Süchtig nach Sport – Ausdauersportler sind besonders gefährdet
- Christian Riedel
Sport ist eigentlich gesund und macht fit. Doch wie bei allem gibt es auch beim Sport eine Grenze, die gesund von ungesund trennt. Zu viel Sport ist nicht mehr gesund. Und damit sind nicht unbedingt Hochleistungssportler oder Profis gemeint. Auch viele Hobbysportler sind sportsüchtig oder zumindest sportsuchtgefährdet, wie eine aktuelle Untersuchung der Universität Erlangen-Nürnberg ergeben hat.
Sportsüchtige haben den Drang, sich täglich bewegen zu müssen, teilweise sogar mehrmals am Tag. Dabei nehmen sie auf ihren Körper keine Rücksicht. Sie trainieren trotz Schmerzen, bei einer Erkältung oder wenn sie sich bereits müde und ausgelaugt fühlen. Sport wird zum Zwang und wird schon lange nicht mehr zum Spaß ausgeübt oder weil man fit sein möchte. Gerade Menschen, die eine Ausdauersportart wie Laufen, Schwimmen, Radfahren oder Triathlon ausüben sind gefährdet. Das sagen auch Sportwissenschaftler der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und der Universität Halle-Wittenberg in einer Studie nachgewiesen, für die 1089 Athletinnen und Athleten befragt wurden.
Triathleten sind besonders gefährdet
„Immerhin 4,5 Prozent der untersuchten Sportlerinnen und Sportler waren sportsuchtgefährdet“, sagt der Erlanger Sportpsychologe Dr. Heiko Ziemainz vom Institut für Sportwissenschaft und Sport an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg als einer der Verfasser der Studie. Besonders jüngere Athleten, Triathleten und jene, die sich oft körperlich ertüchtigen haben ein hohes Suchtrisiko, bestätigen die Verfasser der Studie. Am größten ist das Risiko aber für die Sportler, die bereits jahrelang trainieren. Heiko Ziemainz erläutert das Ziel, das die Betroffenen verfolgen: „Sie wollen eine positive Stimmung aufrechterhalten."
Bist Du schon süchtig?
Dass Menschen süchtig nach Sport sein können, haben schon ältere Untersuchungen gezeigt. Die fränkische Studie hat nun erstmals unterschieden zwischen sportsüchtig und sportsuchtgefährdet. Wer bereits süchtig nach Sport ist, ignoriert alle Signale des Körpers und trainiert auch trotz starker Schmerzen oder anderen Warnsignalen des Körpers. Die Betroffenen setzen dabei Sport über alles. Dabei nehmen sie sogar in Kauf, dass ihr Sozialleben darunter leidet. Oft verlieren sie ihre Freunde, die Ehe geht zu Bruch und sie vereinsamen. Es kann sogar zu richtigen Entzugserscheinungen wie bei Alkoholikern und Rauchern kommen, wenn sie einmal nicht zum Training gehen können. Depressive Stimmungen, innere Unruhe, sogar Schlafstörungen können Symptome vom „Sportentzug“ sein. „Diese Menschen müssen zwingend therapiert werden“, sagt Heiko Ziemainz.
Als Vorstufe bezeichnen die Forscher die Menschen, die lediglich sportsuchtgefährdet sind. „Diese haben die Kontrolle noch nicht verloren und achten noch auf körperliche Symptome", erklärt Ziemainz. Die Gefährdung kann hier auch als Begleiterscheinung auftreten. Ein typisches Beispiel ist eine junge Frau, die unbedingt abnehmen möchte. Hier gehen Essstörungen und übertriebenes Training oft Hand in Hand, wobei am Ende auch die Sportsucht stehen kann.
„Das Krankheitsbild Sportsucht/Sportsuchtgefährdung taucht in den Diagnosehandbüchern der Klinischen Psychologie nicht auf", bedauert Heiko Ziemainz. Trotzdem darf man die Gefahr nicht unterschätzen. „Sportsuchtgefährdung scheint in Zusammenhang mit bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen zu stehen." Typische Gründe für ein exzessives Sporttreiben sieht der Sportwissenschaftler beispielsweise in einem negativen Selbstwertgefühl, Zwanghaftigkeit oder einem Hang zum Perfektionismus.
Für Sportsüchtige gibt es bereits eine Therapie. Wer lediglich gefährdet ist, muss vorsichtig sein, um nicht irgendwann ganz in die Sucht zu rutschen. Das Problem hierbei ist, dass man selber kaum erkennt, dass man bereits ein erhöhtes Risiko hat. Hier ist auch stark das Umfeld gefragt. Insofern kann es sein, dass man gesünder lebt, wenn man auch einmal eine Trainingseinheit ausfallen lässt. Achtet auf Euch und auf Eure Freunde und Trainingspartner. Das ist der beste Schutz vor der Sucht.