Hallo aus dem Basislager – Cho Oyu Expedition kommt voran
- Stephan Keck
Vor kurzem berichteten wir darüber, was im Vorfeld einer kommerziellen Himalaya-Expedition passiert und welche Gefahren man dabei in Kauf nehmen muss (Hier geht es zum Bericht: Fit für einen Achttausender). Der Tiroler Bergsteiger Stephan Keck ist derzeit als Leiter einer solchen Expedition in Tibet unterwegs. Nun meldet er sich erstmals aus dem Basislager des Cho Oyu und berichtet, wie die Expeditionsgruppe bei ihrem Unterfangen vorankommt:
Lange hat es gedauert, bis wir in der Lage waren, Berichte per Mail oder Telefon zu versenden. Für uns alltägliches wie Facebook und dergleichen ist in China für Ausländer gesperrt. Der Internetzugang aus dem Basislager ist an und für sich nicht ganz so schwierig, aber zur Gänze zensiert. Wir verwenden hier eine ganz normale SIM Karte der chinesischen Telekom, welche aber nur sporadisch und wetterabhängig funktioniert.
Da wir ein größeres Team sind, ist der Andrang in den Momenten in denen sie funktioniert umso höher und für mich als Expeditionsleiter stehen dann eben oft auch Dinge wie Wetterbericht und Logistik im Vordergrund. In diesem Sinne also Sorry für die spärlichen Berichte.
Nun sind wir inzwischen schon so weit, dass wir die komplette Akklimatisation abgeschlossen haben und nur noch auf schönes und vor allem windbegünstigtes Wetter zum Gipfelanstieg warten. Nachdem wir alle die letzte Nacht auf 7.050 Metern verbringen konnten, folgen nun einige Tage Ruhepause im Basisleger und damit auch für mich zum ersten Mal etwas Zeit, um Euch von den bisherigen Ereignissen zu berichten. Wie seit Jahren regelmäßig bin ich auch dieses Jahr wieder als Expeditionsleiter auf einem der 14 Achttausender unterwegs.
„Ich weiß einen hohen Berg, wir können ihn machen...“, sagt Kari Kobler, für dessen Unternehmen ich gerade unterwegs bin, heute. Die Aussage stammt allerdings von Pasang Dawa Lama. Er sprach den Satz im Jahr 1953 zu einem gewissen Herbert Tichy aus Wien, bevor dieser den Bergriesen mit einem kleinen Expeditionsteam von drei Bergsteigern und sechs Sherpas 1954 zum ersten Mal bestieg. Genau zu diesem Berg, dem 8.201 Meter hohen Cho Oyu, machten wir uns 29. August auf den Weg. Die Anreise über das Everst Nord-Basislager mit ihren kulturellen Höhepunkten ergänzte die Bergtour und ermöglichte eine gute Akklimatisation. Es freut mich, wieder für Kari und sein Team unterwegs zu sein.
Sechs Bergsteiger aus Deutschland und Österreich
Als Team von sechs Bergsteigern aus Österreich und Deutschland versuchen wir nun unseren beiden Climbing Sherpas, Tenzing und Nima, den Cho Oyu von Tibet aus zu besteigen. Zusätzlich werden wir von Pemba, unserem Koch im Basislager, und zwei Küchenjungen unterstützt bzw. verpflegt. Wir verwenden keinen zusätzlichen Sauerstoff, lediglich für den Notfall liegt in Lager II und später auch in Lager III je eine Flasche Sauerstoff. Wir sind eine kommerzielle Expedition und die Teilnehmer kaufen sich Luxus wie Hochträger und Basecamp-Verpflegung sowie Logistik beim Schweizer Veranstalter Kari Kobler.
Meine Aufgabe ist es nun, diese Logistik umzusetzen, die einheimische Crew zu koordinieren und natürlich am Berg dafür zu sorgen, dass wir unser Ziel erreichen. Gemeinsam mit unseren Sherpas bereite ich den Weg vor, wir legen Hochlagerplätze an und verlegen an besonders ausgesetzten Stellen Fixseile. Lager I auf 6.370 Metern und Lager II auf 7.050 Metern sind nun bereits eingerichtet und alle Teilnehmer konnten bereits eine Nacht in dieser Höhe verbringen. Doch dazu später mehr.
Der Weg ins Basislager des Cho Oyu
Der Weg bis hierhin war sehr schön. Nachdem wir Europa verlassen haben, war unser erster Zwischenstopp Chengdu in Südwestchina. Eine Stadt mit 10 Mio. Einwohnern. Wir verbrachten dort nur eine Nacht, um gleich am nächsten Morgen nach Lhasa weiterzufliegen. Der Traum von 7 Jahre Tibet ist längst verflogen. Nichts desto trotz liegt die für meinen Geschmack sehr moderne Stadt Lhasa schön im Tal des Kyi Chu auf 3.600 Metern. Natürlich haben wir uns auch den Potala Palast (früher der Regierungssitz des Dalai Lamas) angesehen - aus Zensurgründen möchte ich darauf aber nicht weiter eingehen.
Von Lhasa aus begann dann die eigentliche Anreise zu unserem Ziel. Auf dem Landweg ging es über mehr oder weniger gute Straßen am ersten Tag nach Xigatse (3.900m). Fast überall kann man die beeindruckende Hochlandschaft genießen und das ein oder andere Fort aus der Besatzungszeit Englands sowie zahlreiche Klöster besichtigen. Der weitere Weg führte uns über Xegar (4.350m) bis ins Everest Basislager zum berühmten Rongbuck Kloster.
Auf dem Weg ins Basislager des Everest konnten wir den 5.150 Meter hohen Lang La bei Sonnenaufgang überqueren. Ich brauche wohl nicht extra zu erwähnen, was für ein Anblick es ist, Makalu, Lotse,Everest, Cho Oyu und Shisha Panama bei Sonnenaufgang zu sehen. Mit einem kleinen Zwischenstopp in Tingri erreichten wir dann am zehnten Tag unserer Expedition das „Fahrerbasislager“ des Cho Oyu und verbrachten dort unsere erste Nacht im Zelt. Zwei weitere Tage wurden mit kleinen Wanderungen zur besseren Akklimatisation genutzt.
Nach 12 Tagen erreichten wir nun das Advanced Basecamp (ABC), den Lagerplatz, an dem wir uns nun noch weitere 14 Tage aufhalten werden. Wir hatten bis jetzt bestes Wetter und sehr gute Verhältnisse am Berg. Nach zwei Ruhetagen im ABC konnten wir bereits Lager I auf 6.370 Metern einrichten und eine Nacht dort verbringen. Unsere Sherpas unterstützen uns beim Transport der Zelte und beim Verlegen der Fixseile. Die restliche Ausrüstung wird von den Teilnehmern selbst hochgebracht. Das Kochen in den Hochlagern ist dabei für manchen noch eine Herausforderung, doch wenn es gelungen ist, schmeckt es allen umso besser.
Nach der ersten Nacht in Lager I ging es wieder retour ins ABC, um neue Energie zu tanken. Mit vollen Rucksäcken ging es dann ein weiteres Mal hoch ins Lager I. Bei schönstem Wetter konnten wir die Nacht im Hochlager genießen. Eine weitere Tagesetappe führte uns weiter hoch, wo wir auf immerhin schon 7.050 Metern unser Lager II errichten konnten. Nach dem Freischaufeln der Zeltplätze und dem Aufstellen der Zelte verkrochen wir uns in unseren Schlafsäcken und begannen mit Wasserschmelzen, um ausreichend Tee zu trinken.
Warten auf gutes Wetter für den Gipfelversuch
Nachdem wir nun eine Höhe von 7.050 Metern erreicht haben und dort oben gut geschlafen haben, ist die Akklimatisation abgeschlossen. Derzeit warten wir im ABC auf gutes Gipfelwetter. Sobald wir ein gutes Wetterfenster erwischen, werden wir uns auf den Weg in Richtung Gipfel machen. Beginnend mit einem erneuten Aufstieg zu Lager I und II werden wir danach ein weiteres Lager auf ca. 7500 Metern einrichten, von dem wir dann am vierten Tag des Aufstiegs den Gipfel erreichen wollen.
Wir werden sehen, was das Wetter bringt und freuen uns schon jetzt auf den vor uns liegenden Gipfelversuch. Wenn es irgendwie geht, melde ich mich noch einmal vor unserem Start und im Anschluss bekommt ihr dann aus Kathmandu einen weiteren ausführlichen Bericht mit Fotos. Liebe Grüße aus dem Basislager des Cho Oyu.
Euer Stephan
Mehr Infos zu Stephan Keck: alpinist.at