Neurogene Muskelverhärtung – was ist das?
- Nils Borgstedt
Ursachen
Neurogene Muskelverhärtungen, und Muskelverletzungen allgemein, treten weit häufiger in den unteren als in den oberen Extremitäten auf. Bei einer neurogenen Muskelverhärtung ist ein Hypertonus des gesamten Muskels gegeben. Die Ursache ist aber im Vergleich zur ermüdungsbedingten Muskelverhärtung eine andere. Bei der neurogenen Muskelverhärtung wird der Muskel vom motorischen Nerv nicht richtig versorgt. Schuld daran sind strukturelle oder funktionelle Störungen im Lendenwirbelbereich oder der Iliosakralgelenke (Kreuzbein-Darmbein-Gelenke).
Symptome
In der Folge bilden sich leichte, dünne Ödeme, also Flüssigkeitsansammlungen, entlang des Muskels, die Dr. Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt in seinem Buch „Muskelverletzungen im Sport“ als „ödematösen Saum“ bezeichnet. Die Symptome bei einer neurogenen Muskelverhärtung sind „ein leicht ziehender bis stechender Schmerz, der bei anhaltender Belastung zunimmt“, schreibt Müller-Wohlfahrt weiter. In Ruhe hat der Verletze in der Regel keine Schmerzen, beim Abtasten kann allerdings ein Druck- und sogar ein Berührungsschmerz auftreten.
Therapie
Müller-Wohlfahrt, der auch Mannschaftsarzt der Nationalmannschaft ist, empfiehlt eine Infiltrationsbehandlung. Dabei werden, stark vereinfacht ausgedrückt, Wirkstoffe – diese können von homöopathischen Mitteln bis zu Anästhetika reichen – in die betroffene Muskelregion gespritzt. Außerdem kommen Salbenverbände zum Einsatz, um Schwellungen und Entzündungen zu behandeln.
Physiotherapeut Uwe Veronik, der den Bereich Physiotherapie im Müller-Wohlfahrt-Zentrum für Orthopädie und Sportmedizin München leitete, beschreibt in einem Beitrag für das Magazin Medical Sports Network die Therapie der neurogenen Muskelverhärtung wie folgt:
„Sofortmaßnahme: Eiswasserabreibung, Salbenverband.
1. Tag: Eiswasserabreibung, klass. Massage der angrenzenden Muskulatur, lockere Bewegung im Wasser, leichtes Lauftraining.
2. Tag: Steigerung der Belastung unter Beibehaltung der physikalischen Therapie.
3. Tag: Stretching, Gymnastik, Wärme/Elektrotherapie, Regenerationsmassage des umgebenden Gewebes, Steigerung der Belastung.
Ab dem 4. Tag wieder normale Belastung.“
Mit seiner Verletzung liegt Jerome Boateng übrigens voll im „Trend“. Bei einer professionellen Fußballmannschaft mit 25 Spielern gibt es pro Saison 15 Muskelverletzungen, was zu einer durchschnittlichen Fehlzeit von 223 Tagen führt. Diese Zahl haben J. Ekstrand et.al 2011 im American Journal of Sports Medicine veröffentlicht. Am Donnerstag spielt die Nationalmannschaft gegen die USA ihr finales Gruppenspiel. Seit Boatengs Verletzung sind dann fünf Tage vergangen. Die Chancen stehen daher nicht schlecht, dass er auch gegen die US-Boys verteidigen kann.