwas grübeln. Mit Aaron Brooks (nach Phoenix zu den Suns) und Battier verlassen zwei Jungs das Team, die eine große Rolle spielten bei den Rockets. Dafür kommen ein Backup Point Guard aus Phoenix (Goran Dragic) und in Form von Hasheem Thabeet ein Spieler aus Memphis, der als einer der größten Draft-Busts der vergangenen Jahre bezeichnet wird. Ein Erstrunden-Draftpick aus Phoenix wird mit auf den Weg nach Houston geschickt. Diese Verhandlungen hätten für die Rockets besser laufen können, meine ich. Der letztjährige Most Improved Player darf nun für Phoenix die Sneakers schnüren. Wie Brooks eingesetzt wird, ist noch nicht ganz klar. Dennoch sehe ich das als Upgrade gegenüber Dragic. Gewinner sind die Grizzlies, die eine Schwäche ausmerzten (Thabeet spielen zu lassen) und einen erfahrenen Lockdown-Defender gleich mit dazu nehmen.
Den Deal zwischen den Clippers und Cavaliers behandele ich mal nicht hier. Dazu in einem früheren Artikel mehr.
Puhh… das Ganze ist dann doch schon ziemlich lang geworden. Insgesamt kann man sagen, dass dieses Jahr die Trade-Deadline von Carmelo Anthony bestimmt wurde. Die meisten Deals, die daraufhin folgten, kamen aus heiterem Himmel. Viele Überraschung, meist sinnige Trades und zwei bzw. drei Stars, die vom Westen in den Osten kommen. Interessante Entwicklungen könnte das West-Ost Duell in Zukunft nehmen.
Bitte verzeiht mir, wenn ich jetzt ein paar klitzekleine Dinge, wie z.B. Draftpicks für drei Millionen US-Dollar an Cash, nicht aufgreife. Die wichtigsten Ortswechsel sind auf jeden Fall dabei. Was denkt Ihr, wer sind die großen Gewinner, wer die Verlierer diesen Jahres? Hättet ihr den Preis für Carmelo gezahlt? Oder was hätte man noch so als General Manager aus dem Hut zaubern können, bei den jeweiligen Transferaktionen?
Also auf spannende Playoffs! Der Kampf um die Platzierungen und den Heimvorteil hat längst begonnen.
Sebastian Sommer