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Wie clever ist es, Leistungssport im Alter zu betreiben?
- Dr. Christian Graz
Die Idee, in betagtem Alter sportlich nochmal anzugreifen, ist für viele Menschen reizvoll. Gerade im dritten Lebensabschnitt, wenn Beruf und Familie nicht mehr die meiste Zeit beanspruchen, kann man sich auf Wettkämpfe intensiv vorbereiten und sich auf das Kräftemessen mit anderen einlassen.
Für Senioren gibt es vielfältige Möglichkeiten, ihrem Ehrgeiz freien Lauf zu lassen. Ein Bekannter beispielsweise machte kürzlich folgende Rechnung auf: Als Geschäftsführer betreibt er nebenher seit vielen Jahren Triathlon und nimmt auch regelmäßig in Hawaii am Ironman teil. Heute ist er 62 Jahre und landet regelmäßig in seiner Altersklasse hinter der Spitze im vorderen Mittelfeld. Wenn er ab diesem Jahr beruflich kürzertritt und die kommenden drei Jahre intensiv trainiert, könnte er, so sein ehrgeiziges Ziel, in der Altersklasse der 65jährigen mit etwas Glück aufs Treppchen kommen.
Inzwischen werden von der International Tennis Federation (ITF) zahlreiche Seniorenturniere für aktive Tennisspieler organisiert, die noch in der Altersklasse der über 80-Jährigen ausgetragen werden. Der Andrang an motivierten Teilnehmern ist erstaunlich.
Wie sinnvoll und vor allem wie gesund ist es, im reifen Alter nochmals im Leistungsbereich Sport zu treiben? Wer sich zu diesem Thema bei Experten umhört, erhält kein eindeutiges Meinungsbild. Pro und Contra halten sich die Waage.
So gibt es spannende sportmedizinische Studien, die im Leistungssport für ältere Menschen positive Effekte erkennen. Wer als Rentner beginnt, sich sportlich zu betätigen, erhöht seine Erfolgsaussicht, gesünder zu altern um das Dreifache. Wer sich besonders hohe sportliche Ziele setzt, der steigert diese Chance sogar um das Vierfache. Das haben britische Forscher herausgefunden. Ältere Menschen reagieren dabei auf Trainingsreize nicht weniger als jüngere. In einer Studie der Sporthochschule Köln gelang es 85- bis 95-Jährigen, ihre Muskelkraft zu verdoppeln.
Legendär auch der gut untersuchte Fall des im vergangenen Jahr im Alter von 109 Jahren verstorbenen Robert Marchand. Der Franzose stellte mit über 100 Jahren Rekorde im Radfahren auf. Auffällig dabei, dass es Marchand selbst im höchsten Alter noch gelungen war, durch zielgerichtetes Training bestimmte Parameter seines Körpers deutlich zu verbessern. Bei Konditionssportarten wie Radfahren oder Langstreckenlaufen kommt es insbesondere darauf an, dass das Herz den von der Lunge aufgenommenen Sauerstoff rasch in die Muskeln transportiert. Dieser sogenannte VO2max-Wert nimmt im Laufe des Lebens ständig ab, was in der Folge zu einer geringeren Leistungsfähigkeit entscheidend beiträgt. Bei Marchand wiesen Sportwissenschaftler der Universität Evry-Val-d´Essonne nach, dass dieser Trend umkehrbar ist. Nach zwei Jahren harten Trainings stieg seine Sauerstoffkapazität signifikant um erhebliche 13 Prozent an.
In zahlreichen Sportarten stellen wir fest, dass einzelne Athleten auch in hohem Alter ganz erstaunliche physisch-psychische Höchstleistungen aufstellen, die vornehmlich in den vergangenen zehn Jahren erbracht wurden. Die Bestmarke über 100 Meter der über 80-Jährigen liegt inzwischen unter 16 Sekunden. Alter schützt also nicht davor, sich steigern zu können. Viele ältere Menschen sind heute grundsätzlich fitter als früher.
Es gibt aber auch skeptische Stimmen, die vor zu viel sportlichem Ehrgeiz im Alter warnen. Der Leipziger Sportwissenschaftler Professor Georg Neumann beispielsweise argumentiert, intensives Training im Rentenalter birgt zu große Gefahren für die Gelenke und erhöht zudem die Anfälligkeit für Infekte.
Aber auch Professor Neumann weist selbstverständlich darauf hin, dass Bewegung und Sport ein Schlüssel für ein gesundes Älterwerden sind. Wer rastet, der rostet! Er empfiehlt einen wöchentlichen Mehrverbrauch durch Sport von 2000 Kilokalorien und definiert für Pensionäre Höchstgrenzen. Mehr als acht bis zehn Stunden Laufen, Schwimmen oder Radfahren sollte man allerdings nicht überschreiten.
Meine persönliche Erfahrung als Psychosomatiker bei Check-ups älterer Menschen, die wir in der Klinik durchführen, ist eindeutig. Wann immer mir Patientinnen und Patienten in höherem Alter bei einem Gespräch zu ihrem mentalen Wohlbefinden über ambitionierte sportliche Ziele berichten, blühen sie regelrecht auf. Nochmals einen hohen Berg besteigen und sich darauf intensiv vorbereiten, an Mannschaftwettkämpfen teilnehmen oder anspruchsvolle Skitouren gehen – Sport mit leistungsbezogenen Parametern zu verknüpfen, hilft vielen Menschen, mental jung zu bleiben. Und wie immer gilt: die individuell richtige Dosis macht´s!
Dr. Christian Graz ist Chefarzt der Psychosomatik der Max Grundig Klinik auf der Bühlerhöhe. Graz ist Facharzt für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, Verhaltenstherapeut, Suchtmediziner und Forensiker, der langjährig Führungskräfte wie auch Berufssportler behandelt. Auf netzathleten.de gibt er in seiner Reihe "Fit mit Köpfchen" mentale Tipps für mehr Fitness und Leistungsfähigkeit.
Inzwischen werden von der International Tennis Federation (ITF) zahlreiche Seniorenturniere für aktive Tennisspieler organisiert, die noch in der Altersklasse der über 80-Jährigen ausgetragen werden. Der Andrang an motivierten Teilnehmern ist erstaunlich.
Wie sinnvoll und vor allem wie gesund ist es, im reifen Alter nochmals im Leistungsbereich Sport zu treiben? Wer sich zu diesem Thema bei Experten umhört, erhält kein eindeutiges Meinungsbild. Pro und Contra halten sich die Waage.
So gibt es spannende sportmedizinische Studien, die im Leistungssport für ältere Menschen positive Effekte erkennen. Wer als Rentner beginnt, sich sportlich zu betätigen, erhöht seine Erfolgsaussicht, gesünder zu altern um das Dreifache. Wer sich besonders hohe sportliche Ziele setzt, der steigert diese Chance sogar um das Vierfache. Das haben britische Forscher herausgefunden. Ältere Menschen reagieren dabei auf Trainingsreize nicht weniger als jüngere. In einer Studie der Sporthochschule Köln gelang es 85- bis 95-Jährigen, ihre Muskelkraft zu verdoppeln.
Legendär auch der gut untersuchte Fall des im vergangenen Jahr im Alter von 109 Jahren verstorbenen Robert Marchand. Der Franzose stellte mit über 100 Jahren Rekorde im Radfahren auf. Auffällig dabei, dass es Marchand selbst im höchsten Alter noch gelungen war, durch zielgerichtetes Training bestimmte Parameter seines Körpers deutlich zu verbessern. Bei Konditionssportarten wie Radfahren oder Langstreckenlaufen kommt es insbesondere darauf an, dass das Herz den von der Lunge aufgenommenen Sauerstoff rasch in die Muskeln transportiert. Dieser sogenannte VO2max-Wert nimmt im Laufe des Lebens ständig ab, was in der Folge zu einer geringeren Leistungsfähigkeit entscheidend beiträgt. Bei Marchand wiesen Sportwissenschaftler der Universität Evry-Val-d´Essonne nach, dass dieser Trend umkehrbar ist. Nach zwei Jahren harten Trainings stieg seine Sauerstoffkapazität signifikant um erhebliche 13 Prozent an.
In zahlreichen Sportarten stellen wir fest, dass einzelne Athleten auch in hohem Alter ganz erstaunliche physisch-psychische Höchstleistungen aufstellen, die vornehmlich in den vergangenen zehn Jahren erbracht wurden. Die Bestmarke über 100 Meter der über 80-Jährigen liegt inzwischen unter 16 Sekunden. Alter schützt also nicht davor, sich steigern zu können. Viele ältere Menschen sind heute grundsätzlich fitter als früher.
Es gibt aber auch skeptische Stimmen, die vor zu viel sportlichem Ehrgeiz im Alter warnen. Der Leipziger Sportwissenschaftler Professor Georg Neumann beispielsweise argumentiert, intensives Training im Rentenalter birgt zu große Gefahren für die Gelenke und erhöht zudem die Anfälligkeit für Infekte.
Aber auch Professor Neumann weist selbstverständlich darauf hin, dass Bewegung und Sport ein Schlüssel für ein gesundes Älterwerden sind. Wer rastet, der rostet! Er empfiehlt einen wöchentlichen Mehrverbrauch durch Sport von 2000 Kilokalorien und definiert für Pensionäre Höchstgrenzen. Mehr als acht bis zehn Stunden Laufen, Schwimmen oder Radfahren sollte man allerdings nicht überschreiten.
Meine persönliche Erfahrung als Psychosomatiker bei Check-ups älterer Menschen, die wir in der Klinik durchführen, ist eindeutig. Wann immer mir Patientinnen und Patienten in höherem Alter bei einem Gespräch zu ihrem mentalen Wohlbefinden über ambitionierte sportliche Ziele berichten, blühen sie regelrecht auf. Nochmals einen hohen Berg besteigen und sich darauf intensiv vorbereiten, an Mannschaftwettkämpfen teilnehmen oder anspruchsvolle Skitouren gehen – Sport mit leistungsbezogenen Parametern zu verknüpfen, hilft vielen Menschen, mental jung zu bleiben. Und wie immer gilt: die individuell richtige Dosis macht´s!
Zur Person:
Dr. Christian Graz ist Chefarzt der Psychosomatik der Max Grundig Klinik auf der Bühlerhöhe. Graz ist Facharzt für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, Verhaltenstherapeut, Suchtmediziner und Forensiker, der langjährig Führungskräfte wie auch Berufssportler behandelt. Auf netzathleten.de gibt er in seiner Reihe "Fit mit Köpfchen" mentale Tipps für mehr Fitness und Leistungsfähigkeit.