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Wie alles begann... Felix Sturm

  • Nils Borgstedt
Felix Sturm hat viel erreicht in seiner Karriere. Große Erfolge, herbe Niederlagen. Wir sprachen mit dem Laureus-Botschafter über die Anfänge seiner Laufbahn und über sein soziales Engagement.

netzathleten: Felix, wie bist du denn damals zum Boxen gekommen?
Felix Sturm: Das war Zufall, Schicksal. Ein Freund von mir war damals beim Boxen und hat mich mitgenommen. Ich war 11 Jahre und hatte schon viel ausprobiert. Fußball, Handball, Basketball – das hat alles Spaß gemacht. Ich bin also auch mit zum Boxen. Mein Freund hat nach drei Monaten wieder aufgehört, aber ich bin dran geblieben. Dann kamen die ersten Erfolge und man kann sagen: Boxen war von der ersten Minute an meine große Liebe im Sport.

netzathleten: Und was hat dir am Boxen so besonders Spaß gemacht?
Felix Sturm: Ganz ehrlich gesagt, die Tatsache, dass ich alleine für mich verantwortlich war. Ich musste mich nicht auf andere Leute verlassen. Ich musste mich nicht über andere Leute ärgern. Mannschaftssport hat mir zwar auch Spaß gemacht, aber beim Boxen war ich auf mich allein gestellt. Ich musste mir an die eigene Nase packen, wenn es nicht lief. Zudem hat Boxen einfach ein Feuer in mir entfacht und ich habe gemerkt: Das ist der Sport, den ich machen möchte. Und dieses Feuer brennt bis heute in mir.

netzathleten: Hattest du gerade in deiner Anfangszeit bestimmte Leute, die dich besonders unterstützt haben?
Felix Sturm: Wirklich pushen brauchte mich keiner. Ich habe immer alles gemacht, was nötig war, um erfolgreich zu sein. Ich hatte als Jugendlicher viermal die Woche Training nach der Schule. Ich habe keine Einheit verpasst. Zusätzlich habe ich später auch noch mit den Junioren trainiert, sodass ich auf fünf- bis sechsmal Training pro Woche gekommen bin. Dabei habe ich Zuspruch bekommen und mir wurde gesagt, dass ich sehr viel Potential und Talent habe. Das hat mich nochmal extrem angeheizt. Irgendwann kamen dann die ganzen Erfolge und durch die wird man immer hungriger auf noch mehr Titel. Das hat sich bei mir zu einer Spirale entwickelt. Je mehr Erfolg ich hatte, desto größer wurde Ehrgeiz bei mir.

netzathleten: Gab es einen Trainer, der dich besonders gefördert hat?
Felix Sturm: Ja klar, mein Jugendtrainer. Der hat mir sehr viel gegeben, er war ein extrem guter Trainer. Unter ihm wurden so viele Leute im Amateurbereich bekannt, die viele Erfolge gefeiert haben. Ohne ihn wäre ich nicht dahin gekommen, wo ich heute bin. Mit ihm trainierte ich auch noch als Senior und wir haben immer noch viel Kontakt. Er hat mich vom ersten Tag an gefördert und ist daher natürlich ein Mentor für mich gewesen.

netzathleten: Du hast gesagt, deine Erfolge spornen dich immer weiter an. Allerdings musstest du auch schon Niederlagen hinnehmen, teilweise auch aufgrund schwer nachvollziehbarer Punktrichterentscheidungen. Was lernt man daraus?
Felix Sturm: Letztendlich lernt man aus allen Niederlagen, egal, wie sie zustande gekommen sind. Beim Boxen hat man das Problem, dass häufig schon nach ein, zwei Niederlagen von den Medien über dein Karriereende spekuliert wird. Aber das gehört dazu. Auch Niederlagen passieren. Man muss draus einfach für sich die richtigen Konsequenzen ziehen. Das Training analysieren, welche Fehler hat man eventuell in der Vorbereitung gemacht? Man darf sich nicht nur auf sein Gegenüber einstellen, man muss vor allem von sich selbst überzeugt sein und auch nach Niederlagen weiterhin positiv denken. Das habe ich in den ganzen Jahren gelernt. Wenn man in meinem Sport nicht von sich selbst überzeugt ist, und nicht positiv denkt, wird man nicht weit kommen.

netzathleten: Und welche Rolle hat die Familie gerade in deinen Karriereanfängen für dich gespielt?
Felix Sturm: Am Anfang waren sie nicht gerade begeistert, dass ich boxe. Aber irgendwann haben sie gesehen, dass Boxen meine große Leidenschaft ist und dass ich nach der Schule auch nichts anderes mache. Das fanden sie gut. Ich war weg von der Straße, wurde von anderen Problemen fern gehalten. Als ich dann in die Nationalmannschaft gerutscht bin, wurde ich zudem von der Sportfördergruppe unterstützt. Ich hatte also mein eigenes Geld. Vor allem die Leidenschaft fanden meine Eltern gut. Dass ich wirklich tagtäglich beim Training bin. Das Boxen war aber natürlich auch mit viel Stress verbunden. Wir waren viel unterwegs und sind viel gereist. Aber das war eben so. Damit haben sich meine Eltern irgendwann abgefunden, auch wenn es schwer war. Doch ich hatte ein geregeltes Leben und das war ihnen wichtig.

netzathleten: Du hast dich 2000 in Felix Sturm umbenannt. Warum? Hattest du ein Problem damit, dass du nicht als deutscher Boxer wahrgenommen wurdest, obwohl du in Leverkusen geboren und aufgewachsen bist?
Felix Sturm: Nein, eigentlich nicht. Das hatte marketingtechnische Gründe, warum wir damals den Künstlernamen gewählt haben. Wie viele andere auch, zum Beispiel Brad Pitt, der meines Wissens William Bradley heißt, war das reines Marketing. Die Leute sollten sich den Namen besser merken können, damit man in den Köpfen bleibt. Gerade beim Boxen ist das wichtig. Man hat das schon öfter gesehen, dass es unglaublich starke Boxer gab, die ungeschlagen waren, Weltmeister in ihrer Gewichtsklasse, aber trotzdem nicht weit gekommen sind. Und das wollte ich vermeiden, daher der Künstlername. Mir hat das sehr geholfen und ich war auch ein bisschen Vorreiter. Heute ist es gang und gäbe, dass sich die Leute Künstlernamen geben.

netzathleten: Kommen wir von deinen Förderern zu dir als Förderer. Du engagierst dich beim Projekt Kids for Future in Köln, das Kindern aus sozialen Brennpunkten die Möglichkeit gibt zu Boxen und aus dem Sport Selbstvertrauen zu ziehen. Was war dein Ansporn, das Projekt zu unterstützen, wie kam es dazu?
Felix Sturm: Ich lebe inzwischen ja auch in Köln und die Projektleiter kamen damals auf mich zu und haben mich gefragt, ob ich sie nicht unterstützen würde. Sie haben mir das Konzept vorgestellt und mich überzeugt. Mein Ansporn war einfach, den Kids zu zeigen, dass es Möglichkeiten gibt, ihr Talent einzusetzen und dass sie es nicht auf der Straße vergammeln lassen sollen. Die Kombination mit dem Boxen war natürlich sehr gut, da kenne ich mich aus. Ich weiß auch, dass ich durch meine Bekanntheit viele junge Menschen erreichen kann und dass die dann auch für voll nehmen, was ich ihnen sage.

netzathleten: Und wie sieht die Arbeit konkret aus?
Felix Sturm: Wir zeigen den Kids, dass es ein Leben außerhalb der Cliquen gibt, dass man aus seinem Leben etwas machen kann. Auch wenn es nicht zu einer Profikarriere reicht, helfen wir ihnen zusammen mit den Sozialpädagogen und den vielen Ehrenamtlichen einen Ausbildungsplatz zu finden oder unterstützen sie in der Schule. Wir geben aber auch Hilfestellung bei Behördengängen. Arbeitsamt, Sozialamt – viele kennen sich mit dem ganzen Papierkram nicht aus. Andere haben familiäre Probleme, auch hier unterstützen wir sie, mit der Situation klar zu kommen. Inzwischen werden wir zum Glück auch noch von Laureus unterstützt.

netzathleten: Wie sieht für dich soziales Engagement im Idealfall aus?
Felix Sturm: Klar, Spenden sind notwendig, damit man das Projekt am Leben erhalten und weiterentwickeln kann. Und natürlich auch, damit man die Leute, die dort beschäftigt sind, bezahlen kann. Eigentlich ist das Rundum-Paket aus persönlicher Betreuung, wir besuchen das Projekt, starten Aktionen mit den Kindern, Betreuung durch die Sozialarbeiter und ehrenamtlichen Helfer und eben Unterstützung mit materiellen Dingen, in meinem Fall eben Box-Equipment. Außerdem muss man sich regelmäßig über die Entwicklung des Projekts und seiner Teilnehmer informieren. Welche Entwicklung hat dieser und jener gemacht? Wer ist dazugekommen? Wer ist rausgefallen?

Netzathleten: Dann wünschen wir weiterhin viel Erfolg bei deinem Projekt.

Weitere Informationen zum Projekt Kids for Future gibt es unter: http://www.laureus.de/hilfsprojekte/kids-for-future/kids-for-future.html

Bilder im Text: (c) getty images; getty images; Marco Prosch/Getty Images, Laureusarchive.com

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