Laureus – So arbeitet die Stiftung
- Redaktion
Einmal im Jahr werden die größten Athleten des Jahres mit dem Laureus World Sport Award geehrt. Bei der ersten Verleihung dieses Preises, im Jahr 2000 in Monaco, fielen auch die inzwischen legendären Worte Mandelas. Die World Sport Awards gelten als Oscar des Sports und sind Gegenstand weltweiter Medienberichte. Damit erfüllt die Preisverleihung aber auch einen wichtigen Zweck: Aufmerksamkeit für die gemeinnützige Arbeit von Laureus zu erzeugen. Diese ist Hauptaufgabe der Laureus Sport Stiftung. Mit Hilfe von zahlreichen Sport-Projekten kümmert sie sich weltweit um benachteiligte Kinder und Jugendliche. Auch in Deutschland gibt es entsprechende Aktionen, obwohl man die größeren Probleme doch eher in Entwicklungsländern vermutet. Im Rahmen ihrer globalen und nationalen Arbeit unterstützt die Stiftung über 150 Projekte – 13 davon in Deutschland und Österreich – und konnte dadurch bereits die Lebensbedingungen von 1,5 Millionen Kindern und Jugendlichen verbessern.
Dabei werden Projekte unterschiedlichster Sportarten auch mit Hilfe prominenter Botschafter unterstützt. Ehemalige und aktive Sportler wie beispielsweise Franz Beckenbauer, Boris Becker, Axel Schulz, Philip Köster, Verena Bentele, Nico Rosberg oder Ole Bischof engagieren sich und sorgen mit ihren Medienauftritten als Paten für einzelne Projekte für die nötige Publicity. Durch ihre Hilfe und weitere Aktivitäten erhoffen sich die Stiftung und ihre Vertreter, Spendengelder zu generieren. „Unser Ziel ist es, in sozialen Brennpunkten eine nachhaltige gesellschaftliche Veränderung zu bewirken“, charakterisiert Paul Schif (re. im Bild), Geschäftsführer von Laureus Deutschland/Österreich, das primäre Stiftungsziel.
Die Arbeit der Stiftung in Deutschland
Dies ist ohne Zweifel ein Mammutprojekt, dem sich im Stuttgarter Büro, dem Hauptquartier des nationalen Ablegers für Deutschland und Österreich, gerade einmal drei feste Mitarbeiter widmen. Paul Schif meint dazu: „Möglich ist dies, da wir eine Förderstiftung sind. Das heißt, wir rufen keine eigenen Projekte ins Leben, sondern identifizieren Konzepte, die sich in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen bewährt haben, deren Erfolg nachgewiesen ist.“ Solche Projekte werden von Laureus ausgewählt und gezielt gefördert. Dabei wird auch vereinbart, wofür genau die Laureus-Gelder verwendet werden. Zusätzlich übernimmt die Stiftung Kontrollfunktionen. So wird unter anderem überprüft, ob die Mittel korrekt und effizient eingesetzt werden.
Die Gelder dafür stammen überwiegend aus klassischen Spenden. Doch auch Aktionen wie Benefiz-Fußballspiele und Gala-Abende inklusive Tombola und Versteigerung attraktiver Luxusgüter bringen Geld für den guten Zweck. Den größten Posten steuern natürlich die beiden großen Partner Mercedes Benz und IWC Schaffhausen bei, die seit der Gründung der Stiftung kontinuierliche Unterstützer sind. Der Stuttgarter Autobauer stellt im Rahmen eines Sponsorings sogar die Räumlichkeiten für Laureus. „Dennoch sind wir unabhängig von unseren großen Partnern, entscheiden selbständig über die Vergabe der Mittel und sind auch offen hinsichtlich weiterer Partnerschaften mit Großunternehmen“, beschreibt Paul Schif dieses Verhältnis. „Einzig bei der Aufnahme neuer Projekte sind unsere Partner Mercedes Benz und IWC indirekt beteiligt. So ist der Vorstandsvorsitzende von Mercedes Benz Deutschland, Harald Schuff, auch Vorsitzender der Stiftung, sitzt neben seiner Stellvertreterin Sabine Christiansen, Boris Becker, Franz Klammer und Prof. Dr. Walter Tokarski (ehem. Rektor, Deutsche Sporthochschule Köln) auch im Laureus-Vorstand. Dort wird gemeinsam eine Entscheidung über die Aufnahme und die zukünftige Finanzierung eines Projekts getroffen.“
Apropos Finanzen. Selbstredend muss eine Stiftung wie Laureus offenlegen, was mit den Spendengeldern letztlich passiert. Die Finanzen verantwortet Geschäftsführer Paul Schif, der vom Vorstand entlastet wird. Damit alles seine Ordnung hat, arbeitet Laureus hier mit einer Steuerberaterkanzlei zusammen, die auf Stiftungen spezialisiert ist, und lässt den Jahresabschluss nochmals von einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft gegenprüfen, bevor dieser schließlich beim Finanzamt landet.
Wie wird man Laureus Projekt
Für die Aufnahme neuer Projekte wurde eigens ein Kriterien-Katalog erstellt. Paul Schif beschreibt dessen Grundzüge wie folgt: „Potentielle Laureus-Projekte müssen das Ziel verfolgen, durch Sport und die kontinuierliche Durchführung ihres Projektes einen positiven und sozialen Einfluss auszuüben. Darüber hinaus muss dieser messbar sein. Um mögliche Bewerber nicht abzuschrecken, gibt es für den ersten Kontakt ein recht einfach gehaltenes Formular, das die Projektleiter ausfüllen müssen. Gerade dieser administrative Aufwand ist häufig eine zu hohe Hürde, um an Fördergelder zu kommen.“ Doch auch die Laureus-Stiftung stößt dabei an ihre Grenzen, schließlich stehen mehreren hundert Bewerber-Projekten alljährlich in Deutschland nur 13 gegenüber, die tatsächlich gefördert werden können.
Eben diesen Anforderungen musste auch das Projekt „Kicking Girls“ gerecht werden. Gewissermaßen ein Vorzeige-Projekt von Laureus, welches seit seiner Gründung im Jahre 2006 von einem auf mittlerweile 220 Standorte ausgeweitet wurde. Erst kürzlich kam in München (o. re.) ein weiterer unter großem Medieninteresse hinzu. Seit 2011 unterstützt Laureus das Projekt, welches Mädchen mit Migrationshintergrund die Chance geben möchte, an Fußball-AGs an ihren Schulen teilzunehmen, bei Fußballturnieren mitzuspielen und sogar eine Trainer-Assistentinnen-Ausbildung zu absolvieren, um später womöglich selbst als Vorbild für jüngere zu fungieren. So soll ihr Selbstbewusstsein gestärkt und ihre Integration vorangetrieben werden. In München war zu beobachten, dass dies offenbar gelingt.
Um letztlich von den Fördergeldern von Laureus zu profitieren, mussten aber auch die Verantwortlichen von „Kicking Girls“ mehr tun, als nur den einen genannten Antrag zu stellen: „Wir entscheiden nicht alleine auf Basis des Formulars. Es kommt in der Folge dann zu Gesprächen mit den jeweiligen Projektleitern und einem persönlichen Kennenlernen vor Ort beim Projekt“, erklärt Paul Schif das weitere Prozedere. Erst danach entscheidet der Laureus-Vorstand über eine Aufnahme und somit die gezielte Förderung. Die Projekte bleiben aber selbst dann noch eigenverantwortlich. „Im Falle von Kicking Girls führt neben dem Initiator, Dr. Ulf Gebken, der Geschäftsführer Bastian Kuhlmann das Projekt. Die beiden haben die Idee gemeinsam weiterentwickelt und ein Team um sich geschart, das inzwischen deutschlandweit zu tollen Ergebnissen kommt“, erklärt Paul Schif.
Die Laureus Botschafter
Bei einem so erfolgreichen Projekt wie „Kicking Girls“, welches anfangs auch von der Unterstützung Dr. Theo Zwanzigers und des DFBs profitierte, herrscht reger Kontakt zwischen den Projektleitern und den Verantwortlichen bei Laureus – immer mit der Perspektive, das Projekt selbst und die Förderung zu optimieren. Dabei geht es auch um den Einsatz der Laureus-Botschafter und die nötige PR, für die im Stuttgarter Büro Bärbel Mees zuständig ist. Sie koordiniert die Presse-Arbeit und schickt Berichte an Medien und Partner raus. Im Falle der „Kicking Girls“ kommen die Botschafter, die als Schirmherren des Projektes fungieren, allesamt aus dem Bereich Fußball. Neben den Weltmeisterinnen Birgit Prinz und Nia Künzer hat sich vor allem Jens Lehmann der Idee angenommen, Mädchen mit Migrationshintergrund zu ermutigen, das zu tun, was sie gerne möchten. Bei der Einführung des Projekts in München wies er auf deren Probleme hin: „Viele Eltern wollen zum Beispiel nicht, dass ihr Mädchen in einem Fußballverein von einem männlichen Trainer trainiert wird. Deshalb fördern wir auch die Ausbildung von Trainer-Assistentinnen, damit wir dieses Hindernis überwinden können.“ Auch auf die Frage, warum sich gerade der Fußball für ein Integrationsprojekt wie „Kicking Girls“ eignet, hatte der ehemalige Nationaltorwart eine Antwort: „Fußball ein toller Sport, ein Mannschaftssport bei dem man zusammen arbeiten muss, der einem unglaublich viel für das Leben gibt. Deshalb freut es mich, dass der Frauenfußball so im Kommen ist und die Mädchen Spaß am Fußball haben. Man sieht es ja hier.“
Botschafter wie Jens Lehmann zu gewinnen, die sich im Übrigen wie auch der Vorstand ehrenamtlich für die Stiftung einsetzen, ist ebenfalls Aufgabe des Geschäftsführers. Paul Schif nennt auch hierbei einige Kriterien zur Auswahl der Sportler: „Zunächst muss der Betreffende natürlich zu uns passen. Das ist ein recht weiches Kriterium, allerdings sehen wir uns als Laureus-Familie, bei der alle an einem Strang ziehen. Zweitens möchten wir möglichst viele Zielgruppen erreichen, weshalb wir versuchen, über alle Sportarten und Altersklassen hinweg vertreten zu sein. Ein weiteres wichtiges Kriterium sind auch die sportlichen Erfolge der Botschafter, weil diese für die Aufmerksamkeit der Medien sorgen, die uns hilft, mehr Spendengelder zu generieren. Ganz grundsätzlich aber müssen wir überzeugt sein, dass ein Sportler zu 100 Prozent hinter der guten Sache steht. Jemand, der sein Image mit Hilfe von Charity-Aktionen aufpolieren möchte, ist bei uns nicht willkommen.“
Evaluation der Projekte
Bei all diesem Engagement und der zugehörigen Verantwortung liegt es auf der Hand, dass eine Organisation wie Laureus auch Ergebnisse ihrer Förderung sehen will. Dafür müssen die Projektleiter zweimal im Jahr einen Bericht bei der Stiftung abliefern, damit die Entwicklung im Auge behalten werden kann. Dazu bietet Laureus seinen Projekten die Möglichkeit, das eigens entwickelte Monitoring-Werkzeug „inFocus“ zu nutzen. Dieses liefert ganz konkrete Ergebnisse der Projektarbeit. „Die Evaluation erfolgt bei allen Laureus-Projekten weltweit, um gegenseitig voneinander zu lernen und Best-Practice-Beispiele zu finden. Laureus stimmt sich international ab, um die funktionierenden Ideen auch bei anderen Projekten einzusetzen. Das ist Wissensmanagement, welches wir als weltweit operierende Organisation leisten können und leisten müssen. Dabei werden wir auch von der Sporthochschule Köln unterstützt, die die Projekte wissenschaftlich untersucht“, schildert Geschäftsführer Paul Schif den Evaluationsprozess und fügt hinzu: „Laut einer unserer international angelegten Studien spart ein von Laureus investierter Euro im Schnitt fünf Euro, die der Gesellschaft ansonsten durch mögliche Zahlung von Arbeitslosengeld oder durch Kriminalität anfallen würden.“
Und was, wenn ein Projekt doch einmal nicht so erfolgreich ist? „Im Sinne unseres nachhaltigen Ansatzes haben wir noch nie ein Projekt aufgegeben. Im Gegenteil, wenn es bei einem Projekt mal nicht so läuft wie erwartet, setzen wir uns erst recht gemeinsam mit der Projektleitung hin, um das Problem zu lösen. Dafür nutzen wir auch unser internationales Netzwerk und wollen das dort vorhandene Wissen bündeln.“ Dass dies bei den „Kicking Girls“ nicht unbedingt nötig ist, zeigt die Vielzahl neuer Schulen, die sich für das Konzept interessieren und die Mädchen-Fußball-AGs dann auch umsetzen.
Integration durch Sport
Der Gründer des Projektes, Dr. Ulf Gebken, ist ein ausgewiesener Experte in Sachen Integration durch Sport und Bildung und ist Vorstandsmitglied eines gleichnamigen Instituts an der Uni Oldenburg. Er fasst die Vorteile der Laureus-Unterstützung für „Kicking Girls“ wie folgt zusammen: „Zunächst einmal haben wir seit dem Einstieg von Laureus eine enorme Medienpräsenz, auch durch die Auftritte von Botschaftern wie Jens Lehmann. Vor allem aber haben wir Planungssicherheit, was den Aufbau weiterer Standorte und damit den Ausbau des Projektes angeht. Dazu sind wir inzwischen sogar international aktiv, stehen in Verbindung mit den Laureus-Stiftungen in Holland und der Schweiz. Von dieser Vernetzung und dem dortigen Knowhow in Sachen Integration profitieren wir jetzt auch wieder in Deutschland, denn im Ausland wird der Sport schon viel intensiver dazu genutzt, Jugendliche besser zu integrieren. Daran können und sollten wir uns hier orientieren.“ Und auch der DFB nutzt die Erfolge des Projekts, sagt Gebken: Bei uns steht die Ausbildung sogenannter Fußball-Assistentinnen ganz oben in den Zielen des Projekts. Das setzt auch der DFB jetzt flächendeckend um, hat erkannt, dass junge Menschen mehr können als man denkt.“
Doch „Kicking Girls“ hat noch mehr Einfluss, außer den teilnehmenden Mädchen große Freude zu bereiten und den DFB zu inspirieren: „Eine weitere große Wirkung, die unser Projekt jetzt schon hinterlassen hat, betrifft sogar die FIFA. Und zwar hat der Weltverband das weltweite Kopftuchverbot für Fußballerinnen 2012 wieder aufgehoben. Ein Mädchen in Bremen hatte bei einem Spiel die rote Karte gesehen, weil sie mit Kopftuch aufgelaufen war. Ich erzählte das Herrn Zwanziger, der das wiederum bei der FIFA thematisierte. Die Regel wurde daraufhin wieder abgeschafft. Man kann doch niemanden ausgrenzen, nur weil jemand ein Kopftuch trägt“, freut sich Ulf Gebken über den Erfolg.
Vor diesem Hintergrund ist auch die erste Schule in München, bei der das Projekt „Kicking Girls“ nun gestartet ist, als Anfang einer eigenen kleinen Erfolgsgeschichte zu verstehen. „Das ist nur der Startschuss in der bayerischen Landeshauptstadt, um das Projekt auch in München an weiteren Schulen zu etablieren. „Kicking Girls“ hat ja auch den Austausch mit anderen Schulen im Auge, wie beispielsweise die Einrichtung einer kleinen Mädchenliga wie in anderen Regionen der Fall, in der die Schulen dann untereinander spielen können. Wir möchten so viele Mädchen wie möglich erreichen“, sagt Paul Schif zum Abschluss. Ganz im Sinne von Nelson Mandelas Worten: Sport hat die Kraft, die Welt zu verändern.