„Eine gewisse Orientierung am Fußball ist sicher nicht schädlich, aber …“ Alibek Käsler, MT Melsungen (alle Fotos)
Andreas Mohr (Vorstandssprecher MT Melsungen) im Interview vor Deutschlands größtem Handballfest

„Eine gewisse Orientierung am Fußball ist sicher nicht schädlich, aber …“

  • Frank Schneller
Andreas Mohr, Vorstandssprecher des Pokal-Halbfinalisten MT Melsungen, kommt nicht aus der sogenannten ‚Handball-Blase‘. Gerade deswegen ist seine Sicht der Dinge nach einem Jahr im Amt bedeutend für eben diese. Der vormalige Finanzchef der Offenbacher Kickers hat sich im neuen Umfeld schnell akklimatisiert und seinen Blick geschärft. Im Interview mit Frank Schneller kurz vor Deutschlands größtem Handballfest – dem Final Four in Köln – spricht er darüber.
Mit Blick auf den möglichen Pokalsieg in Köln oder aber auch im EHF-Cup: Haben Sie eigentlich eine Titelprämie in Ihrem Vertrag? Selbst die Deutsche Meisterschaft ist ja trotz der angespannten Personalsituation der MT noch drin …

Andreas Mohr: Deutsche Meisterschaften oder Pokalsiege spielen in den Zielvereinbarungen der Vorstände keine Rolle. Hieran kann man erkennen, dass bei der MT Erfolg nicht nur über Titel definiert wird.

Ihre MT hatte unglaubliches Verletzungspech nach der Winter- und WM-Pause. Die Branche hatte erwartet, dass sie noch mal investiert und nach Verstärkungen sucht. Das Transferfenster war zwar geschlossen. Aber früher hätte man vermutlich bei großen Stars angefragt, die gerade erst aufgehört haben, um sie zu einem temporären Comeback zu bewegen. Dies geschah nicht. Was steckt dahinter?

Mohr: Das ist, wenn Sie so wollen, Ausdruck der neuen Philosophie, des neuen Weges der MT: Wir wollen wirtschaftlich nachhaltig und vernünftig vorgehen – auch mit Blick auf die Transferpolitik. Und diese Maxime wollten wir auch in dieser Situation nicht über Bord werfen. Wollten nicht emotional handeln. Überteuerte Harakiri-Aktionen sind Vergangenheit. Es wurden ja viele Namen gehandelt – doch letztlich haben wir uns entschieden, es bei den beiden Nachverpflichtungen während des Wintertransfer-Fensters und bei der Reaktivierung Felix Danners zu belassen. Das war und ist auch als klares Zeichen an unsere Mannschaft zu verstehen. Es gab einfach keine andere passende Lösung mehr. Hätte sich die Situation so dramatisch dargestellt, als das Transferfenster noch offen war, will ich allerdings nicht ausschließen, dass wir dann noch etwas unternommen hätten, dann aber wirtschaftlich gut durchdacht und auf Basis des wichtigen Teamgedankens.

Das Titelrennen wird nicht nur auf dem Spielfeld entschieden, sondern auch in den Arzt- und Physiotherapie-Praxen. Unzählige Topspieler waren bzw. sind verletzt, teilweise schwer. Schadet sich der Handball mit der inflationären Terminsituation selbst? Wie stehen Sie zur Forderung Ihres Vorstandskollegen Michael Allendorf, WM- und EM-Turniere in einer Olympia-Saison einzusparen?

Mohr: Ich sehe die Taktung auch kritisch. Die Idee, wenigstens die Frequenz an EM- und WM-Turnieren zu reduzieren, wenn im Sommer auch noch Olympische Spiele stattfinden, finde ich richtig. Ich selbst habe nie Handball gespielt, aber ich erachte die physische Beanspruchung bei einer Vollkontakt-Sportart wie dieser als noch höher, noch intensiver als beispielsweise im Profifußball. Natürlich hat der FC Bayern auch ein riesiges Pensum zu absolvieren, keine Frage. Aber: Es gibt in anderen Sportarten eher disziplin-typische Verletzungsgefahren – im Handball sind diese am komplexesten. Da bleibt kein Bereich des Körpers verschont.

Andreas Mohr MT Melsungen
Andreas Mohr mit seinen Vorstandskollegen Axel Renner (li.) und Michael Allendorf (re.)

Verwaltet der Handball so gesehen nicht nur Raubbau an der Gesundheit seiner Akteure, sondern betreibt gewissermaßen auch Sabotage am eigenen Produkt?

Zum Umgang mit der Gesundheit der Aktiven: Mit zunehmender Belastung und abnehmenden Erholungs- bzw. Heilungsphasen potenziert sich die Verletzungsgefahr. Das muss früher oder später kontraproduktiv sein. Wir haben das bei der MT mit Blick auf die letzte WM leidvoll erfahren müssen. Es standen auch neun unserer Spieler im jeweiligen WM-Kader ihres Landes. Einer fiel schon vor dem Turnierstart aus, drei weitere kamen verletzt zurück. Was das angeht, hatten wir nun nicht wirklich den Wettbewerbsvorteil, der uns bisweilen angehängt wurde. Was die Außendarstellung angeht: Generell muss man sicher erkennen, dass die Qualität der Spiele entsprechend leidet. Ob das dann noch die erhoffte Werbung für den Handball ist, vor allem wenn man neue Zielgruppen erschließen will, sollte unbedingt diskutiert werden.

Mit Ihrer Expertise aus ihrer Zeit beim ‚großen Bruder Fußball‘: Muss sich der Handball dem Fußball angleichen? Oder sollte er sich seine eigene Identität bewahren?

Mohr: Das ist eine sehr komplexe Frage, die ich auf mehreren Ebenen beantworten möchte. Generell: Ja, eine gewisse Orientierung ist sicher nicht schädlich. Insbesondere, wenn es um den Aspekt der Erlöse durch die Zentralvermarktung geht. Hier stehen sich noch Zahlen gegenüber wie zum Beispiel der etwa dreifache Betrag für einen Fußball-Drittligisten im Vergleich zu einem Verein der HBL. Ich möchte das keineswegs als Vorwurf an die HBL verstanden wissen, aber als Hinweis darauf, dass gerade im Bereich der TV-Erlöse sicher noch etlicher Spielraum vorhanden ist. Insbesondere, und da ist Fußball auch ein bisschen anders, wird bei der Verteilung der Fernseheinnahmen in der 1. Bundesliga schon etwas mehr differenziert zwischen Platz eins und Platz 18. Damit will ich nicht den Solidargedanken aufkündigen, aber so eine gewisse Belohnung für sportlichen Erfolg, auch finanziell, halte ich durchaus für angemessen. Und das hat nichts damit zu tun, dass wir jetzt aktuell besser stehen als in den Jahren davor. Zumal es ja faktisch belegbar ist, dass TV-Übertragungen von Spielen mit Beteiligung der Spitzenteams höhere Quoten bringen. Hier steht mir der Solidaritätsgedanke etwas zu überproportional im Vordergrund. Vermarktungserlöse sollten sich stets auch entlang der Attraktivität bemessen.

Die Teilnahme an der European League bringt einem Verein wie der MT Melsungen hier keinerlei Kompensation?

Mohr: Das ganze internationale Geschäft, das im Fußball ja auch finanziell attraktiv ist, ist im Handball genau das nicht, sondern ein Draufleggeschäft. Wenn die Frankfurter Eintracht, die in der Europa League ja gern und oft ‚outperformt‘, derart draufzahlen müsste wie wir – das wäre gar nicht vermittelbar. Dort steigen die Fernsehgelder im Verlauf des Wettbewerbs, bei uns nach Abzug der Kosten das Minusgeschäft. Hier stimmen die Verhältnismäßigkeiten nicht.

Wie blicken Sie auf den Markt, oder besser: Die Märkte – Fußball und Handball?

Mohr: Wichtig ist bei diesem Blick die mediale Ausgangslage, die letztlich zu einer Art Kettenreaktion führt: Der DHB hat rund 765.000 Mitglieder, der DFB ungefähr 7,7 Millionen. Das ist zwar Faktor zehn, aber wenn wir die Vermarktungserlöse der HBL anschauen im Vergleich zum Fußball, ist das nicht Faktor zehn, sondern – gefühlt – eher Faktor 800. Und dieses massive Ungleichgewicht begründet sich nicht zuletzt auch in der Gewichtung der Abbildung beider Sportarten in den Medien, vor allem in den öffentlich-rechtlichen Senderanstalten. Wobei der Handball hier auch für viele andere unterrepräsentierte Sportarten steht. Was mir wichtig ist: Ich stelle das Gebührenfernsehen nicht in Frage. Ich finde es richtig und wichtig, dass es einen allgemeinen Informationsauftrag im Sinne der Demokratie gibt. Aber der Hinweis unseres Spielers Dimitri Ignatow neulich in einem Interview ist schon richtig: Sportarten abseits des Fußballs finden trotz des Informationsauftrages fast gar nicht mehr statt. Das erschwert es der HBL und ihren Vereinen natürlich zusätzlich, in der Vermarktung nennenswerte Erträge zu erzielen. Würde beispielsweise die ARD nur einen Bruchteil weniger für Fußballrechte ausgeben und stattdessen an andere Sportarten ausschütten, um diese ein bisschen in den Vordergrund zu rücken, würde denen das schon viel bringen. Einerseits beschweren sich alle, dass wir bei Olympischen Spielen immer weniger Goldmedaillen gewinnen, andererseits findet aber faktisch in der öffentlichen Wahrnehmung nur Fußball statt. Der Fokus liegt voll auf Fußball, der Rest wird mit Mini-Beträgen regelrecht abgespeist. Wie sollen wir da über attraktive Reichweiten Sponsoren generieren?

Sobald über Reichweiten gesprochen wird, fällt seitens der Medienentscheider das Argument von Angebot und Nachfrage …

Mohr: Kennen Sie ‚Google Trends‘?

… das Portal zur Trendaufschlüsselung durch Suchbegriffe …

Mohr: Genau. Ich habe mal für bestimmte Zeiträume Relationen zwischen Fußball und Handball recherchiert. In den letzten zwölf Monaten beispielsweise war das Interesse an Fußball im Schnitt zweimal so hoch – was sogar weniger ist als ich dachte. Bezieht man sich auf die Woche vom 19. bis 25. Januar, also die letzte Woche der WM, war Handball sechsmal interessanter. Im Juni letzten Jahres – während der Fußball-EM – wiederum schlug das Übergewicht extrem in die andere Richtung aus, Faktor 30 in etwa. Daran sieht man ja, wie stark die Berichterstattung, gerade in den Öffentlich-Rechtlichen, Einfluss nimmt, zumal während der Highlight-Events. 

Bei diesen Diskussionen ist auch die Rede von der mangelnden Eigen-Positionierung in den Medien. Braucht der Handball mehr Popstars? Starkult hat letztlich nur Stefan Kretzschmar – und der spielt schon jahrelang nicht mehr …

Mohr: Dem begegne ich mit einem weiteren Beispiel von ‚Google Trends‘: Ich habe auch die Namen Musiala und Golla einmal verglichen für den besagten Zeitraum während der Handball-WM. Das Ergebnis: Die beiden lagen währenddessen annähernd gleichauf. Das lässt Rückschlüsse zu, dass noch Potential vorhanden ist bei der Vermarktung. Zumal auch Namen wie Juri Knorr oder Andi Wolff durchaus ziehen – natürlich nicht vergleichbar mit Thomas Müller beispielsweise. Aber durchaus erkennbar.

Ließe sich das Merchandising durch noch mehr Starkult, sprich Individualisierung ankurbeln?

Mohr: Durch die Vereinsbrille draufgeschaut: Bei den individuellen ‚Heros‘ geht es zunächst um die Einzelvermarktung, nicht so sehr um den Verein als Marke. Wechselt der sogenannte ‚Pop‘-Star von Klub A zu Klub B, nimmt er seine Fan-Base mit, samt Merchandising. Aber für das Gesamtprodukt Handball, um die Vereinsbrille abzunehmen, dürfte das schon förderlich sein. Ob wir in Dimensionen kommen, 10.000 Trikots von einem Spieler zu verkaufen, wage ich indes zu bezweifeln. Wir müssen die Gegebenheiten schon realistisch einschätzen.

Hätte ein Handball-Computerspiel derart positive Effekte, wie sie Stefan Kretzschmar oder auch MT-Spieler Dimitri Ignatow prophezeien?

Mohr: Dass der Handball ein PC-Spiel braucht, sehe ich auch so. Das macht Sinn. Ich habe es bei meinem Sohn erlebt, der das FIFA Spiel gezockt hat und allein deshalb ohne wirkliches Interesse am Fußball die ganzen Spieler besser kannte als ich, der eine hohe Affinität zu Fußball hatte – der Gaming-Effekt ist schon immens.

Andreas Mohr Melsungen
Andreas Mohr

Was kann sich der Handball beim Fußball noch abschauen?

Mohr: Was dem Handball ein wenig fehlt – nicht allen Klubs, aber doch durchaus einigen, ist eine breitere Fankultur. Bitte nicht falsch verstehen: Ich verabscheue Hooliganismus.  Aber so ein bisschen mehr Kreativität in Anfeuerungen, spielsituationsbezogen, oder auch bei Choreografien – da hat der Handball auch noch Entwicklungspotenzial. Außerdem: In der Wahrnehmung der Fußballklubs und deren täglichen Arbeit ist schon lange angekommen, dass man einen Profisportklub auch wie ein Wirtschaftsunternehmen aufstellen und führen muss. Denn nur den sportlichen Aspekt abzubilden ist auf Dauer zu kurz gegriffen.

Und wo sollte sich der Handball vom Fußball abgrenzen?

Mohr: Beim Verhalten auf dem Platz und auch in Sachen Unnahbarkeit drum herum. Selbst in der vierten Liga ist im Fußball ja schon nahezu alles hermetisch abgeriegelt, werden junge Autogrammjäger verprellt. Hier sehe ich den Handball klar im Vorteil: Die Nahbarkeitskultur ist vorbildlich, ebenso die Fairness. Die finde ich herausragend für so eine körperliche Sportart. Und es gibt noch einen Aspekt hinsichtlich der Führungsstrukturen: Es entsteht der Eindruck als müsse in jedem Fußballprofiklub jemand in der Chefetage das Sagen haben, der selbst mal gespielt hat. Ich finde daher unseren Ansatz bei der MT gut, in der Führungsetage Kenntnisse aus verschiedenen Bereichen zu bündeln – und gezielt jemanden einzubauen, der wie ich eben nicht aus der Handballblase kommt, der einen anderen Background und somit neue Perspektiven mitbringt.

Einen externen Blick …

Mohr: Genau. Mir geht es dabei jetzt gar nicht um meine Person. Aber ich merke auf den HBL-Tagungen schon, dass der ein- oder die andere etwas anders tickt.  Ob es nun Jennifer Kettemann ist oder Mark-Henrik Schmedt. Die kamen aus der Wirtschaft bzw. dem Bankwesen, bilden daher unternehmerische Aspekte ab – und das ist sicher nicht der falsche Weg, um einen Klub zu einem Wirtschaftsunternehmen zu entwickeln. Ich finde es auch klasse, dass der THW Kiel auf Führungsebene in Person von Alisa Türck ebenfalls Expertise von außerhalb der Handballwelt dazu geholt hat.

Sinn und Zweck solcher Personalien bleibt unter dem Strich aber: Mehr Effizienz, mehr Erfolg bei der Sponsoren-Akquise und als Folge daraus Steigerung der Erlöse. Wo kann man da noch ansetzen? Ticketpreise? Größere, noch modernere Hallen?

Mohr: Das Thema Hallen ist für uns Vereine sehr schwierig, wenn es um die Wirtschaftlichkeit geht. Die neu entstehende Arena in Eisenach beispielsweise soll rund 4.000 Plätze haben. Die kolportierten Kosten des Baus liegen bei 54 Millionen Euro, sofern sich nicht weitere Kostensteigerungen ergeben sollten. Selbst bei Bezuschussungen durch das Land Thüringen kann die Rechnung meines Erachtens nicht aufgehen, wenn in dieser Halle neben Veranstaltungen nur eine Sportart gespielt werden soll. Es würde wohl mehrere Jahrzehnte dauern, bis da ein ‚Break Even‘ aus Sicht des Handballklubs auch nur in Sicht wäre – und dann hat dort noch kein einziges Mal jemand das Licht oder die Heizung eingeschaltet. Das wiederum würde bedeuten, wir reden immer nur über Multifunktionshallen. Sollen aber jetzt Handballklubs anfangen, Multifunktionshallen zu betreiben? Das ist meines Erachtens ein schwieriges Unterfangen, weil gar nicht das Setting dafür vorhanden ist. Ergo ist man darauf angewiesen, dass Investoren diese Multifunktionshallen bauen und dann eben eventuell auch dem Handball zur Verfügung stellen.

Halle
Rothenbachhalle in Kassel - Spielstätte der MT Melsungen (©Alibek Käsler)

Wie blicken Sie auf ein Event wie das Pokalfinal-Wochenende in Köln? Und auf die Preise vor Ort?

Mohr: Ich war ja letztes Jahr das erste Mal live dabei. Der Rahmen hat mir gut gefallen. Ich finde auch, dass durchaus diese Form der ‚Eventisierung‘ Sinn macht. Die Mischung aus Event und dem Erlebnis des eigentlichen Handballsport empfinde ich als ausgewogen und angemessen. Das Rundum-Angebot ist vor diesem Hintergrund gut. Essen und Getränke dürften etwas günstiger sein. Und auch die Übernachtungspreise sind aufgrund der gleichzeitig stattfindenden FIBO eine echte Herausforderung für uns und insbesondere für die Fans. Die Ticketpreise aber sind fair, weil man dafür vier Spiele sieht – zumal die Lanxess-Arena an sich schon auch ein Erlebnis ist. Und nicht vergleichbar mit den Heimspielen der Vereine. Das müssen wir an dieser Stelle schon unterscheiden. 

Müssen und können die Eintrittspreise im HBL-Ligabetrieb erhöht werden?

Mohr: Auch bei Erlössteigerungen im Ticketing kommen wir – zumal ohne neue Hallen – an unsere Limits. Sicher kann man immer mal wieder die Preise erhöhen, aber das kann man nicht vom Zaun brechen, sondern muss maßvoll vorgehen. Mal eben die Preise um 30 Prozent anziehen– das würde bedeuten, dass man die Erwartungshaltung der Leute zu Recht schürt, doch mehr geboten zu bekommen, zum Beispiel Komfort und Ambiente, mehr Show – und das in Hallen, die mit den Jahren ja nicht moderner werden. Immer neue und deutliche Preisanpassungen sind gefährlich.

Was bleibt dann noch? Wo kann der Handball expandieren?

Mohr: Wir werden den nächsten entscheidenden Schritt nur machen können, wenn wir an der Sponsorenfront noch mehr aus dem regionalen Umfeld ausbrechen und nationale oder sogar Global Player für uns gewinnen können. Und schon sind wir wieder bei den Reichweiten. Es gibt den Sponsor, der eben Bock auf Handball hat, weil er z.B. als Kind immer schon zur MT gegangen ist. Der sagt: Okay, ich mache halt hier ein Sponsoring, weil es mir Spaß macht. Da ist eine hohe emotionale Komponente mit von der Partie. Aber gerade, wenn man über größere Sponsoren redet, redet man über entsprechende große Unternehmen – und die wollen in der Regel auch mit ihrem Sponsoring nicht nur ‚Emotions‘, sondern ein ‚Return of Invest‘: Durchdringung. Reichweiten. Nicht nur Social-Media-Reichweiten, die wir selbst schon in einem guten Umfang generieren. Sondern vor allem die im TV-Bereich.

Reden wir über große Sponsoren, reden wir zwangsläufig auch über die Gefahr der Einflussnahme durch eben diese auf die Vereinsführung und den sportlichen Bereich. Im Fußball ist die ‚50+1‘-Diskussion ja schon jahrelang in Gang …

Mohr: Diese Gefahr kategorisch auszuschließen, wäre beinahe naiv. Wer einen großen Sponsor hat, der vom Gesamtsponsorenvolumen einen erheblichen Betrag ausmacht, wird die Formel kennen: ‚Wer die Kapelle bezahlt, bestimmt halt auch gerne die Musik.‘ Ich habe auch schon gesehen, dass an einem Sponsorenabend Gelder eingeworben wurden, um in der Winterpause noch Spieler zu verpflichten, um die Chance des sportlichen Erfolgs zu erhöhen. Und später ist man dann gegenüber dem betreffenden Sponsorenpool ständig unter Rechtfertigungsdruck, warum jetzt diese Spieler gegebenenfalls nicht gespielt haben – die Rede war dann von „mein“ beziehungsweise „unser Spieler“. Das ist ungesund und unprofessionell. Abhängigkeiten bringen nichts. Es gibt ja genügend Beispiele im Sport.

Wie steht es da um die MT Melsungen mit Blick auf B. Braun?

Mohr: Klar, dass die Frage kommt. Der „B. Braun Klub“ … Nur: Das wird der MT nicht gerecht und entspricht auch nicht der Realität. Denn: Einziger Aktionär der MT ist der Verein. Unsere Strukturen haben sich zudem extrem professionalisiert – fraglos weiterhin auch dank der Unterstützung, aber eben nicht unter der Einflussnahme von B. Braun. In diesem Unternehmen steckt so viel Know-How – das nutzen wir natürlich an den richtigen Stellen innerhalb unserer Strukturen, zum Beispiel im Aufsichtsrat. Aber Einflussnahme oder Dominanz kann ich nun nach mehr als einem Jahr im Amt absolut verneinen. Und das war auch vor meiner Zeit nie der Ansatz von B. Braun. Vielmehr steht die Attraktivität des Standorts und der Region Nordhessen im Fokus und dies versuchen wir stets zu fördern und mit Inhalten zu füllen.

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